Das Hinterhaus ändert sich. Es wird lauter und gleichzeitig wird es anonymer. Eine Kombination, an die ich mich erst gewöhnen muss. Dass es lauter wird, stört mich nicht. Im Vorderhaus wohne ich über der Kneipe und bin an Krach gewöhnt. Ungewohnt ist, dass ich die Geräusche im Hinterhaus seit einiger Zeit keinem einzelnen Bewohner mehr zuordnen kann. Vor ein paar Jahren, wusste ich bei Torjubel genau, dass Herr Bender sein kleines Radio mit auf den Balkon genommen hat, um Bundesligaspiele bei Dosenbier und Zigarillos zu genießen. Der scheppernde Radio (der Radio….wir befinden uns in Bayern) klang nicht besonders schön. Schön war es aber zu wissen, dass Herr Bender auf dem Balkon und nicht im Krankenhaus war, wo er in seinen letzten Jahren viel zu oft lag. Ähnlich ging es mir mit den sanften Klassiktönen, die aus Frau Wolfs Wohnung erklangen. Für meinen Geschmack hätte sie ihre Platten ruhig bei offenem Fenster hören können – Bach und Beethoven vertragen sich wunderbar mit Frühlingsabenden. Außerdem schienen sie Franziska M. zu beruhigen, die in ihren letzten Jahren Demenzkrank häuftig polternd und schimpfend auf dem Balkon stand und über neuzig Jährig mit ihrer längst verschiedenen Mutter stritt. Alle drei sind mittlerweile gestorben. Mit ihnen ist die für sie typische Geräuschkulisse verschwunden. Es sind nicht nur die Alten, die aus dem Hinterhaus verschwinden, sondern auch die Jungen. Mein Nachbar Paul aus dem Hinterhaus meint, das sei völlig normal.
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