Wenn Frau Obst sich in den Waschkeller begibt, dann ist sie auf Krawall gebürstet. Eigentlich hätte sie hier unten nämlich nichts zu suchen. Sie besitzt sowohl eine Waschmaschine als auch Trockner in ihrer Wohnung. Das weiß ich, weil sie beides mit Vorliebe am frühen Samstagmorgen laufen lässt und mich gerne daran erinnert, dass nur faule Menschen am Samstag ausschlafen. Ausschlafen ist allenfalls am Sonntag erlaubt – sofern man den Kirchgang am Vorabend bereits hinter sich gebracht hat. Frau Obst ist in dieser Beziehung eine klasse Theoretikerin. Praktisch ist sie schon vor Jahren, nach einem Disput mit dem Chorleiter ihrer Gemeinde aus der katholischen Kirche ausgetreten. Der Herrgott würde es ihr nachsehen, erzählte sie. Er, mit dem sie recht eng verbunden ist, hätte zweifellos Verständnis dafür, dass sie unmöglich an einem Gottesdienst teilnehmen könne, der musikalisch von einem Kinderchor untermalt wird, der von einem geschiedenen Mann geleitet wird. Sodom und Gomorra. Der Besuch der anderen nur eine Trambahnstation entfernten Kirche ist selbstverständlich keine Alternative. Wenn Frau Obst also den Waschkeller aufsucht, dann nur weil sie schlechte Laune hat und ein Opfer sucht, an dem sie selbige auslassen kann. Weiterlesen
Eine Unverschämtheit
