Corona Homeoffice XXVIII

Der Lockdown wird Spuren hinterlassen, sagte kürzlich meine Freundin und ich stimme ihr zu. Irgendwann, wenn das alles schon lange vorbei ist, werden sich meine Nachbarin noch immer an die komische Frau erinnern, die stundenlang am Fenster stand. In der Küche, im Schlafzimmer und im Wohnzimmer. Seltsam werden sie mich noch Jahre später nennen und anderen, neu Zugezogenen erzählen, dass ich die bin, die in fremde Fenster blickt. Dabei ist das Quatsch.

Dank der Spiegelung sehe ich tagsüber gar nicht in die Wohnungen. Und ich versuche es auch gar nicht. Ich stehe nur oft am Fenster. Seit etwa einem Jahr und das auch nur, weil es meinem Rücken besser tut, stehend mit Headset zu telefonieren. Es sind Kundengespräche und bei denen muss man oft zuhören und das geht am Fenster besser. Glauben wird mir das keiner. Vielleicht ist es aber auch egal. Seit es auch in München wieder schneit, geht der Pokal „der seltsamen Frau“ in meinem Viertel nicht mehr an mich. Seit zwei Tagen spaziert sie vormittags und nachmittags durch die Straße und bleibt vor jedem dunklen Auto stehen. Sie ist gut angezogen, mittelalt und wirkt vom Fenster aus betrachtet sehr normal. Nur dass sie auf jede Motorhaube „Loser“ schreibt und etwa jede dritte mit einem Penis oder wahlweise einem Herz verziert, das ist dann doch seltsam. Bestimmt hat sie einen Grund. Im Zweifel ist es der Lockdown. Der macht uns doch alle ein wenig kirre. 

Halten Sie den Kopf oben und lächeln Sie. Das mach ich am Fenster stehend auch (gut für Rücken und Stimmung)

23 Gedanken zu “Corona Homeoffice XXVIII

  1. Am Fenster stehen, das mache ich auch sehr gerne, vor allem, weil ich mir am Heizkörper dabei die Oberschenkel wärmen kann. Nur telefoniere ich nicht dabei wie du, liebe MItzi. Die „Loser“ schreibende Frau gefällt mir wie das Wort auf dem Auto. Es ist sauber gelettert.

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    1. Eine super Idee – und um einiges schöner als die Bilder vor meinem Haus.
      Auch das Teetrinken mit dem Nachbarn von Fenster zu Fenster klingt schön. Überhaupt macht er Mut und Freude dieser Text. Vielen Dank 🙂

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  2. Ja, Mitzi,
    beim Telefonieren mit schnurlosem Gerät in der Wohnung herum spazieren und aus den Fenstern schauen, dies teile ich, bei mir in zwei Richtungen Ost und West. Schnee- und Eisgebilde in verschiedenen Tages- und Nachtbelichtungen.
    Wiederum leuchtet mir Deine Bildfoto-Interpretation noch nicht so ganz ein. Erste Assoziation: „Das ist das Haus vom Nikolaus“, was wiederum verschiedene Assoziationen auslöst.
    Wie dem auch sei: gute Wünsche und herzliche Grüße
    Bernd

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    1. Verschiedene Himmelsrichtungen laden zum spazieren zwischen den Fenstern ein :).
      Ich habe ein harmloses Bild genommen. Die etwas obszönen Zeichnungen wollte ich lieber nicht posten. Das unter dem Loser interpretiere ich auch als das Nikolaus Haus.
      Herzliche Grüße
      Mitzi

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  3. ich würde mal auf eine persönliche erfahrung mit einem typen mit dunklem auto tippen… so rein küchenpsychologisch… und mangels lockdown ist die übliche prozesshafte verarbeitung – mit freundinnen und cocktail- oder weingläsern – grad schwierig. da erscheint das anonyme schneemalen auf fremde autos eigentlich eh recht sinnvoll 😉

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  4. Wir brauchen Bewegung, gerade jetzt ist sie überaus wichtig, sagt meine Hausärztin.
    Das weiß auch die „seltsame“ Frau. Ob sie wohl ihre Beschriftungen und Verzierungen mit einem Marker weiterführend wird, sobald der Schnee geschmolzen ist…? 😉

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  5. wenn lächeln gut für den rücken ist, werde ich das ab nun unentwegt tun. 😉
    aber im ernst: dass lächeln gut bei kundengesprächen ist (und davon weiß auch ich nach beinahe einem jahr homeoffice ein lied zu singen) ist bekannt. auch wenn die kunden es nicht sehen.
    ob mich die menschen in der nachbarschaft eine „komische frau“ nennen, weiß ich nicht. und wenn sies tun, dann nicht unbedingt wegen meiner zuweilen auch von außen sichtbaren kunden-telefonate. aber jedenfalls wird nach dem lockdown nichts mehr so sein wie vorher. soviel steht fest. gerade eben pegele ich mich wieder in den frühlings-/sommermodus ein und sitze zuweilen bereits morgens um 5 (z.t. sogar früher) am pc und genieße es, damit mehr „rest des tages“ für mich zu haben. müsste ich ins büro, ginge das natürlich nicht. ich hoffe, dass sich lösungen finden bis ich nächstes jahr in rente gehe. das wäre dann ein schöner übergang.

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    1. Lächeln ist bestimmt auch gut für den Rücken 😉
      Aber auch im Ernst….mir geht es genau wie dir. Ich stelle mir nicht einmal den Wecker und fange doch meist recht früh zum Arbeiten an, damit ich mehr von den Tagen habe, die langsam wieder annehmbar hell und lange werden. Das habe ich zwar schon vor Homeoffice gemacht, aber so habe ich eben noch mal deutlich mehr Zeit ohne die Fahrerei. Auch ich hoffe, dass Homeoffice auch nach Corona möglich ist. Nicht jeden Tag aber zwei, drei Tage in der Woche wäre wirklich schön. Ich kann mir allerdings fast nicht vorstellen, dass „danach“ wieder alle Büros gefüllt sind. Jetzt wo man das erste Mal feststellte, dass man tatsächlich von zu Hause arbeiten kann.

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