Corona Home Office XXIII – Ende

Heute ein letztes Mal Corona Home Office – Zwischen Muse und Wahnsinn. Obwohl weder Muse noch Wahnsinn enden und ich für nicht absehbare Zeit weiter viel Zeit im Home Office verbringen werde, sind 23 Artikel erst einmal genug. Mitte März hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass das was mit einer kurzen E-Mail begann ganze sieben Wochen dauern würde. 

Keiner der Menschen, die mich die letzten sieben Wochen begleitet haben, weiß wie es in den nächsten Monaten weiter gehen wird. Paul arbeitet weiter von zu Hause, nachdem er seinem Chef gestern mitgeteilt hat, dass er die Notwendigkeit physischer Anwesenheit als nicht mehr gegeben sieht, und ist damit durchgekommen. Was auch immer kommt, Paul hat sich ein Stück Freiheit erkämpft. Und das in Zeiten, in denen uns genau jene auf so vielfältige Weise genommen wurde. Zwei aus dem Hinterhaus sind jetzt arbeitslos und eine Handvoll in Kurzarbeit. Gestern, bevor es zu regnen begann, haben wir mit einer großen Portion Galgenhumor auf unseren Balkonen darauf angestoßen. Prost! Auf die Arbeitslosigkeit, die Kurzarbeit und die Ungewissheit was uns in diesem Jahr noch erwarten wird. Cheers – wenn´s richtig eng wird, dann hilft nur noch Lachen. Auch wenn es schmerzt, das Lachen, das sich auf Höhe der unteren Rippen wie eine Prellung anfühlt und ein wenig arg rau klingt. Wir sind in den letzten Wochen zusammen gewachsen und ich werde noch weiter für Frau Angermeier und Frau Obst zum Einkaufen gehen. Virus hin oder her, die beiden sind zu alt um Taschen zu schleppen und sollen sich lieber auf eine Bank in die Sonne setzen. Dass sie das mit zwei Metern Abstand tun müssen, aber jetzt wieder können, ist ein Fortschritt der bitter schmeckt. In nur sieben Wochen ist es normal geworden, dass wir Abstand halten. In jedem Laden steht es an der Tür, im Supermarkt wird jedem Kunden an der Kasse mittels Bodenmarkierung gezeigt wo er zu stehen hat und manch einer wechselt freiwillig die Straßenseite wenn ihm einer entgegen kommt. Schönes neues Leben! Prost! 

Nichts ist sicher, alles ist anders und eine neue Phase beginnt. Wir haben alle durch und widmen uns jetzt der letzten: Muss ja weiter gehen, heißt sie. Pünktlich dazu hat es gestern nach sieben Wochen auch wieder richtig geregnet. Nötig war es und die Luft im Regen ist klarer und frischer. Auch das passt. Wie der neue Monat. Übermorgen Mai. Der macht ja alles neu. Neu auch das Regal in meinem Wohnzimmer. Wenn schon keine Besuche bei den Liebsten in Italien, dann etwas anderes schönes. Schöner Scheiß, motze ich Paul über FaceTime an, weil es sich entgegen der Angaben eben nicht leicht, problemlos und ohne Werkzeug aufbauen lies und irgendeiner – notfalls der Nachbar – Schuld sein muss. Mittlerweile dürfen auch wir in Bayern eine Person die nicht zum Hausstand gehört treffen – verantwortungsbewusst versteht sich. Natürlich, das verstehen wir und deshalb fiel ich Paul auch nicht um den Hals, als er mir das blöde Ding aufbaute und deshalb drehte er mir nicht den Hals um, als ich ihm zwei Stunden lang erklärte, dass er es falsch machen würde. Wir lächelten uns nur kurz an, als es stand und das ohne Mundschutz, was heutzutage doch schon fein ist. Nein, das klingt ein wenig zu bitter. Zuversichtlich bleiben steht auf der Postkarte, die mir der beste meiner Freunde geschickt hat. Wenigstens das.

Wir werden sehen was uns der Mai bringt. Die Stornierung des nächsten Zugtickets nach Italien schon mal sicher. Dann eben das dritte schweren Herzens zurück geben und sich wieder wundern, dass wir tatsächlich geschlossene Grenzen haben. Geschlossene Grenzen in Europa, das darf kein gewöhnlicher Gedanke werde. Zuversichtlich angemerkt aber, dass der, den ich besuchen wollte, mir in den letzten sieben Wochen noch näher rückte, als er es eh schon war. Er und große Teile der Menschen, die mir mir in einem Haus leben. Wenn es eng wird, hält man zusammen. Das wird vermutlich so bleiben und das ist ein wirklich großes Glück. Auch das hätten wir vor sieben Wochen nicht gedacht.

Corona Home Office, endet jetzt. Hier – im echten Leben geht es weiter. Auch der Wahnsinn geht weiter. Vielleicht schwächt er sich ab, vielleicht auch nicht. Bleiben Sie zuversichtlich. Ich räume jetzt mein neues Bücherregal ein. Es wird mich – wann auch immer sie enden wird  – an eine verrückte und seltsame Zeit erinnern. 

