Männer und Frauen im Supermarkt

Obwohl ich heute bereits zweimal einkaufen war, gehe ich jetzt um kurz nach 4:00 Uhr schon wieder in der Supermarktkasse. Der Milchreis ist mir ausgegangen und heute Abend brauche ich ihn ganz dringend. Den ganzen Tag schon ist mir kalt und obwohl die Heizung aufgedreht ist, werde ich nicht richtig warm. Am Morgen ging es noch, ich drehte eine Runde mit dem Hund. Es war schön mit der Fellkugel durch den Wald zu laufen und an nichts denken zu müssen. Das kann ich gut. An nichts denken. Und doch habe ich heute die ganze Zeit gedacht. Gedacht, dass ich es nicht verstehe. Das Gericht von Eugen Gomringer. Oder, dass ich es womöglich durchaus verstehe, aber mir nicht verständlich ist wo in diesen wenigen und zugleich sehr schönen Worten Raum für Sexismus oder ein befremdliches Frauenverständnis sein soll.  Auch fällt es mir in diesen Tagen schwer manches zu verstehen, was Bekannte oder fremde in den sozialen Medien zu diesem Thema, abseits des Gedichtes, schreiben. Ein paarmal in den letzten Tagen, bin ich unabsichtlich aber schwungvoll, in ein Minenfeld gesprungen. Habe unter einen öffentlichen Post oder im Rahmen eines Abendessens mein Unverständnis geäußert. Dürfen Frauen nicht mehr schön sein? Eine Frau schön zu finden, bedeutet doch nicht sofort ihr Intelligenz abzusprechen. Mein nicht verstehen, wie es funktionieren soll klare Grenzen zu setzen und trotzdem gerne, häufig und ganz bewusst mit dem Klischee das zerbrechlichen und leicht naiven Frauchens zu spielen. Man verbrennt sich leicht, wollte ich anmerken – und es lag mir fern das übergriffige und nicht zu entschuldigen der Verhalten eines Vollidioten in irgendeiner Form zu rechtfertigen. Viel zu schnell wurde das zu oft zitierte Beispiel einer einen Minirock tragenden Frau auf den Tisch geworfen. Verdammt noch mal, habe ich mich an diesen Abenden aufgeregt, die Frage sollte sich überhaupt nicht mehr stellen, ob man irgend ein Kleidungsstück nicht tragen kann, soll oder darf. Frau darf, kann und soll alles tun, was sie möchte. Nur vielleicht das Denken nicht komplett abschalten, und sich bewusst sein, dass eine Hand an einer männlichen Schulter und ein allzu bewundern der Blick, nur um das Wischwasser beim Auto aufgefüllt zu bekommen, vielleicht doch die falschen Signale sendet und man mit diesen Signalen an einer Tankstelle gut umgehen kann, in einer Bar oder nachts auf dem Weg zu seinem Auto, womöglich aber doch ein Problem bekommt, das ist nicht Wert gewesen ist jemanden zu becircen, nur damit er einem an der überfüllten Bahn nach vorne lässt oder gar den Drink bezahlt. Emanzipiert genug sei ich vielleicht doch nicht, hörte ich und möchte gar nicht einmal widersprechen. Emanzipiert genug sind wir und ich noch lange nicht, da auch ich in manchen Momenten mit meiner Weiblichkeit spiele und gerne behaupte eine Frau zu sein. Nicht weil es nicht den Tatsachen entspräche, sondern weil ich es mir damit manchmal schlecht und einfach auch sehr leicht mache.

