Kinder im Aufwind – ein Projekt von Petra Pawlofski und ein kleiner Beitrag von mir

Was ich an Blogs am mit am meisten schätze, ist die Möglichkeit Gedankenanstöße jeglicher Art zu bekommen. Eine mit seit langem ans Herz gewachsene Fundgrube ist Random Randomsen (https://randomrandomsen.wordpress.com/). Auf seiner Seite bin ich auch auf das Projekt der Künstlerin  Petra Pawlofsky gestoßen, die auf hat auf ihrer Website da sein im Netz ein schönes Projekt mit dem Titel «Kinder im Aufwind» gestartet hat.  Sie selbst beschreibt es am Besten:

«Fragt Ihr Euch auch manchmal, wie unsere Kinder all das verkraften, was an Nachrichten auf sie einstürzt?  Wie sie mit dem anspruchsvollem Leistungsdruck, der Hetze im Alltag, den Medien, den stumpfen Blicken vieler Erwachsener um sie herum zurechtkommen? Wie wir ihnen eine Basis geben können, gelassen, selbstsicher und hoffnungsvoll zu leben und in die Zukunft zu schauen? Eben im Aufwind zu bleiben…

Darum geht das Projekt, das ich heute starten möchte. Zum Thema gibt es nun bald eine Beitragsreihe  von mir mit Gedanken, Zitaten, Erfahrungen und natürlich mit passenden Gemälden und digitaler Kunst.»

Heute Nachmittag sah ich mir einige der Beiträge an und freute mich, dass Random einen meiner Texte für passend hielt. Ich habe ihn nachstehend hervorgeholt, obwohl er hier vor gar nicht so langer Zeit schon stand. Der Text zeigte mir selbst, wie glücklich ich mich über meine Familie schätzen kann. Egal wie oft ich mich über Kleinigkeiten ärgerte – wir sind noch heute vier. Vier Geschwister die nicht die gleichen Eltern, aber die gleichen Erinnerungen haben. Unsere schönen Erfahrungen haben uns ebenso geprägt wie die schlechten. Unser großes Glück lag wohl darin, dass wir Kinder nie alleine waren. Und unser heutiges großes Glück ist, dass wir von dieser geborgenen Kindheit noch heute profitieren und uns aufeinander verlassen können. Selbst ich, die ich als Einzelkind geboren bin.

Wir sind vier

Wir sind vier. Meine drei Geschwister und ich. Ich bin die Jüngste. Monika ist neun Monate älter, Florian drei Jahre und Regina ganze fünf Jahre. Falls Sie sich fragen wie meine Mutter es hinbekommen hat, zwei Kinder im Abstand von nur neun Monaten zu gebären müssen Sie sich nicht den Kopf zerbrechen, denn das hat sie nicht. Sie stellte das Gebären nach mir ein und ich musste sehen, wie ich zu Geschwistern komme. IMG_1738Ganz früher, waren wir nicht vier. Wir waren ich, meine beiden Cousinen und mein Cousin. Ich weiß nicht genau, wann wir vier wurden, aber es muss diesen einen Zeitpunkt gegeben haben, an dem wir beschlossen, dass wir nicht drei plus eins, sondern einfach vier waren. Um ehrlich zu sein, war es eine rein weibliche Entscheidung. Florian hatte niemand gefragt, aber da er nicht widersprochen hat, nehme ich an, dass ich ihn nach all den Jahren genauso sehr wie seine leiblichen Schwestern genervt habe und er keinen großen Unterschied feststellen konnte. Vielleicht dachte er sich auch nur, dass es auf eine mehr nicht mehr ankommt.

Ich kenne meine Schwestern in- und auswendig und ich weiß, dass auch sie mich besser kennen als die meisten meiner Freunde oder andere Familienmitglieder. Mit meiner kleinen großen Schwester stritt ich mich als Kind so heftig, dass wir es problemlos schafften sechs Wochen Sommerferien nebeneinander schlafend zu verbringen, ohne kaum mehr als zwei Worte am Tag zu wechseln. Ich fand sie unglaublich besserwisserisch und doch war sie mir näher als jeder andere. Sie ist es mir heute noch. Genauso wie mein Bruder, den ich schon als Sechsjährige angehimmelt habe und nie ganz damit aufgehört habe. An der Beerdigung meiner Großmutter, war es seine Hand, die die meine gesucht hat und die einzige, die ich in diesem Moment halten wollte. Gleiches gilt für meine große Schwester. Sie verpasste mir mit zehn oder elf die kräftigste Ohrfeige meines Lebens und umarmte mich als Erwachsene in den Momenten, in denen der Boden unter meinen Füßen bröckelte.

