Passt schon

Passt schon, sagt man in München gerne, wenn gar nichts passt. Wenn so viel im argen liegt, dass man nicht recht weiß, wo man anfangen soll, dann sagt man „passt schon“. Das ist wie „wird schon“, wenn einem unklar ist, wie überhaupt irgendwas wieder werden kann. Der Sonne am heutigen Sonntag ist das egal. Sie scheint und wenigstens das ist schön. Mehr als schön – es hilft, weil Sonnenstrahlen im Frühjahr nicht nur das Gesicht, sondern auch das Herz erwärmen und es leichter machen die Gedanken zu ordnen. Sie zu beruhigen ist angesichts der Nachrichten nur schwer möglich, aber ein paar Atemzüge mit geschlossenen Augen in der Sonne sind angenehm. Den Menschen in meinem Viertel scheint es ähnlich zu gehen. Sie sitzen auf den Bänken, legen den Kopf in den Nacken, schließen die Augen und strecken die Nasenspitze in die Sonne. Das tut gut, man sieht es ihnen an. Mir wahrscheinlich auch. Das und die Ruhe, die nicht ungewöhnlich ist, da ich nicht in einem Café sondern auf einer Bank auf dem Friedhof sitze. Bei so viel Scheußlichkeit ist hier, trotz des oft traurigen Ortes, viel Schönes zu sehen.

Weiterlesen

Corona Homeoffice XXVI

Nach einem guten dreiviertel Jahr sollte man sich an Homeoffice gewöhnt haben. Hab ich – erzähle ich meinen Vorgesetzten und Kollegen und beruhige sie fast täglich. Ich hab alles im Griff. Der Laden läuft. Das tut er ohne Frage, aber vielleicht läuft er mittlerweile etwas zu gut. Heute ist Sonntag wie ich gerade feststellte, als ich eine Packung Nudeln kaufen wollte und vor dem verschlossenen Supermarkt mein Handy konsultierte um dem Grund auf die Spur zu kommen. Ich war überzeugt davon, dass heute bereits Montag ist. Dank dem Lockdown ist momentan an einem Montag so wenig auf der Straße los, dass man einen Sonntag mittlerweile nicht mehr an der Geräuschkulisse erkennt. Auch das Toben der Nachbarskinder ist kein Indiz. Die toben dank Homeschooling an einem Montag mit der gleichen Intensität wie an einem Sonntag oder Samstag. Man hört den Tagen einfach nicht mehr an, an welcher Stelle der Woche sie stehen. Unnötig zu erwähnen, dass die ganzen Feiertage (Bayern hatte am 06.01. noch einen extra) ebenfalls dazu führten, dass eine durchgängige Fünf-Tage-Woche sich fast schon exotisch anfühlt. Weiterlesen

Sonntags Liebe

Das achtzehnjährige Teenagermädchen schleudert sein Smartphone durch den Flur und brüllt, dass sie den blöden Arsch nie wieder sehen möchte. 
Meine doppelt so alte Freundin Hannah am Telefon überlegt ob sie den Idioten, der ihr die letzten Monate Zeit und Nerven raubte, auf WhatsApp nicht besser blockieren sollte.
Der Teenager jault auf, weil das Telefon im Arsch ist und der Arsch sie nun nicht mehr erreichen kann.
Hannah flucht, weil sie feststellt, dass sie den Idioten schon gestern, nach dem dritten Glas Wein blockiert hat und nun nicht weiß, ob er nächtens nicht etwas versöhnliches geschrieben hat.
Ich löffle Kartoffelsuppe und deeskaliere. Reiche mein eigenes Smartphone der einen und lüge die andere an, indem ich behaupte, dass Nachrichten nach dem Entblocken selbstverständlich nachträglich zugestellt werden.
Weiterlesen

Montags Einhorn

Heute hatte er keine Chance. Der Montag. Nicht den Hauch einer Chance gönnte ich ihm, als er gerade einmal sechs Stunden alt war. Unter normalen Umständen hätten wir – der Montag und ich – ein paar Minuten miteinander gerungen und uns dann damit abgefunden, den Rest des Tages miteinander zu verbringen. Die besten Freunde werden wir bis zur Rente nicht mehr, aber er steht mir näher als zum Beispiel der Dienstag. Der Dienstag ist ein unmöglicher Tag. Weiterlesen

Ohne Blumen werde ich nicht intim

Ich mag den Valentinstag! Punkt. Mitten in all den „Ich mag den Valentinstag nicht“ Beiträgen fehlt mir das Gegengewicht. Wenn´s sonst keine tut, dann eben ich. Ich mag ihn wirklich. Den Valentinstag.
Nicht den Konsumwahnsinn mit Blumen, Pralinen und gedankenlosen vorgefertigten Kalenderspruch-Grußkarten. Auch nicht das Gefühl, das er bei einsamen oder Liebeskummer geplagten Menschen auslöst. Und schon gar nicht, wenn es der einzige Tag im Jahr ist, an dem man sich ein liebes Wort oder eine warme Geste abringt. Aber sonst, finde ich ihn eigentlich ganz nett. Weiterlesen

Die perfekt erste Nachricht

Noch heute, fast fünf Jahre später, nickt mein Umfeld verständnisvoll, wenn ich den Namen von Dr. X erwähne. Ich rechne es ihm hoch an, dass es nicht die Augen verdreht oder an meinem Verstand zweifelt. Weder meine Freunde, noch meine Kollegen haben X je zu Gesicht bekommen und doch gibt es keinen, der nicht mindestens einmal die ganze Geschichte von mir erzählt bekommen hat. Weiterlesen