Überholt

Ganz leise und ohne großes Tamtam haben sie mich überholt. Zuerst der Älteste – das war zu erwarten. Er stellte schon als Winzling die meisten Fragen und hatte als ältester von vieren am schnellsten Antworten auf Fragen, die nicht oft nicht gestellt werden mussten, parat. Bei ihm bemerkte ich es das erste Mal, das Auf- und Überholen eines jungen Geistes, an dem ein mittelalter sich besser nicht misst. Gerade volljährig hätte er mich mit spielerischer Leichtigkeit an die Wand diskutiert. Vielleicht in dem er seine Meinung vertreten hätte, vielleicht aber auch indem er aus purer Neugier das Gegenteil seiner eigenen Überzeugung vertreten hätte. Nicht um zu brüskieren, vielleicht um ein wenig zu provozieren, aber in erster Linie um dem was ihm interessiert auf die Spur zu kommen. In diesen Jahren habe ich ihm gerne zugehört. Mit Tantenstolz überzeugt, dass er seinen Weg gehen wird. Er geht ihn und wird ihn weiter gehen. So wie sie alle längst ihre Wege eingeschlagen haben. Bei den jüngsten beiden weiß ich nicht in welche Richtung es gehen wird, aber jede noch so kleine Begegnung mit ihnen, lässt mich mit Gelassenheit abwarten. Gelassen und gespannt. Acht Nichten und Neffen stehen mir besonders nahe und acht mal ist es das gleiche Gefühl – gespannt und gelassen, weil jeder von ihnen noch immer so wunderbar wie am Tag seiner Geburt ist. Sie müssen beachten, dass ich das große Glück der Tante habe. Sämtliche Diskussionen und Pubertätsbegleiterscheinungen blieben mir erspart. Ich darf einfach nur genießen und die Rosinen aus den Kinderkuchen picken. Ich sehe Kinder, die zu Erwachsenen werden und bei einem nach dem anderen kommt der Tag an dem ich merke, dass sie mich überholt haben. Das ist ein wunderbares Gefühl und macht mich stolz. Tantenstolz – die fehlgeleitete Annahme, dass diese Kinder alle auf wundersame Weise von mir etwas mitbekommen haben. Irgendetwas, das mich berechtigt, mir ihre so wunderbare Entwicklung mit auf die Fahne schreiben zu dürfen. Es sind kluge Kinder, denn sie widersprechen mir nicht, wenn ich behaupte, dass sie das eine oder andere von mir haben. Kinder, die keine mehr sind.

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Reiß dich zusammen, sagt das Kind

Das Kind aus der Verwandtschaft, das längst kein Kind mehr ist erkundigt sich ob es Dienstag Nacht bei mir übernachten kann. Ich wohne so schön zentral, da bietet sich das – für das Kind – an. Da ich die 40 überschritten habe und meinen Schlaf brauche, passt es mir unter der Woche überhaupt nicht, weil man ja nicht weiß wann das Kind, das kein Kind mehr ist in die Wohnung torkelt und die Klingel benutzt weil die Suche nach dem Schlüssel in den Tiefen des Rucksacks zu anstrengend ist. Nein unter der Woche bitte nicht, da bin ich mittlerweile raus. Weiterlesen

Nicht petzen

Kinder mochte ich schon immer. Als ich selbst eines war uns seit ich keines mehr sein darf, noch viel mehr. Wenn Sie selbst welche haben, dann muss ich Ihnen nicht erklären, wie unglaublich schön sich ein Beinchen oder Ärmchen von einem vier Monate alten kleinen Bündel Leben anfühlt. Wenn Sie noch nie eines gestreichelt haben, dann müssen Sie mir glauben, dass sich Haut nie wunderbarer anfühlt als in den ersten Lebensjahren. Nein, auch nicht die von einem Menschen, den Sie sehr lieben. Ein Kind liebt man anders. Vielleicht nicht mehr, aber irgendetwas in unseren Genen sorgt dafür, dass wir im Zusammenhang mit einem kleines Kind, zu dem wir eine Bindung haben, selbstloser und furchtloser handeln als für unsere besten Freunde. Die kommen schon irgendwie klar, wenn der Kampfhund des Nachbarn von der Leine gelassen wird. Da stellen wir uns mal besser nicht in den Weg. Bei einem Kind denken wir nicht mal darüber nach. Den Köter machen wir platt. Mit links. In fremde Streitgespräche mische ich mich nicht ein. Auch nicht in die meiner erwachsenen Geschwister. Nach zwei, drei Jahren, reden die schon wieder miteinander. Ein bisschen Ruhe schadet ihnen und mir nicht. Macht jemand meine Nichte blöd an, dann nehme ich das persönlich. Auch wenn sie schon einen Führerschein hat. Wer ihr blöd kommt, hat ein Problem mit mir. Bei den kleinsten meiner Nichten und Neffen werde ich zur Löwentante und schalte mögliche Angreifer verbal aber notfalls auch mit vollstem Körpereinsatz aus. Ich mag Kinder wirklich und kann super mit ihnen umgehen. Die wissen das auch. Nur die Eltern, die sehen mich manchmal etwas komisch an. Weiterlesen

Wir sind vier

Wir sind vier. Meine drei Geschwister und ich. Ich bin die Jüngste. Monika ist neun Monate älter, Florian drei Jahre und Regina ganze fünf Jahre. Falls Sie sich fragen wie meine Mutter es hinbekommen hat, zwei Kinder im Abstand von nur neun Monaten zu gebären müssen Sie sich nicht den Kopf zerbrechen, denn das hat sie nicht. Sie stellte das Gebären nach mir ein und ich musste sehen, wie ich zu Geschwistern komme. Weiterlesen

Pizza Diavolo für das Kind

Sind Sie Eltern von Kleinkinder im Krabbelalter oder darunter? Spielen Sie mit dem Gedanken Ihr Goldstück am Wochenende erstmals einem kinderlosen Babysitter zu überlassen? Vielleicht sollten Sie diesen Text dann nicht lesen. Es ist besser, Sie heben sich den Beitrag auf, bis Ihr Kind ein robustes Alter von etwa 25 Jahren erreicht hat. Rückblickend können Sie sich dann für Ihren Mut auf die Schulter klopfen. So wie meine furchtlosen Schwestern, denen ich die Details dieses Erfahrungsberichtes erst heute zumute. Weiterlesen