Auch an der Supermarktkasse denke ich an diese Gespräche und drehe mich in Gedanken im Kreis. Die vielen Menschen in der Schlange vor der Kasse gehen mir auf die Nerven. Ich bin in Gedanken und empfinde es als unangenehm, wie man mir so dicht auf die Pelle rückt. Der Mittelweg zwischen dem Spiel mit den eigenen Reizen, Verführung, dem Wissen, dass Männer keine Hellseher sein können und dem viel zu oft auftretenden Fehlverhalten mancher Männer wenn sie Grenzen überschreiten, die selbst bei Verführung und dem Spiel mit den Reizen ein absolutes no go sind, erscheint mir kompliziert. Ich gehe einen Schritt nach vorne weil ich es nicht mag wenn jemand so dicht hinter mir steht und empfinde es als unverschämt, dass der blöde Kerl sofort ebenfalls einen Schritt nach vorne macht. Nächste Woche werde ich den aktuellen Diskussionen auf dem aus dem Weg gehen. Viel zu oft werde ich falsch verstanden, wenn ich versuche zu erklären, dass ich das Verhalten von manchen Männern nicht rechtfertigen möchte und entsetzt über die Vielzahl sexueller Übergriffe bin und gleichzeitig, vielleicht naiv, auch glaube dass eine Frau sich in vielen Fällen durchaus schützen kann. Dann, wenn die Übergriffe noch ein Niveau haben, an dem man sich wehren kann. In Situationen, in denen es noch nicht zu spät ist. Momente, in denen wir Frauen noch immer viel zu oft einfach nur den Mund halten. Wieder rücke ich nach vorne, während ich mir selbst widerspreche und gedanklich anmerke, dass man manchmal eben doch keine Chance hat. Und wieder steht der Vollidiot sofort wieder so dicht hinter mir, dass ich ihn fast mit meinem Hintern streife. Streifen muss.  Frau Peter, meine Nachbarin, ruft meinen Name. Ich drehe mich um. Möchte ihr sagen, dass ich warte und ihr mit den Einkäufen helfe und stoße mit dem Gesicht gegen eine fremde Brust. Ärgerlich schiebe ich mich seitlich an ihm vorbei, nicke ihr zu und empfinde es als äußerst unangenehm zwischen der vor mir stehenden Frau und dem blöden Typen eingeklemmt zu sein. Zumal hinter ihm fast ein Meter Platz ist.

Frau Peter drängelt sich nach vorne. Sie fragt nicht, schiebt ihren Gehwagen zwischen mich und den dicht hinter mir Stehenden und scheert ohne ein Wort zu sagen ein. Draußen sagt sie mir, dass sie solche Männer schon früher dick hatte. Sie lacht und drückt mir dann ohne zu lächeln ihre Tüten in die Hand. Eine Schande sei es, dass wir noch immer den Mund halten würden. Wir, das bin ich. Sie nicht. Frau Peter hat längst gelernt den Mund aufzumachen. Während ich ihr die Tüten zur Wohnung trage, denke ich noch immer oder wieder nach und merke, dass ich es nicht schaffen werde einen auch nur im Ansatz nachvollziehbaren und sinnvollen Beitrag zu diesen Themen zu schreiben.

Warum er dennoch hier steht? Weil ich denke, dass Lyrik, die einem nicht passt, das kleiner Problem ist, solange sich Frauen an einer Supermarktkasse das Geschlechtsteil eines fremden Mannes ins Kreuz drücken lassen und Männer die Frechheit besitzen, einer fremden Frau in den Nacken zu Atmen.

 

 

 

36 Gedanken zu “Männer und Frauen im Supermarkt

  1. Das gehört aber doch alles zusammen …… Ich habe übrigens von dem Gedichtchen zufällig erfahren und finde es literarisch eher schwach und für eine Uniwand wirklich ungeeignet. Man könnte ein Strandcafé damit „schmücken“ oder Ähnliches ……..sorry, dass ich mich zu einem inexistenten Beitrag äußere 🙂

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    1. Lyrik ist ein Feld auf dem ich mich nicht ganz zuhause fühle. Ich finde die Worte hübsch und mag das Gedicht, weil es mit so wenigen, aber gut ausgesuchten Worten auskommt.
      Ob es für eine Uniwand geeignet ist…kann gut sein, dass es geeignetere gäbe. Mir missfällt in erster Linie die Begründung, warum es verschwinden soll.