Naturgemäß sehen meine Eltern es etwas anders und behaupten weiterhin, nur eine Tochter zu haben. Ich glaube sie fürchten sich etwas davor, drei weitere von meiner Sorte zu haben. Es hilft ihnen aber nichts. Die Kinder meiner Schwestern – und das sind viele – stellen ihre Wohnung regelmäßig auf den Kopf und verbringen Ferien und Wochenenden bei ihnen. In meiner Familie fragt man nicht, ob es passt, es ergibt sich und meine Eltern ergaben sich. Mein Onkel adoptierte mich dagegen bereits sehr früh und ganz freiwillig. Wenn ich zur Tür reinkam, rief er dröhnend „Mei Madl!“ und behauptet schon immer, dass ich sein Mädchen sei. Ob zwei oder drei schien keinen Unterschied mehr zu machen. Diese „Mei Madl!“ dröhnte auch über die Piazza Bra, als ich in Verona lebte und er mich mitsamt einer oberbayerischen Reisegruppe besuchte. Er schwenkte seinen Hut und kam mir mit offenen Armen entgegen. Bei jedem anderen wäre es mir peinlich gewesen, bei ihm war es nur schön. Meine Tante kam gleich zwei Mal und brachte mit ihrem Lachen ein Stück Heimat nach Italien.

Für die Horde an Nichten und Neffen bin ich Tante. Eigentlich bin ich Thai. So nannte mich mein erster Neffe, als er noch nicht gut sprechen konnte. Ich bin jetzt Mei Thai und man muss seine Geschwister schon sehr gerne haben, um sich wie einen klebrigen Cocktail nennen zu lassen. Es fällt einem leicht, sie gerne zu haben. Auch wenn sie noch immer überzeugt davon sind, dass mein Kühlschrank chronisch leer ist und mich von Fertiggerichten ernähre. Seit ich ihnen in Italien gestand, dass ich in manchen Wochen nur Nudeln mit Olivenöl aß, weil für mehr das Geld nicht reichte, kümmern sie sich um mich. Es ist jetzt über 15 Jahre her, aber sie stecken mir noch immer bei jedem Besuch etwas Essbares in die Taschen. Ich beschwere mich nicht und bin gern das Küken. Zähneknirschend akzeptiere ich es auch, dass mich nie jemand bittet einen Kuchen zum Buffet beizusteuern. Seit ich mit acht Jahren die Torte meiner Oma fallen lies und mit sechzehn ein Blech Obstkuchen quer durch die Küche schleuderte, traut man mir nichts mehr zu. Ich kann wirklich nicht besonders gut backen. Aber ich kann kochen. Das habe ich von meiner Mutter gelernt und ich würde sagen, dass sie und ich darin sogar besser sind. Das interessiert aber keinen. Ich bin die Kleine, die keine Kinder hat und nur das nötigste kocht. Klingt das trotzig und beleidigt? Kein Wunder, hätten sie drei ältere Geschwister würden sie auch um kulinarische Anerkennung kämpfen müssen. Als Einzelkind mit zwei großen Schwestern noch viel mehr.

IMG_1740Ich liebe meine vier Großen und freue mich auf den familiären Wahnsinn am Ostermontag. Man bat mich etwas Gemüse aufzuschneiden und einen Obstsalat mitzubringen. Auch wenn sie es nicht sagten, zwischen den Zeilen bedeutet es „da kann nicht viel schiefgehen“. Ich könnte ihnen deftige Blätterteilröllchen machen, herrliche Osterlämmer oder eine perfekte Quiche Loreen – sie machen all das lieber selbst. Ich werde dann eben einen großartigen Obstsalat machen. Nicht wie die kleine Große mit Hilfe von Dosenfrüchten. Ganz frisch und mit einem ordentlichen Schuss Prosecco. Als jüngste kann man vor mir nicht erwarten, dass ich daran denke, dass Kinder mit am Tisch sitzen. Vielleicht fällt mir die Schüssel auch runter. Kurz vor dem Tisch. Dann erfülle ich das Klischee und nur der Hund weiß, was ihnen allen entgangen ist.