17 Gedanken zu “Corona Home Office XXIII – Ende

  1. Ich werde diese wunderbaren Berichte vermissen. Und ich hoffe, Dein Blog geht dennoch weiter. Auch bei mir ist etwas die Puste raus, und ich wende mich innerlich wieder anderen Themen zu, obwohl Corona das Leben hier weiterhin maßgeblich bestimmt, im Job – in der Wohngruppe- in der nichts ist wie es war und sich so schnell auch nicht wieder öffnen wird, wie im Privatleben, wo die Kinder nach wie vor zuhause sind und die Freunde vermissen. Und das tue ich auch. Liebe Mitzi, Danke, und viel Freude am Regal. (Ich gehe gerade auch online shoppen und bestücke Opas Schrebergarten; ein fragwürdiger Spaß, aber ein Spaß). Alles Gute erstmal.
    https://beatekalmbach.home.blog/corona/

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    1. Ich schreibe natürlich weiter und auch Corona und meine Nachbarn werden weiter eine Rolle spielen. Zunächst ändert sich an meinen Tagen auch nicht viel. Ich wollte das blöde Virus nur nicht mehr dauernd im Titel haben und langsam auch hier wieder ein Stück Normalität einziehen lassen. Alles Gute auch dir – lesend treffen wir uns sicher weiter bei dir oder bei mir
      Liebe Grüße

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  2. Durch mein inneres ungemütliches Gefühl, das sich vor gut eineinhalb Wochen eingeschlichen hat und dabei ist sich auszubreiten, ringe ich nach Worten. So, jetzt auch bei dir, liebe Mitzi. Beim Lesen kam es wieder auf, es zeigt sich durch eine Enge im Hals, auch wenn du kleine Momente der Freude in deinen Bericht einwebst, bleibt es ungemütlich.
    Du weißt, ich bin gerne zuversichtlich, aber das klappt gerade nicht mehr so wirklich und es ist nicht das Virus, sondern wie es das Leben und die Menschen und ihre Schicksale verändert! Es ist die Ungewissheit gegenüber der Entwicklung und der damit einhergehende wachsende Unmut von manchen Menschen.
    Es ist die Überforderung der Komplexität dieses Themas gerecht zu werden.
    Prost Mitzi,
    es grüßt dich von Herzen Ulli, die Nachteule …

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    1. Hallo du liebe Nachteule, das mit der Zuversicht ist so eine Sache. Selbst wenn man will und wenn es eigentlich zum eigenen Charakter gehört ist es manchmal schwer bis unmöglich genau das zu bleiben. Wenn so vieles sich ändert, wegbricht und neue Probleme hervorbringt, dann wird es mehr als „nur“ ein Virus.
      Ich denke an dich. Fühl dich umarmt und ich hoffe sehr, dass bald Licht am Ende des Tunnels kommt.

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  3. deine home office corona berichte werden mir fehlen. sie sind irgendwie einer der wenigen schönen bestandteile dieser seltsamen zeit geworden. über das, was von dieser zeit bleiben wird, hab ich mir auch schon viele gedanken gemacht. als wären nicht ohnehin die menschen in unseren beiden ländern schon immer sehr auf distanz bedacht gewesen… wobei in manchen bereichen normalität gerade mit einer seltsamen wucht zurückzukommen scheint… nämlich das spalten der bevölkerung durch die politik. meine euphorie vom anfang, dass alle einmal zusammenstehen, ist da in den letzten tagen wieder ein wenig in sich zusammengefallen. aber wir werden sehen. hoffen wir, dass die lockerungen funktionieren und wir uns dennoch schritt für schritt wieder auf ein reales, physisches leben zubewegen…

    ich denk an dich meine liebe. und zur nächsten lesung, die du machen darfst, werde ich kommen, wenn sie mich raus und rein ins land lassen ❤

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    1. Ich glaube die Texte werden sich nicht ändern. Corona, Home Office und all die Auswirkungen die wir erst noch erfahren werden (positiv wie negativ) bestimmen sicher auch weiter die Texte. Ich wollte das Wort nur nicht mehr im Titel haben. Nicht dauern. Ein bisschen Normalität wieder und die Hoffnung, dass die bleibt und wir nicht wieder zurück müssen in einen strengeren Lockdown. Hier in Bayern gilt die Ausgangsbeschränkung noch bis 11 Mai (oder 14ten?). Ich verfolge was in den Nachbarländern passiert und hoffe dass es bald wieder möglich wäre auf einen Sprung dort hin zu können. Einfach nur zu können, das wäre ein schönes Gefühl. Die Politik….es wäre schön, wenn da etwas positives rausgekommen wäre. Ich empfinde es leider auch ähnlich wie du.
      Eine Umarmung und viele Grüße

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      1. das kann ich gut verstehen. worte sind mächtig, je nachdem, ob man sie verwendet oder nicht, sie bewirken was und sei es „nur“ ein gefühl…
        oh ja, das wäre schön, aber bis das möglich ist, wird vermutlich noch einige zeit vergehen…
        und alles andere… werden wir ebenfalls sehen.
        ich umarme dich aus der ferne ❤

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