Unverschämter Frühling

Wenn mir noch einer mit dem ach so schönen Frühling an kommt, dann schlepp ich ihn mit zu mir. Nicht für ein Schäferstündchen sondern damit er den Wahnsinn, den diese Jahreszeit in meinem Haus anrichtet, am eigenen Leib erleben kann. Wenn er dann noch etwas von einem blauen Band und Neuanfang murmeln kann – Chapeau. In meiner Straße macht der Frühling gar nichts neu. Ganz im Gegenteil. Die blöde Jahreszeit weckt meine Nachbarn aus ihrem Winterschlaf und sorgt dafür, dass der Wahnsinn des alten Jahres mit neuem Elan beginnt und das Haus mit unveränderter Wucht umbrandet. Dabei war es im Winter so schön ruhig. Die Bierliebhaber verkrochen sich im warmen Bauch der Kneipe und kamen nur für eine kurze Zigarette nach draußen. Meine direkte Nachbarin Frau Obst war über Wochen mit einer hübschen Bronchitis beschäftigt und hatte keine Kraft spionierend vor meinem Küchenfenster zu stehen und aus dem Hinterhaus hörte man durch die wummernden Bässe der Studenten WG nur gedämpft durch die geschlossenen Fenster . Es war so schön, als alle schliefen und jeder sich um seinen eigenen Schmarrn gekümmert hat. Jetzt ist es vorbei mit der Ruhe. Der Frühling ist da und mein Haus erwacht. Im Waschkeller riecht es schon ganz ekelhaft nach Weichspüler mit Fliederaroma. Weiterlesen

Herr Meier muss gar nichts

„Ich muss gar nix!“, sagte Herr Meier Anfang der Woche und ließ sich mit einem Schnauben zurück auf die Bank vor der Kneipe meines Hauses fallen. Er wiederholte noch einige Male, dass er gar nix müsse und schnaubte unterstützend vor jedem Schluck Bier. Unser Hausmeister hätte sich denken können, dass Herr Meier auf ein „Sie müssen“ nicht reagieren würde. Er kennt ihn lange genug, um zu wissen, dass man einen alten Grantler, wie Herrn Meier nur mit psychologischer Finesse zu etwas bewegen kann. Leider interessiert sich unser Hausmeister nicht für Psychologie und steht Herrn Meier an schlechter Laune in nichts nach. Weiterlesen

Taubentod

Man kann doch mal wieder mit der Hand schreiben, schlägt Tikerscherk auf Kreuzberg Süd-Ost vor und bittet um etwas, was zu tun hat mit eigenhändig Hergestelltem oder eigenhändig Erledigtem Es darf auch jemand eigenhändig aus der Wohnung geworfen, durchgeschüttelt oder wiederbelebt werden…. Hauptsache händisch. Ich blieb am „wiederbeleben“ hängen.

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Sämtliche Rechtschreibfehler, die entdeckt werden, dürfen als grammatikalisches Suchspiel betrachtet werden – mein Tipp-Ex reichte nur noch für das scheußliche Firmenlogo.

Es überraschte mich, wie schwer es doch geworden ist, eine Erzählung so kurz zu halten, dass sie auf ein Blatt passt und sie in einem Rutsch durch zu schreiben. Hätte ich am Rechner getippt, wäre etwas ganz anderes daraus geworden. Bis auf den letzten, hätte ich jeden Satz noch einmal umformuliert und etwa 300 Worte hinzu gefügt.