Weitere Beiträge finden sich auf der Seite von Petra Pawlofsky und sind mehr als nur eine Klick wert.

https://pawlo.wordpress.com/2016/08/18/kinder-im-aufwindchildren-upwind/

Seht mir die hässlichen Internet Adressen nach. Seit einiger Zeit bekomme ich keine Links mehr eingefügt und musst oben von Randoms Seite kopieren. Petra Pawlofskys Seite ist aber allemal wert, dass man den Link kopiert und dort ein wenig schmökert.

38 Gedanken zu “Kinder im Aufwind – ein Projekt von Petra Pawlofski und ein kleiner Beitrag von mir

  1. Liebe Irsi,

    nun gehörst du also auch zu den Beitragenden beim Projekt „Kinder Im Aufwind“ und ich freue mich sehr darüber, obwohl wir uns ja noch kaum im Netz begegnet sind!
    Dein Artikel über das liebevolle Miteinander einer Familie, den humorvollen und toleranten Zusammenhalt, das
    augenzwinkerte Wissen um die eigenen Schwächen und die der anderen …das ist schon „aufwindig“ !! Ich werde deinen Link also hinzufügen und das muss auch nicht der letzte Link von dir sein ! 🙂 Wenn du also noch Weiteres verlinken magst oder dir viel später noch etwas dazu einfällt, auch z.B. nur ein Bild, ein Photo, etc :Herzlich willkommen! Das Projekt bleibt zeitlich offen.
    Herzlichen Dank auch dafür, dass du meinen Blog so nett beschreibst!
    Willkommen im Aufwind! 😉
    Herzlich, Petra

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    1. Vielen lieben Dank, Petra.
      Ich werde die weiteren Beiträge sicher interessiert verfolgen und auch abseits davon sehr gerne öfter bei dir vorbei schauen. Manchmal übersieht man schönes bei der Fülle an Stoff für Geist und Auge auf WordPress. Ich freu mich über den stups von Random.
      Sonnige Grüße

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      1. Das meinte ich. Wenn man nicht das Glück hatte, so gut aufzuwachsen wie du.
        Ich bin die Wärme nicht gewöhnt. Ausdrucksschwierigkeiten 😉
        Dir auch liebe Grüße

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      2. Klingt jetzt seltsam, aber ich kann es dir nachfühlen. Die Geschwister waren die eine Seite, mit der anderen hatte ich auch zu kämpfen und vermisste das was ich mir krampfhaft suchte.

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  2. Ganz herzlichen Dank dafür, liebe Mitzi. Für diesen wunderbaren Beitrag, den ich herzlich gerne nochmals gelesen habe. Manchmal nimmt man sich ja ganz, ganz fest vor, einen gelungenen Beitrag später nochmals zu lesen. Aber Wunsch und Wirklichkeit klaffen meist Lichtjahre auseinander. Da gibt es tausend Gründe und zehntausend Ausreden. Und da ist das ursprünglich geplante und gewollte Wiederlesen weit, weit entfernt. Dieser Beitrag aber ist viel zu schade, um im dicken Buch des Vergessens zu verschwinden. Noch dazu passt er so perfekt zu den Kindern im Aufwind. Und er ergibt erst noch einen wohltuenden Kontrast zu meinem schattenseitigen „Pity the Child“. Deshalb nochmals: Danke dafür. 🙂

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    1. Ich danke dir. Für das liebe Kompliment zum Text und besonders für das aufmerksam machen auf das schöne und wichtige Projekt.
      Der Kontrast der beiden Beiträge ist mir auch aufgefallen und ich finde es schön, das beide Seiten beleuchtet werden können.

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      1. 🙂
        Ich finde es sehr schön, dass du „im Aufwind mitsegelst“ – dein Beitrag bringt eine ganz neue Facette ins Spiel und zeigt zudem, dass Kindheit nie wirklich vorbei ist – oder um es anders auszudrücken: Das Echo der Kindheit hat einen langen Atem. 🙂

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