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      1. Ich habe leider keine Ahnung, wie diese Begründung lautet. Bei uns folgt derzeit ein innenpolitischer Skandal dem nächsten und so hat dieses „Blumenthema“ keine Aufmerksamkeit gefunden

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  2. Jetzt verstehe ich erst Ihren Beitrag mit dem Gedicht, auf das hier verwiesen wird; weil ich mittlerweile auch schon anderswo davon gehört habe und auch eine Meinung hätte. Was ich nie verstehen werde, ist schlechtes Benehmen und Abstandslosigkeit.

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  3. Es ist schwer, aber es gibt einen Leitsatz: Was Du nicht willst, das man Dir zu, das für auch keinem andern zu.
    Der Typ würde wahrscheinlich kotzen, wenn ihm jemand so auf die Pelle rücken würde.
    Es ist schwer, und es ist Scheisse! Wo ist das Problem, dass die Frau mal Frauchen SPIELT? Und der Kerl mal Männchen macht? Wenn es klar ist, es ist ein Spiel, und der grundsätzliche gegenseitige Respekt IMMER da ist?

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    1. Nichts daran ist ein Problem. Eigentlich. Aber anscheinend besteht die Schwierigkeit darin zu erkennen, wann ein Spiel ein Spiel ist. Dennoch hast du recht mit diesen zwei Grundsätzen. Sie lösen nicht alle Probleme, sind aber ein Anfang oder mehr noch ganz elementar nicht nur zwischen Frauen und Männern sondern zwischen Menschen überhaupt.

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  4. Du bringst es auf den Punkt. Das Problem ist, fast jede Frau könnte „me too“ sagen/schreiben – so alltäglich und bagatellisiert sind männliche Übergriffe. Mit Gedichten hat das nicht das Geringste zu tun. Nicht einmal mit auf erotische Reizen setzende Werbung hat es etwas zu tun. Die Frauenverachtung lernen Männer von anderen frauenverachtenden Männern, vielleicht von den eigenen Vätern. Leider gibt es viele solcher Männer – genug, damit jeder von uns einige über den Weg laufen.

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    1. Es ist sicher richtig, dass das Bild mit dem das andere Geschlecht gesehen wird von Erziehung und der Weitergabe moralischer Grundsätze geprägt wird. Dennoch bin ich überzeugt, dass ein jeder auch lernfähig sein sollte. Männer wie Frauen.
      Am alltäglichen sollte man arbeiten, bevor man sich an fragwürdige Lyrikinterpretationen macht.

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      1. Sollte! Aber es gibt leider Menschen, die kümmern sich wenig um das, was sie tun sollten. Bei all unseren Überlegungen und Hoffnungen, was die Menschheit auf ihrem Weg zu wahrer Menschlichkeit (ich spreche bewusst jetzt nicht nur vom Verhältnis der Geschlechter) voranbringen könnte, dürfen wir nicht vergessen, dass Kultur der dünnen Erdkruste vergleichbar ist, die unseren Planeten umgibt. Unter dieser dünnen Schale aus Kultur ist der Mensch ein Tier – in vielem schlimmer als ein Tier, denn Tiere sind unschuldig. Des Pudels Kern zeigt sich in erschreckendster Weise immer wieder, wenn wir die humanen und manchmal auch die Natur-Katastrophen betrachten. Nach der großen Überschwemmung von New Orleans häuften sich die Vergewaltigungen von Frauen. In den Kriegsgebieten Afrikas werden Frauen und Kinder geschändet. Ich könnte lange fortfahren.

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      2. In einem Film heißt es, dass die Menschen immer nur neuen Mahlzeiten, also drei Tage ohne Essen, von der Anarchie entfernt sind. Das macht mir Angst. Weil ich es für sehr wahr halte.

