Herr Meier heißt Hans

Es sind die Glocken, die ihnen das Kreuz brechen, sagt mein Nachbar Herr Meier und deutet auf ein paar duzend Trauergäste, die sich vor der Aussegnungshalle des Münchner Ostfriedhofes versammelt haben und sich mit Taschentüchern die Augenwinkel trocknen. Scheiß Glocken, sage ich und setzte mich zu ihm auf die Bank in die Sonne. Sie bringen einen nur zum Heulen und das Weinen ist etwas intimes, erkläre ich. Intim fragt der Meier und ich nicke. Ja, sehr intim. Das sollte man den Friedhofskirchen Glockengießern sagen, damit sie ihren Glocken nicht dieses furchtbare Geläut ins Eisen schmieden. Scheiß Glocken, sag ich nochmal trotzig und mein Nachbar lacht leise. Ob ich heute schlecht gelaunt sei, will er wissen und erwartet keine Antwort. Viel mehr interessiert ihn das Treiben auf dem Friedhof. Mit großem Interesse verfolgt er das Kommen und Gehen der Trauergemeinden und äußert sich abfällig grinsend über Frauen, die auf hohen Schuhen über den Kies stöckeln. Als ob der das noch sehen würde, sagt er und deutet unbestimmt nach oben, wo er den Verstorbenen wohl vermutet. Dem ist jetzt alles wurscht, sagt er und es klingt auf seltsame Art tröstlich. So tröstlich wie neben ihm in der Sonne zu sitzen. Obwohl er unablässig redet, strahlt er eine angenehme Ruhe aus. Als ein Sarg aus der Aussegnungshalle geschoben wird, steht er auf, zieht seinen Hut und ist still bis der Trauerzug vorbei ist. Dann holt er eine Zeitungsseite aus der Hosentasche und setzt sich wieder. Umständlich streicht er sie glatt. Hedwig Angermeier, liest er vor. 93 Jahre, sei sie gewesen. Er nickt zufrieden. In dem Alter ist die Hebamme nicht mehr schuld murmelt er und sieht dem Sarg noch ein wenig hinter her. Ich folge seinem Blick und bleibe bei ihm sitzen, bis neue Trauergäste kommen. Das sind meine, sag ich und steh auf. Weiterlesen

Sommerräume

Mein Balkon und mein Laubengang sind mir heilig. Ich habe sie so gern wie meine Wohnung und betrachte sie von Frühling bis Herbst als zwei weitere, besonders schöne Räume. Öffentliche Räume, denn egal ob man will oder nicht, als Geheimnisträger eignen sich die Sommerräume nicht. Von allen Balkonen im Haus ist meiner der Wilde. Man sieht es von unten wenn man den Kopf in den Nacken legt und die Hausfront hinauf blickt. Bei mir ist nichts ordentlich, aber alles üppig. Schlampig nennt ihn Frau Obst, die den Kopf nicht in den Nacken legt, sondern sich täglich einmal gefährlich weit über die Brüstung lehnt um zu kontrollieren ob es vielleicht ordentlicher geworden ist.

Weiterlesen

Freinacht

Heute Nacht dürfen wir die Briefkästen nicht in die Luft jagen, sage ich zu meinem Nachbarn Paul, als wir beide im Treppenhaus auf den Lift warten. Schade, sagt er und fragt mich ob das endgültig sei. Ich nicke und deutet auf das weiße Brett gegenüber der Briefkästen, deren Sprengung uns heute Nacht verboten wurde – dort hat unser Hausmeister eine Liste angebracht welche detailliert aufzählt, was heute Nacht alles verboten ist.

In der heutigen Freinacht ist Ihnen folgendes nicht erlaubt, liest Paul vor und ich stelle mich neben ihn weil es nie schaden kann, zu wissen was man darf und was nicht.  

  • Das Beschmieren von Autos mit Mehl, Rasierschaum oder Ketchup.
    Mach ich eh nicht. Wenn ich etwas zu sagen habe, verwende ich Lippenstift.

  • Das Werfen von rohen Eiern an Hauswände oder Autos.
    Das Eierwerfen nun auch schon verboten ist, wundert mich.

  • Das Ausleeren von Mülltonnen oder Altglas-Containern.
    Hier sehe ich Paul schmunzeln und frage nicht weiter nach.

  • Das Einwerfen von Fenstern.
    Ich bezweifle, dass dieses Verbot nur für die Freinacht gilt.

