Ich mag den Spätsommer. Er erinnert einen so schön an die Wärme und die Sonne des Sommers. Vor einer Woche erst stand ich mit nackten Beinen im Meer, daran denke ich an der Bushaltestelle vor meinem Haus sitzend. Das Meer war so warm, dass es meine Mückenstiche kaum kühlte. Es war Spätsommer warm. Eine Wärme von der man ahnt, dass in ihr ein langer, heißer Sommer gespeichert ist. Das ist noch nicht lange her. Gerade einmal eine Woche und einer der Stiche juckt noch immer. Ich kann ihn sehen und erinnere mich an den Sommer, weil Mücken und Sommer zusammen gehören. Das eine gibt es nicht ohne das andere. Die Haut an meinen Füßen ist noch braun. Auch das gehört zum Sommer. Selbst jetzt wo es um 04:50 Uhr an einer Bushaltestelle noch stockdunkel ist, sehe ich wie hübsch sommerliche meine Beine noch immer aussehen. Überhaupt meine Beine…in diesem Kleidchen sind sie ganz nett anzusehen. Ich hatte es in Italien dabei. Ein Sommerkleid, das ich gut gebrauchen konnte, doch nicht anhatte und jetzt trage bevor ich es in die Reinigung gebe. Ein hübsches Flatterkleid in dem man nie ins Schwitzen gerät, was einem ja auch im Spätsommer passieren kann. Noch schöner aber ist der Perlmuttfarbene Nagellack. Der hält seit zwei Wochen und sah besonders hübsch auf den Strandbildern aus, aber auch jetzt, hier im kalten Neonlicht der Straßenbeleuchtung schimmert er ganz reizend. Eine schöne Sommerfarbe denke ich mir und wackle mit den Zehen. Das muss ich auch. Mit den Zehen in der Luft wackeln. Auf den Boden kann ich meine Füße nicht stellen. Ich trage offene Sandalen mit einer hauchdünnen Ledersohle und das Thermometer hat eben laue drei Grad angezeigt. Wenn ich die Füße auf den Boden stelle, dann frieren sie fest. Ich lasse sie lieber baumeln solange es geht. Nicht mehr lange, denn mein Hintern friert gerade am Metallgitter des Bushaltestellensitztes fest, weil mein Sommerflatterkleid einem Münchner Spätsommermorgen nicht gewachsen ist und ich die Blasenentzündung bereits spüren kann.
Auf und ab gehen will ich aber auch nicht. Wegen der dünnen Ledersohlen und weil morgens um 04:50 Uhr der Reinigungstrupp der Stadtwerke noch nicht durch meine Straße gefahren ist. Vielleicht ist das gut so, sonst hätten sie womöglich auch den alten Säufer unserer Straße aufgefegt und weggespritzt. Um 04:50 Uhr morgens ist er mir willkommen. Willkommener als die Pfützen und Haufen, die meine Nachbarschaft und ganz München für die nächsten zwei Wochen schmücken werden. Vor den Reinigungstrupps. Danach geht es Danach sind die, die in den Ecken liegen meist nur noch Obdachlose. Die riechen besser als die Oktoberfestleichen und die sind noch fähig sich zu artikulieren. Der Säufer aus unserer Straße kann es jedenfalls. Er schlurft verschlafen auf mich zu und bleibt mit vor der Brust verschränkten Armen vor mir stehen. „Ganz sauber bist du aba ah ned“, sagt er und deutet lachend auf meine nackten wackelnden Zehen. Spätsommer, sage ich und er lacht noch lauter. Vorbei, sagt er dann, der ist schon lang vorbei und ich würde nicht ganz richtig im Kopf sein. Lachend schlurft er davon und es wird wieder ruhig, kurz vor fünf in meiner Straße. Gut so, denn jetzt im Spätsommer, sehe ich es endlich wieder ganz deutlich und am frühen Morgen. Mein Lieblingssternbild, den Orion. Wenn es so kalt ist, dann funkeln die sieben Sterne besonders schön. Herrn Mu, würden sie sicher auch gefallen, aber der sitzt um diese Uhrzeit noch nicht an der Bushaltestelle. Da sitze nur ich und wackle mit den nackten Zehen.
Ich hätte ihn genießen können, diesen Spätsommermorgen. Hätte es gemocht, die Welt vor dem Erwachen zu begrüßen und hätte wirklich gerne meine Perlmuttfarbenen Zehennägeln in den dünnen Ledersandalen ausgeführt und wäre gerne mit einem Lächeln auf den Lippen mit meinem dünnen Flatterkleidchen in den Bus gestiegen. Wenn er denn gekommen wäre – der Bus. Er kam aber nicht und ich stand mit vor Kälte klappernden Zähnen um kurz vor fünf in der Früh an der Bushaltestelle und habe mich gefragt ob ich noch ganz sauber sei. In München, dass weiß ein jeder, fängt der Spätsommer frühestens um zwölf Uhr Mittags an und das auch nur ein einem einzigen Tag im September. Dem Tag an dem man das erste Mal Stiefel trägt und dann schwitzt wie ein Ochse.