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      3. Das mit den drei Tagen von der Anarchie entfernt kannte ich noch nicht, tendiere aber dazu, dem zuzustimmen – und auch mir macht es Angst.

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      4. Da kann ich nur dagegenhalten und sagen, dass es viele Menschen mit Charakter gibt, von denen ich weiß, dass sie auch bei drei Tagen ohne Essen noch an ihren Grundsätzen halten würden. Es sind vielleicht sogar die meisten. Bei mir wird’s vermutlich ohne Schokolade grenzwertig.

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      5. Die gibt es auf jeden Fall. Und es bleibt zu hoffen, dass sie in der Anzahl überwiegen. Der Gedanke, wie schnell wir, also die Menschen, Moral und Anstand, Empathie und Respekt, vergessen (können) macht mir Sorgen. Allerdings bin auch ich von Menschen umgeben, die zwar ohne Schokolade schlecht leben können, aber so hoffe ich weit länger brauchen um sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen.

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  5. Ich möchte einen Satz aufgreifen, der hier geschrieben wurde.
    .
    <emDie Frauenverachtung lernen Männer von anderen frauenverachtenden Männern,
    .
    WEIL ich ein Kerl bin und ja selbst fühle, was ein Mann fühlt und nicht eine Frau, die glaubt zu wissen, was ein Mann sich bei seinen Handlungen denkt.
    Verachtung ist das ganz sicher nicht! Wenn ein Mann eine Frau verachten würde, würde er ihr nicht so dicht auf die Pelle rücken. Ich denke, es ist eher Dreistigkeit, Egoismus und Respektlosigkeit einer Frau so unhöflich „Nähe aufzuzwingen“.
    Ein Mann, der ein nicht natürliches, ausgeglichenes Verhältnis zu Frauen hat, mit seinen sexuellen Erlebnissen unzufrieden ist, nutzt dumm und unüberlegt solche Situationen in Supermärkten U-Bahnen und andern Orten aus, um „mal eine Berührung zu spüren“ und damit die Phantasie zu füttern.
    Im Grunde sollten wir solche Männer bedauern.

    Ob dieser Mangel in der Erziehung, Kindheit oder Jugend entstanden ist, mag ich nicht vermuten und ob das, was hier „Verachtung“ genannt wurde und in Wirklichkeit eine unerfüllte Sehnsucht sein könnte, ist dann eben völlig egal, wenn eine Frau sich belästigt fühlt.

    Vielleicht werden solche „Schutzkäfige“ ja mal wieder modern – die sorgen für Abstand! 😉

    Gruß Heinrich

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    1. Ich hoffe sehr, lieber Heinrich, dass wir solche Kleidungskäfige nicht wieder brauchen werden. Selbst wenn mir die Vorstellung gefällt, weil ich mir darüber ein herrliches, schwingendes Kleid vorstellen kann, es ist doch arg unpraktisch Gerade im Supermarkt ;).
      Ich finde mich in beiden Aussagen wieder. Das menschliches (nicht nur männliches) Verhalten durch Erziehung und Vorbild enger Bezugspersonen geprägt wird, vermute auch ich. Ob ein Depp an der Supermarktkasse eine solche Prägung hat….keine Ahnung. Hier in diesem Beispiel glaube ich eher, dass er – wie Sie beschrieben- einfach dreist, respektlos und unverschämt ist. In diesem Fällen kann man bzw Frau aber sehr wohl dagegen angehen und das habe ich für das nächste mal fest vorgenommen.