  • Das Anbringen von Fallen (Schnüre, Wäscheleinen oder Drähte, die auf Kopfhöhe über eine Straße oder einen Weg gespannt werden). Sie könnten hier versehentlich jemanden töten!!!!
    Paul und ich sehen uns nach diesem Punkt eine Weile schweigend an und denken das Gleiche. Unser Hausmeister kommt aus der Ukraine und dort scheint die Freinacht um einiges Härter als in Bayern zu sein.

  • Das Sprengen von Briefkästen oder das Anzünden von Mülltonnen.
    Hätten wir eh nicht gemacht. Erstens sind Paul und ich zu alt für die Freinacht und zweitens macht das auch sonst keiner, weil beides noch gebraucht wird.

Wie gut, dass wir an die bevorstehende Freinacht erinnert wurden. Paul und ich gehen noch einmal nach draußen. Er um sein Auto in die Garage zu fahren und ich um mein Rad heute lieber in den Keller zu bringen. Weiterlesen

Giesing? Um Gottes Willen!

Ob ich nicht ein bisschen freundlicher lächeln möchte, fragt mich Herr Meier mit einem boshaften Grinsen im Treppenhaus und ich schüttle den Kopf. Nein, will ich nicht. Mir ist gerade nach einem neutralen Gesichtsausdruck und den werde ich bestimmt nicht durch ein Kieferschmerzendes, erzwungenes Lächeln ersetzen. Muss ich auch nicht. Herr Meier kennt mich, weiß dass ich ihn mag und erwartet kein künstliches Lächeln. Bis in den Januar hinein lächelten wir grundsätzlich nur spontan, wenn uns danach war. Aber damit ist es jetzt vorbei. Seit Anfang Februar lächeln wir immer, wenn uns jemand im Hausflur oder in der Einfahrt begegnet. Ein etwas verkrampftes Lächeln, das wir aufsetzen, seit man uns darauf aufmerksam gemacht hat, dass wir ein reichlich unfreundlicher Haufen sind. Eigentlich ist uns so etwas egal. Aber wenn man so deutlich unter die Nase gerieben bekommt, dass man unfreundlich ist, dann strengt man sich doch ein bisschen an. Alle samt würden wir im Treppenhaus mit muffligem Gesicht herum laufen und im Aufzug sei es kaum auszuhalten, weil ein jeder, den man da antrifft, mit verbissenem Gesicht und hängenden Mundwinkeln in der Ecke steht und vor sich hin starrt. Schlimm sei das Haus Nr. 42. So schlimm, dass die Verfasserin dieses harten Urteils viel lieber in der Nummer 44 wohnen würde. Von dort hört man nur gutes. Leider sind dort aber aktuell keine Wohnungen zu mieten und so würde sie, die Wertende, weiter im Hinterhaus der Nr. 42 sitzen und sich grämen müssen. Die Zeit vertreibt sie sich im Internet, auf einem noch recht neuen Portal, das es ermöglicht seine Nachbarn, die Straße in dem man wohnt und auch gleich das ganze Viertel zu bewerten. Sie tut das mit Hingabe. Hat sich die Kassiererin im Supermarkt bei der Rückgabe des Wechselgeldes verzählt, findet sich am nächsten Tag auf dem Portal eine Bewertung von Frau A. , in welchem sie Betrug unterstellt. Ist das Treppenhaus aufgrund von tagelangem Schneematsch dreckiger als sonst, bekommt unser Hausmeister öffentliche Minuspunkte und lächelt ein Nachbar nicht freundlich genug, wird ihm Desinteresse an der Hausgemeinschaft unterstellt. Weiterlesen

Du Depp, Sie Depp, die Deppen

Herr Mu und ich sind jetzt per Du. In Bayern geht das manchmal ganz schnell und ohne, dass es einer dem anderen anbietet. Auf dem Berg zum Beispiel. Oder beim zufälligen Feststellen gleicher Interessen oder spontaner Sympathie. Noch häufiger auch bei ausgeprägter Antipathie. So ist eine Betitelung von „Sie Rindvieh“ selten und das „ess (3. Person Plural) Deppen“ weit geläufiger. Bei Herrn Mu und mir war es ähnlich.
Seit heute Nachmittag erleben wir hier in München einen, für die Jahreszeit nicht ungewöhnlichen Wintereinbruch mit dicken Flocken und einer auf den Gehwegen geschlossenen Schneedecke. Auf einer solchen rutschte eben Herr Mu aus. Ihm hat´s richtig die Füße weggezogen und ich hätte mir Sorgen gemacht, wenn sein Schimpfen nicht augenblicklich eingesetzt und reichlich derb erklungen hätte. Der Inhalt seiner Einkaufstaschen verteilte sich auf der weißen Pracht und ich dachte mir: „Du alter Depp!“ Ich dachte diese unfreundliche Formulierung, weil ich sah, dass er Birkenstock Schlappen trug und weil ich natürlich doch erschrocken bin und mir um den alten Herren Sorgen machte.