Der Orion ist ein Wintersternbild, er hätte dich warnen können, dass die Zeit der Flatterkleidchen und Sandalen vorbei ist. Ich hatte heute auch erstmals wieder kalte Füße – um fünf Uhr abends. ;).
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Ich weiß, liebe Gerda. Und so mischt sich leichte Sehnsucht unter die Freude dieses schöne Sternbild wieder zu sehen.
Heute ist hier noch einmal mild, aber wir werden uns an die kalten Füße gewöhnen müssen.
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Liebe Mitzi!
Ich vermute, dass der Bus nicht gekommen ist, weil der Busfahrer noch seine Winterstiefel gesucht hat, die seine Frau gut im Keller verstaut hat. Dass er hierüber seine fröstelnden Fahrgäste vergessen hat, ist natürlich unverzeihlich. Hoffentlich haben Sie sich keinen Schnupfen geholt 🙂
Herzliche Grüße … hatschi
Mallybeau
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Nein, liebe Mallybeau. Ich trage noch genügend Wärme im Herzen 🙂
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Die spätsommerlichen oder eher frühherbstlichen Impressionen lassen frösteln. Ich bewundere Frauen wie dich, liebe Mitzi, die mit ihrem Outfit der Kälte trotzen. Es ist ein liebenswürdiges magisches Verhalten, als könnte man den Jahreslauf damit aufhalten. Klappt vielleicht manchmal sogar.
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Ein schmaler Grad zwischen, liebenswürdig magisch und schlicht doof, lieber Jules. Aber es ist schön zu hören, dass letzteres bei der Einschätzung nicht überwiegt. Wir versuchen es, den Sommer zu verlängern und wenn auch nur ein Mensch beim Anblick von uns lächelt weil er an den Sommer denkt….Mission erfüllt!
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Meine Zehennägel sind noch blau, also blau lackiert, nicht blau vor Kälte, aber nicht mehr lange ….
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Blaue Nägel….auch das ist Sommer 🙂 Pack sie ein, bevor die Farbe von den Nägeln auf die Zehen übergeht 😉
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Um 4.50! Das ist wirklich früh. Erst habe ich mich gefragt, ob Du nach einer ereignisreichen Nacht mit Freunden auf dem Weg nach Hause bist, aber nein, Du bist auf dem Weg zur Arbeit – wer früh da ist, kann auch früh Feierabend machen, das ist von Vorteil, manchmal wünsche ich mir, ich alte Schlafmütze würde das auch schaffen.
Die sogenannte Übergangszeit könnte sich ruhig etwas mehr Zeit nehmen. Daß von einer Woche mit 30 Grad die Temperaturen in der nächsten in den arktischen Bereich fallen, haben wir doch bestimmt Donald Trump zu verdanken, dieser Sauhund. Wo ist bloß mein Stirnband? Mir fallen – allerdings erst um 8 – fast die Ohren ab, wenn ich auf meinem Rad zur Arbeit fahre. Weg. Ich muß mir wohl schnell ein neues kaufen. In drei Monaten ist Weihnachten.
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Grausam, gell? Obwohl ich ein Frühaufsteher bin und es schätze den Arbeitstag nach vorne zu verlegen, ist das im Moment alles andere als freiwillig. Dieses Quartal muss ich ackern und komme früh und gehe spät. Für eine gewisse Zeit ok, aber ich hätte gute Lust jetzt ausgiebig zu jammern ;).
Und ganz eindeutige…ja. Trump ist schuld. Der ist an so vielem Schuld, dass das nicht mehr sehr ins Gewicht fällt.
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Der Busfahrer wird doch um 4 Uhr 50 nicht gleich aufs Oktoberfest gefahren sein? 😉
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Nein, der arme musste wie ich arbeiten 😉
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😀 wir hatten am freitag diesen einen spätsommertag, an dem ich mit rollkragenshirt, strickpulli und lederstiefeletten unterwegs war. jaja.
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So ist es halt in Deutschland und Österreich. Aber wenn wir ehrlich sind, ohne den Wechsel der Jahreszeiten wäre es auch nicht schön. 🙂
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Besser noch als umgedreht wie bei Mitzi. Ausziehen kann man immer was – aber was anziehen?
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Ich denke das mit dem sprichwörtlichen Spätsommer, ist nicht nur in München der Fall. Bei mir hilft da nur das Zwiebelprinzip, auch wenn es unfassbar unsexy aussieht.
Den Orion habe ich glaube ich noch nie in echt gesehen. Nur den großen und den kleinen Wagen, und das auch nur auf einem Acker weit weg von zu Hause. Aber der Orion hat etwas, vor allem die Geschichte dahinter. Trotzdem würde ich dafür nicht früh morgens mit den nackten Zehen wackeln wollen 😉
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Das mit den nackten Zehen kannst du auch getrost überspringen ;).
Beim Zwiebelprinzip schließe ich mich an. Komischerweise sieht das bei anderen tatsächlich gut aus 😦
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