Nur wenige Menschen dürfen mich sonntags kurz vor Mitternacht anrufen und das Gespräch mit „Spinnst du?!?“ einleiten, ohne das ich beleidigt bin und auf eine etwas freundlichere Einleitung bestehe. Mein Exfreund gehört dazu. Es wäre auch sinnlos ihn darauf hinzuweisen, dass ich bereits geschlafen habe und er etwas freundlicher sein könnte. Ich kenne die Antwort und beschränkte mich auf ein „Warum?“ Antwort kam keine, dafür las er mir Auszüge aus den kürzlich hier veröffentlichten Texten vor und endete mit einem erneuten „Spinnst du?“ Das darauffolgende Lachen klingt so vertraut und warm, dass die Uhrzeit egal wird. Ok, dann sprechen wir eben darüber ob ich völlig bescheuert bin (Frage Nummer zwei) obwohl er jahrelang Zeit hatte, sich darüber bewusst zu werden.
Nach einer viertel Stunde vermute ich, dass 90% der Aufrufe dieser Seite auf das Konto meiner Exfreunde gehen und stelle erstaunt fest, dass diese in weit intensiveren Kontakt stehen, als mir bewusst war. So schön es ist, wenn man am Ende von Beziehungen noch eng befreundet bleibt und sich irgendwann nicht mehr als Ex sondern nur noch als gute Freunde bezeichnet – ein winzig kleiner Teil bleibt Ex. Und diese winzigen, kleinen Teile meiner Freunde haben gestern Nacht einen von ihnen, den Mutigsten, vorgeschickt um zu fragen ob ich vorhabe die sieben, sechs und drei Jahre Beziehung in Form von Anekdoten ins Netz zu werfen. Die Frage blieb unbeantwortet. Der Mutige hat seinen Auftrag nämlich erst mal vergessen und mir lieber von 00:11 Uhr bis 1:58 Uhr Geschichten aus der schönsten Stadt der Welt erzählt.
Kurz bevor mir die Augen zufielen, hat er dann doch noch gefragt. Ob es mir gut gehe, nach dem ganzen Mist der letzten Jahre. Er fragt das selten und wenn dann nur nach dem schrägen, unbedeutenden Mist. Mist wie Dates, familiäre Steppenbrände oder geklaute Fahrräder. Wenn er kurz vor dem Einschlafen fragt und in seiner Stimme der sonst immer mitschwingende Spott fehlt, dann meint er den anderen Mist. Den, der weh tut. Ich antworte ihm, dem Mutigen, nie darauf, weil er weiß, dass ich nicht ehrlich antworten würde. Dann sagt er nichts und ich höre ihn nur atmen und weiß, dass er da ist.
Den anderen, habe ich am nächsten Morgen selbst beruhigt. Das alles kam nach ihnen. Und frei von jeder Ironie – sie sind die Basis und das Fundament, die mich lachen durch das Leben streifen lassen. Das sollten sie eigentlich wissen.
Eine aller letzte Frage nachdem ich dem Mutigen, schon schläfrigen, von einer weiteren seltsamen Begegnung meiner 14,99 Euro Problemlösung erzählt habe, kam dann doch noch. Zwischen leisem Gähnen. Ob das der Typ sei, der letztes Jahr auf meiner Geburtstagsfeier gewesen sei und der noch heute mit mir auf Facebook verlinkt ist? Ich bejahte und bevor es klackte, kam ein letztes „Du spinnst.“ Keine Frage, eine Feststellung.
Finde ich nicht. L ist ganz große Klasse. Unser Date habe ich so gründlich versaut, dass er mich als potentielle Freundin schon nach ein paar Minuten abgeschrieben hatte. Vielleicht sollte ich ihn anrufen, bevor auch er mich in ein paar Wochen fragt ob ich spinne, wenn er sich hier wieder erkennt.
Öööööha!
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Naja, ab heute hast Du noch eine Leserin 😉
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Das freut mich. 🙂
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Klasse!!!!!
Hab jetzt alles durch….so, so gute Texte!!!!!
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Auch Du bist mutig! ich bin da eher feige und vermeide in meinen Geschichten immer Leute, die sich wieder erkennen könnten… Oder besser gesagt, dass sie sich wiedererkennen! Toller Blog!
Eine schöne Woche, Nessy von den happinessygirls.com
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