Zwölf Monate Rosen und Schornsteine – Juli

Mein Rosengarten zeigt sich von seiner schönsten Seite. Kein einziges Regenbild bisher. Schon im Mai und Juni stand ich schwitzend an der Stelle, von der aus ich an jedem letzten Sonntag im Monat das Foto mache – heute ist es noch heißer. So heiß, dass ich schnell und fast im vorbei gehen das Foto mache und mich dann in den Schatten setze. Die Bänke sind besetzt, aber das ist egal. In einem Anflug von Wahnsinn, bin ich heute morgen in eine enge Jeans geschlüpft. Sie verträgt es, dass man sich mit ihr in den Kies setzt. Heute ist es zu heiß für Oliven. Die Kerne schlummern tief im Boden und erinnern mich heute nicht an dich. Ich stehe nicht über ihnen im Gras, sondern sitze in der hintersten Ecke des Rosengartens unter einer der schönen Trauerweiden. Es ist sogar zu heiß, um zu der Stelle zu blicken, an der die Kerne vergraben sind.  Nicht, weil ich nicht an die Kerne denken möchte, sondern weil die Sonne dort zu grell scheint. Lieber schließe ich die Augen und höre der Hitze beim Flimmern und Flirren zu. An besonders heißen Tagen kann man sie nämlich hören – die Hitze. Hier im Rosengarten vermischt sie sich mit lautem Kinderlachen, weil das Freibad nur wenige Meter entfernt ist. Und hier, unter der Trauerweide, riecht der Sommer nach Chlor, Würstchen, Eis und verdorrtem Gras. Es ist das erste Ferienwochenende. Und es hat 33 Grad. Das ist mein Stichwort. Wenn ich nicht sofort ins Wasser komme, kollabiere ich. Morgen bekommen Sie die Erzählung, die ich eigentlich heute Abend schreiben wollte. Morgen. Jetzt muss ich ins Wasser.

 

Juni

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Mai

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April

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März
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Februar
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Das Zeilenende schrieb im Februar auf seinem Blog: „Zwölf Monate lang begleite ich ein Motiv. Es springt einmal im Monat vor die Kamera und lässt den Augenblick für die Ewigkeit gefrieren. Am letzten Sonntag im Monat werfe ich einen Blick auf das Bild: Was hat sich verändert, was bleibt gleich?“ und lädt zum  mitmachen ein.

Ich schulde einem, der es selbst nicht mehr sehen kann, die Fortsetzung einer Momentaufnahme.

Weiter Teilnehmer sind bei Zeilenende aufgelistet. Alles was ich bisher gesehen habe ist sehens-, lesens- und sogar hörenswert dank eingefügter Klangbilder.

 

 

Zwölf Monate Rosen und Schornsteine – Juni

Denk an die Rosen, höre ich dich leise flüstern und nicke. Natürlich denke ich an die Rosen. Hier oben auf dem Tisch vor unserer Hütte standen sie. Es war der größte Blumenstrauß den man mir je schenkte und auch der seltsamste. Die prächtigen, blutroten, langstieligen Rosen passten nicht zu mir und der Maßkrug der als Vase diente, passte nicht zu den edlen Blumen. Dass es auch für dich nicht passte, war leicht zu erkennen. In deinem Gesicht spiegelte sich eine Mischung aus Irritation und Ärger. Das gemurmelte Idiot, ließ erahnen wer die Blumen auf den Tisch gestellt hatte. Weil ich immer behaupte, Blumen nur auf der Wiese zu mögen und mich doch über Sträuße freue, hattest du deinen Bruder gebeten, schon am Vortag einen zu besorgen und zur Hütte zu fahren. An diesem Geburtstag bekam ich zwei Blumensträuße. Dein Bruder fuhr für dich ohne mit der Wimper zu zucken eine Stunde über die Autobahn um einen Strauß Blumen im Wald abzustellen. Er nutzte aber ebenso gerne die Gelegenheit, dich seine Art von Humor spüren zu lassen. Neben den völlig übertriebenen Rosen, stand ein kleiner, wohl selbst gepflückter Strauß Wiesenblumen in einer hübschen, dezenten Vase. Daneben eine Karte: „Rosen sind für Anfänger. Alles Gute zum Geburtstag. Wenn er dir auf die Nerven geht, ruf mich an.“ Weiterlesen

Dummheiten

Er sei sich nicht sicher, was er von einer Frau halten würde, die Oliven auf eine so seltsame Art essen würde. Das war ein dummer Gedanke, denn ich war bereits nicht nur eine, sondern seine Frau und ich sagte ihm, dass es längst zu spät war, diese Tatsache in Frage zu stellen. Er wollte wissen, wann es zu einer Tatsache geworden war, da er sich nicht daran erinnern konnte, jemals eine Entscheidung getroffen zu haben. Auch das war dumm gedacht, erklärte ich geduldig zwischen zwei Oliven. Eine Bindung zwischen zwei Menschen wurde nicht durch eine rationale Entscheidung der Beteiligten geschaffen. Sie wurde einem in den Bauch gepflanzt und verhielt sich so lange still, bis man sein Gegenstück traf und sich dann für den Rest des Lebens nicht mehr trennte. Beim „Rest des Lebens“ verschluckte er sich und machte einen albernen Scherz ob er mich nun wirklich nie wieder loswerden würde. Weil ich nicht lachte, hörte auch er auf und sah mich ruhig an. Das konnte er besser als ich. Jemanden ruhig in die Augen sehen und dem Blick nicht ausweichen. Irgendwann nickte er. Gut, dann hätte die Suche ja nun ein Ende und er hätte die Frau seines Lebens gefunden. Nur der Zeitpunkt sei etwas unglücklich, da er sich bereits in einer Beziehung befand. Wieder lachte er. Ich nicht. Er war wirklich dumm. Weiterlesen