2023

Nix, sagte ich, als Freunde mich fragten, was ich an Silvester vorhabe. Eine Frage, die früher bereits Mitte Oktober gestellt wurde und dann bis kurz vor Jahresende immer mal wieder aufgegriffen wurde. Halbherzig, weil es eigentlich egal war, solange der harte Kern unserers Freundeskreises den Abend und die Nacht gemeinsam verbrachten. Das taten wir immer – wir acht. Um uns herum wechselnde Partner, Geschwister und flüchtige Bekannte. Wir feierten in der einen oder anderen WG und fast immer waren es feine Feiern, ohne viel Vorbereitung, ohne Stress und ohne große Erwartungen. Wir mussten nichts erwarten, weil wir wussten, dass es alleine durch unsere Freundschaft schön werden würde. Bis Mitte Zwanzig änderte sich nichts, dann änderten wir uns.

Nicht unbedingt im Kern, weniger unser Wesen, mehr die äußeren Umstände. Es war schwer geworden uns an einen Ort zu versammeln. Arbeits- und Studienplätze, Wohnorte außerhalb Münchens und neue Partner die integriert werden mussten, verdrängten die frühere Spontanität. Ein Teil von uns sah sich trotzdem immer und verbrachten Silvester zusammen. Abende von denen wir erwarteten, dass sie schön werden und hofften, dass sie ein bisschen von der früheren Leichtigkeit in sich tragen würden. Sie taten es nicht. Früher war vorbei. Schön waren sie ja, aber viel zu vollgepackt mit Ansprüchen von denen wir fünf Jahre zuvor nicht einmal wussten, dass man sie haben kann.

An Silvester wollten wir plötzlich ein besonderes Essen. Selbst gemacht oder in einem schönen Restaurant. Wir überlegten was wir anziehen, wo wir feiern und vor allem wie. Wo das Feuererwerk ansehen? Wo wann sein und unbedingt genau geplant, damit es ein wirklich schöner Abend wird. Es klappte nie. In machen Jahren waren wir noch im Auto als die ersten Raketen abgeschossen wurden, standen im ströhmenden Regen im Olympiapark oder verfluchten die viel zu teuren und unangenehm steifen oder unter einem albernen Motto stehenden Silvesterfeiern in den Clubs der Stadt. Wir standen zu dritt in der Küche und kochten stundenlag um von denen für die wir kochten zu hören, dass das Essen doch eigentlich nebensächlich sei. Beziehungen gingen in dieser Nacht in die Brüche und nur wenige begannen neu, weil man mit Ende zwanzig schlau genug zu sein glaubte, um zu wissen, dass Neujahrsküsse bereits im Frühling zu verblassen beginnen.

Mit den Jahren lernten wir dann dazu und begruben die unsinnigen Erwartungen an einen Abend, dessen Glanz und Besonderheit einzig durch ein Datum vorgeben wird. Mittlerweile planen wir nicht mehr. Wir lassen Silvester auf uns zukommen. Ganz entspannt. Vor Weihnachten denkt in meinem Freundeskreis keiner an den Jahreswechsel. Ganz spontan und ganz entspannt, sage ich zu einem der seit einigen Jahren Neujahr neben mir aufwacht. Keine Erwartungen, versichere ich und auch, dass er ruhig die Nachtschicht in der Klinik übernehmen kann. Ich trinke etwas mit Freunden, ganz enspannt und er und ich sehen uns Neujahr.

Dumm, dass die Freunde mit denen ich ganz entspannt etwas trinken wollte, nun Corona haben. Alle drei. Wunderbar, da hat sich Weihnachten doch gelohnt. Dann schließe ich den anderen an und bin entspannt, bis mir einfällt, dass die in Prag sind, ich eingeladen war, aber gesagt hatte, weil Reisen über Silvester mit viel zu viel Erwartungen verbunden sind. Blöd jetzt, aber es passt schon. Netflix und ich haben uns eh lange nicht mehr gesehen. An jedem Abend wäre es ok. Aber heute, an Silvester vermischt sich schon um acht die Langeweile mit der Erinnerung an ganz früher und die letzen Jahre. Ohne die Erwartungen unser zwanziger sind wir da wieder gesprungen. Mit Anlauf und irgendwo landend, wo es schön war. Mit den richtigen Leuten, an den richtigen Orten. Zwischen duzendenden von Luftballons, mit Pappbechern auf Brücken stehend und einmal lachend und singend in einem Parkhaus. Die letzten Jahre waren die besten. Spontan und immer hat sich etwas ergeben. Aber dieses Jahr… dieses Jahr glitzert irgendwie gar nichts. Und obwohl ich behaupte keine Erwartungen zu haben, erwarte ich mir dann doch ein kleines bisschen Konfetti, wenn das alte Jahr zu Ende geht.

Und hier wollte ich Ihnen eigentlich erzählen, wie es dann dazu kam, dass ich gestern Silvester mit meinem Nachbarn Paul aus dem Hinterhaus und Herrn Iwanov von nebenan gefeiert habe. Ich wollte, aber ich kann mir bis jetzt nicht wirklich erklären, wie es dazu kam. Diese Kombination war….nennen wir sie interessant. Wenn ich mich wieder etwas gesammelt habe, dann erzähle ich Ihnen davon. Jetzt muss ich erst mal im Keller nachsehen ob ich noch Reste der weiße Wandfarbe habe. Teile des gestrigen Abend führten dazu, dass….lassen wir das vorerst. Auch das mit der Wandfarbe. Gestern war eindeutig zu viel Konfetti. Obwohl….

Happy new Year, Ihnen allen.

9 Gedanken zu “2023

  1. ach schön, wenn es dann doch klappt ❤ ein frohes neues, liebe mitzi, und auf viele mehr von deinen geschichten freue ich mich im neuen jahr! der satz war irgendwie glaub ich nicht ganz korrent, aber ich hoffe, du verstehst, was ich meine!

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  2. Achjamei…scho wieder. A neichs Johr. Ganz ehrlich: hatten wir schon. ein paar Mal. Aber die Leute von nebenan und deren Beiträge nicht unbedingt! Also weiterhin offen für Überraschungen und allzeit genug Wandfarbe bereit (also wir, wir haben jetzt eine Jalousie (selbst!) repariert. Das ist doch auch was!).

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    1. Das ist ja mal der beste Kommentar zum neuen Jahr: „Hatten wir schon ein paar Mal“. Aber genau so ist es. 🙂 Kompliment zur Jalousie. Meine hängt seinem Jahr Windschief – aber in einem Raum, in dem sie niemand sieht und ich sie gekonnt übersehe.

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