Erst als Herr Mu: „Du, gäh! Vorsicht! I gib da glei an oiden Deppen!“ rief, bemerkte ich, dass ich wohl laut gedacht hatte. Weil Herr Mu aber grinste, grinste ich auch und schimpfte ihn, seine Einkäufe einsammelnd, noch ein bisschen weiter aus, bevor ich ihm meinen Arm hinhielt und darauf bestand ihn nach Hause zu bringen. Mit den Schuhen im Schnee….recht intelligent sei das nicht, murmelte ich und schlenderte mit ihm gemeinsam zu seiner Wohnung. Dass Herr Mu, fast genau mir gegenüber wohnte, war mir neu und wir unterhielten uns so nett, dass ich nicht mehr auf den Schnee achtete und kurz vor seiner Haustür, fast der Länge nach hinfiel. Nur fast, denn Herr Mu, der sich bei mir untergehakt hatte, riss mich gerade noch nach oben. Jetzt war er mit dem Schimpfen an der Reihe. Er hätte nicht viel Ahnung von Schuhen, teilte er mir mit, aber dass das da an meinen Füßen nicht für Schnee geeignet war, würde auch er erkennen. „Aber sie g´falln da, oder?“ zog er mich feixend auf und bestand darauf, mich nun seinerseits, über die Straße bis zu meiner Wohnung zu begleiten, was ich rigoros ablehnte, indem ich mehrfach auf seine windigen Schlappen deutete.

Mein etwa achtzig Jähriger Nachbar, Herr Meier, kam vom Einkaufen und blieb neben uns stehen. Er sah uns kurz von oben bis unten an, blieb mit den Blick an unseren Schuhen hängen und murmelte: „Oana bläda wia da andere.“* Herr Meier geht die „Du“ oder „Sie“ Frage übrigens fast immer, indem er die Menschen einfach gar nicht direkt anspricht, sondern – direkt neben ihnen stehend – über sie spricht. Auch das ist in Bayern sehr beliebt.

*Einer dümmer als der andere

S´Wuggerl

„Schau, des Wuggerl do“, hat mich mein Nachbar Herr Meier eben auf dem Heimweg aufgehalten und mit einer Kopfbewegung auf ein kleines Kind gedeutet. Schaut lieb aus, sage ich und werfe einen Blick über meine Schulter zu dem Wuggerl, dem kleinen Mädchen, das mitten auf dem Gehweg sitzt und in seinem rosa Schneeanzug und der Bommelmütze fast verschwindet. Ich nicke Herrn Meier, der neben Herrn Mu an der Bushaltestelle in der Sonne sitzt zu und wende mich ab um nach Hause zu gehen. Herr Meier hält mich zurück. Ich soll nicht nur blöd schauen, sondern mich um das Kind kümmern, blufft er mich an und Herr Mu nickt. Ja, das wäre angebracht. Ich sei schon die fünfte die an dem Mädchen einfach vorbei geht und es ignoriert.  Heute Nachmittag habe ich frei und viel zu erledigen. Im Gegensatz zu meinen Nachbarn sind Nachmittag ohne Büro für mich ein Luxus, der genutzt werden möchte. Ich frage die alten Herren, warum sie selbst denn nur blöd schauen würden, aber in der Sonne hocken blieben. Der alte Meier holt Luft, aber Herr Mu kommt ihm zu vor. Mit einer Strenge, die ich an ihm noch nicht gekannt habe, schickt auch er mich zu dem Kind. Genervt mache ich kehrt und gehe die zwanzig Meter bis zum rosa Wuggerl zurück. Weiterlesen

