Eine weniger…

Mein Nachbar, der alte Herr Meier, steht am Gehsteig und schaut. Schaute, als ich zum Einkaufen ging und schaute, als ich eine halbe Stunde später wieder zurück kam. Weil er traurig schaut, stelle ich mich neben ihn und schaue auch ein bisschen. Einen, wie den Meier, darf man nicht fragen ob er traurig ist. Dann würde er doch nur sagen, dass es kein Wunder ist, dass der Wirt schließen muss. Mit so viel gutem Essen auf der Karte und so wenig essenden Gästen, kann eine Kneipe in Giesing nicht funktionieren. Oder doch, das kann sie natürlich schon, nur die Kneipe, die sich in unserem Haus befindet, die wird so nicht funktionieren. Egal welcher Wirt sie betreibt, die Kundschaft ist die gleiche und die isst nun mal nicht jeden Abend außer Haus, findet sich aber gerne jeden Abend auf ein Bier ein.

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Herr Meier und die Afd

Es muss viel passieren, damit Herr Meier im Nieselregen auf offener Straße stehen bleibt. Bei schlechtem Wetter verlässt er das Haus für gewöhnlich gar nicht und wenn es sich nicht vermeiden lässt, dann eilt er grußlos und mit hochgeschlagenem Mantelkragen an seinen Mitmenschen vorbei. Dass er bei Wind und Regen zwischen Post und Telekomladen stehen bleibt und drei Männern beim Aufbau ihres Informationsstandes zusieht, ist mehr als ungewöhnlich. Sein Schal flattert in einer Böe, als ich vom einkaufen zurück komme und ihn noch immer an der gleichen Stelle stehen sehe. Mittlerweile erkennt man auch wer die Giesinger heute informieren möchte. Unter den durchnässten Sonnenschirmen steht ein drei Mann starkes Kompetenzteam der Afd. Weiterlesen

Herr Meier mag Schnecken

Können Sie sich noch an meinen Nachbarn,  Herrn Meier, erinnern? Herr Meier versorgt mich im Herbst und Winter immer mit Walnüssen aus dem Garten seiner Tochter. Ab Mitte März liegen keine Nüsse mehr im Briefkasten. Dann weiß ich, dass Frühling ist und die Lieferung für einige Monate eingestellt wird. Herr Meier spricht nicht viel und wenn wir uns vor dem Aufzug treffen, grüßt er nur mit einer knappen Kopfbewegung. Zwei bis drei Mal im Jahr murmelt er etwas, das man nachsichtig, als ganzen Satz gelten lassen kann. Vorgestern zum Beispiel. Da wuchtete er die Einkaufstüten mit Schwung in den Aufzug, sah mich an und raunte: „Fünf Jahre?“, „Vier“, verbesserte ich ihn und freute mich über dieses ausführliche Gespräch mit meinem Nachbarn. Weiterlesen