Eine Leiche im Hinterhaus

Mit unserem Haus ist es ein wenig so wie mit Italien. Oder um die Himmelsrichtungen korrekt wieder zu geben, unser Haus ist wie Deutschland kurz nach der Wende. Es gibt den Osten, das Vorderhaus, und den Westen, das Hinterhaus. Man kennt sich, man mag sich, aber für die Probleme des anderen fühlt man sich nicht unbedingt zuständig. So ignoriere ich seit Wochen die immer dringlichen Hilferufe einer mir unbekannten Dame aus dem Hinterhaus. Dank der vielen Zettel im Aufzug bin ich bestens darüber informiert, dass einer aus dem zweiten Stock  in seinem Badezimmer Tauben füttert. Aber ganz ehrlich….es ist mir egal. Das spielt sich im Hinterhaus ab und ich wohne im Vorderhaus. Den Westen unseres Hauses betrete ich nur, wenn ich muss.  Heute musste ich. In meinem Flur liegt seit Tagen ein Paket für meinen Nachbarn Paul und ich ahne, dass sich der DHL Bote die Benachrichtigungskarte wieder einmal gespart hat. Mit dem Paket unter dem Arm betrete ich das Hinterhaus und fühle mich darin bestätigt, dass der vordere Teil doch viel schöner ist. Das sehen die meisten aus dem Vorderhaus so und deshalb wundert es mich, direkt neben Pauls Wohnung eine buntgemischte Ansammlung aus beiden Teilen des Hauses anzutreffen. Herr Meier steht in der Mitte und ich sehe meine direkte Nachbarin Judith fragend an. Die haben eine Leiche, informiert sie mich. Ich verschiebe die Paketabgabe und bleibe neugierig stehen. Weiterlesen

Herr Krüger wohnt bei Hasso

Im Aufzug steht ein Schäferhund. Ganz alleine steht er da, als ich im zweiten Stock zusteigen möchte. Er schaut und weil er saublöd im Weg rum steht, sage ich: „Steh um.“ Das ist die bayerische etwas ruppig Aufforderung, doch bitte zur Seite zu gehen. Sehr gängig ist sie nicht. Mein Vater zum Beispiel, nutzt sie nur, wenn ihm einer, den er gut kennt und bei dem Höfflichkeitsfloskeln nicht mehr nötig sind, im Weg herum steht. Eigentlich sagt er es nur zu meiner Mutter und mir. Der Schäferhund scheint es trotzdem zu verstehen und geht einen Schritt rückwärts nach hinten. Weil es nicht weit genug ist und ich einen Korb Wäsche in den Armen halte, schubse ich ihn sanft mit dem Oberschenkel weiter in den Lift und steige ein. Beim Schließen der Türen fällt mir ein, das ein deutscher Schäferhund auf der Liste als eine potentiell gefährliche Rasse geführt wird und überlege ob man dieses Exemplar womöglich aufgrund seiner Gefahr für die Hausgemeinschaft im Lift ausgesetzt hat. Da ich aber Aufzüge ebenfalls für potentiell gefährlich halte und die Türen bereits geschlossen sind, denke ich nicht weiter darüber nach. Trotzdem wünsche ich dem Hund ein schönes Wochenende als ich im Keller aussteige. Weiterlesen

Eine Giesinger Schande

Das Stehen fällt Herrn Mu schwer. Die Knie wollen seinen massigen Körper nicht mehr so recht halten und schmerzen bei längerem Stehen. Trotzdem steht er jetzt an diesem Samstagnachmittag schon eine ganze Weile bewegungslos vor einem Zaun und schaut auf einen Haufen Schutt. Einen Tag zuvor stand an dieser Stelle noch ein denkmalgeschütztes Haus. Dass man es abgerissen hat, wusste ich dank meines Nachbarn, Herrn Meier, schon seit Freitagabend. Nur glauben konnte ich es nicht. Ein denkmalgeschütztes Haus kann man ja nicht so einfach abreißen. Noch dazu nicht ein solches, dessen Geschichte ein Teil unseres Viertels ist. War, korrigiert mich Herr Meier und zuckte mit den Schultern. Weg sei es, sagte er und weiter, dass man so viel Dreistigkeit bewundern müsste, wenn es nicht gar so traurig wäre. Wie traurig es wirklich ist, wird mir erst bewusst, als ich am Samstagnachmittag neben Herrn Mu und einigen andern Nachbarn vor dem Schutthaufen stehe. Es ist nur schwer zu begreifen, dass eines der denkmalgeschützten Handwerkerhäuschen aus dem 19. Jahrhundert abgerissen wurde. Dabei sollte es doch eigentlich nur saniert werden.
Frau Obst, die neben mir wohnt, ist an diesem Nachmittag außergewöhnlich still. Nachdenklich blickt sie auf die Trümmer und murmelt unverständliches vor sich hin. Unverständlich ist die Dreistigkeit dieses Abrisses in der Tat. Schon am Donnerstagnachmittag rückten Arbeiter einer Baufirma mit einem Bagger an, rissen ein Loch in die Fassade und begannen das Dach abzudecken. Nur weil sich Anwohner aus den benachbarten Häusern in den Weg stellten und einer die Polizei rief, konnte der Abriss gestoppt werden. Die Giesinger atmeten auf. Liegt ihnen ihre Grasstraße, ein Teil der Feldmüllersiedlung, einer frühen Arbeitersiedlung für Tagelöhner und Handwerker, doch sehr am Herzen. Die kleinen Häuschen stehen dort dicht an dicht und die Straßen mit ihrem Kopfsteinpflaster sind schmal. Biegt man hinter der Kirche ab, ist man in einem Teil von Giesing, der sich über all die Jahrzehnte den dörflichen Charakter bewahrt hat. Und jetzt ist eines der Häuser weg. Weil mich das Gemurmel der alten Obst nervt, bitte ich sie, doch etwas deutlicher zu sprechen. Ungewöhnlich zahm, tut sie das dann auch und berichtet, dass am Freitagnachmittag eine Handvoll Arbeiter zur Baustelle zurück kehrten und das kleine Haus mit dem Bagger in nur 20 Minuten völlig zerstörten. Andere Anwohner schalten sich ein. Ein Witz sei es gewesen – wenn’s halt nicht so traurig wäre – als der Baggerführer nach getaner Arbeiter zu Fuß flüchtete und man zwei weitere Arbeiter an der Ecke „Schmiere“ stehen sah. Ob es zu Ermittlungen kommt weiß man nicht. Aber das Häuschen in der Grasstraße 1 ist weg. Anstelle der eingereichten Anträge zur Sanierung des Gebäudes wurde es einfach abgerissen. Frei nach dem Motto: Es ist zwar verboten, aber weg ist weg. Dann zahlt man halt eine Strafe. Weiterlesen

Giesinger Tauschgeschäfte

„Woin´S a Zwetschgnrohrnudel?“, ob ich eine Zwetschgen Rohrnudeln wollen würde, fragte mich Herr Mu heute morgen an der Bushaltestelle. Weil ich bei dreißig Grad schon am frühen Morgen bei solchen Angeboten etwas misstrauisch bin, erkundigte ich mich, wie lange er die Zwetschgenrohrnudeln schon in den Tiefen seiner Tasche mit sich herumschleppte. Herrn Mu kann man so etwas fragen. Herr Mu ist nie beleidigt und grinste auch heute morgen. Ohne zu antworten, beugte er sich über die große Plastiktasche und teilte mir mit, dass ich gleich schlecken und juchzen würde. Die Zwetschgenrohrnudeln sein nämlich von der alten Huber. Ich kenne die alte Huber nicht, aber Zwetschgenrohrnudeln von alten Frauen sind eigentlich immer besser, als die vom Bäcker. Als Herr Mu sich wieder aufrichtete, war ich mir sogar sicher, dass die Rohrnudeln etwas besonders feines waren. Sie waren nämlich in Pergamentpapier eingeschlagen und nicht in eine lieblose Plastikdose geworfen worden. Ich nickte. Ja, so eine Zwetschgenrohrnudel nahm ich gerne. Herr Mu reichte mir eines der Prachtstücke und ich bot ihm einen Tausch an. Da er für mein Mittagessen gesorgt hatte, konnte ich ihm leicht das meine abtreten. Rohrnudel gegen Kichererbsensalat. Herr Mu verzog den Mund und schüttelte den Kopf. So etwas gesundes würde er nicht essen. Einen Mann wie Herrn Mu muss man aber nur lange genug ansehen und er knickt ein. Nach zwei Atemzügen nahm er meine lieblose Plastikdose und versprach, den Salat wenigstens einmal zu probieren. Die Dose verschwand in seiner Plastiktüte und mir fiel ein, dass ich vergessen hatte beim vietnamesischen Backshops eine Pfandflasche zurück zu geben. Eine Entscheidung die ich schnell bereute. Weiterlesen