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  6. Es fällt einem total schwer, den Mund aufzumachen. Das können im Grunde nur Frauen allein ändern; es braucht keine Erlaubnis der Männer dafür. Nur wie ändern? Meiner Meinung nach, nur indem wir mehr zusammenhalten und uns nicht auch noch einander das Leben schwer machen. Ich habe nichts gegen Männer, hehe, aber gerade Meetoo hat mir offenbart, dass wir uns als Gesellschaft für viel gleichberechtigter halten, als wir es tatsächlich sind. Wenigstens sollten wir die Dinge nicht mehr totschweigen, sondern versuchen, sie auszusprechen und auch den anderen Gehör zu schenken. Daher: Danke für den Beitrag, auch wenn ich nicht bei allem zustimme. Doch ich halte es für sehr wichtig, wieder zu lernen, (respektvoll) miteinander zu streiten. Die Entscheidung zum Gedicht kann ich zum Beispiel verstehen; ob ich auch so entschieden hätte, weiß ich nicht.

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    1. Danke für deinen Kommentar. Auch wenn ich die Entscheidung zum Gedicht ja anders sehe, ist auch das etwas das man akzeptieren muss. Mir gefällt die Begründung nicht, ich halte sie in großen Teilen für eine Themaverfehlung muss sie aber akzeptieren, da es letztendlich das Empfinden mehrere Personen war und jede Interpretation ihre Berechtigung hat. Am Ende ist man genau an dem Punkt, an dem ich ganz bei dir bin. Reden, zuhören und wieder lernen zu streiten. Und leider gebe ich dir auch da recht – wir halten uns für viel gleichberechtigter als wir sind. Und das sogar in beide Richtungen. Solange ein Mann noch komisch angesehen wird, wenn er in Elternzeit geht, ist der Weg noch nicht zu Ende.
      Liebe Grüße

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      1. Absolut. Die Rollen-Zuschreibungen und -Erwartungen gehen in beide Richtungen, klar. Und auch ich tue leider nichts anderes, als mich auf eine Kategorie berufe („Frauen, lasst uns bitte mehr zusammenhalten“), das ist mir bewusst – nur leider fällt mir nichts anderes mehr als Lösung ein. Außer: Dass wir alle mehr zusammenhalten, aufmerksamer füreinander werden und mehr aufeinander achten. (Also genauso, wie es Deine Nachbarin tat, sehr schön.) Die misstrauische Stimmung tut mir auch leid, aber vielleicht kann man sie gemeinsam überwinden… LG zurück!

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      2. Ich sehe Tippfehler nicht einmal ;).
        Ich könnte mir vorstellen, dass das doch schon ein erster Schritt zur Entwirrung und Problemlösung ist. Das sind die Grundsätze, die eigentlich leicht zu leben sind und die das Leben viel leichter und schöner machen.

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  7. Das ist ja eine tolle Idee – ich schreibe einen Text, den ich dann aber doch nicht so in dieser Form veröffentlichen möchte, aber auch keinen neuen schreiben möchte.
    Das übernehme ich vielleicht mal mit dem streichen. Bisher strich ich immer nur einzelne Worte im Text.
    Gut’s Nächtle!

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      1. Du hattest für mich mit dem gute Nacht fast noch vollkommen recht. Ich bin erst 3:30 Uhr ins Bett gegangen und habe bis vor zehn Minuten tief und fest geschlafen. Jetzt ist meine Stundenzahl für schlafen wieder in Ordnung.

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  8. Von den Deppen in Supermärkten und anderswo mal abgesehen, für mich ein weiterer Versuch gewisser Kreise, einen Keil zwischen die Bevölkerung zu treiben und die Leute auseinanderzudividieren, damit sie freiwillig nach noch mehr Gesetzen und Überwachung verlangen.

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    1. Ob ich das auch so sehe oder so sehen will, weiß ich nicht. Eigentlich möchte ich es als Gelegenheit zur Kommunikation sehen. So ganz funktionieren tut es aber nicht. Nicht, wenn ich mir die teils widersinnigen und unsachlichen Diskussionen in den Medien ansehe oder lese.

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  9. Ich will auf keinen Fall mehr Gesetze und Überwachung. Vielleicht bin ich die Naive, aber ich befürchte, dass man mit der Erklärung über den Versuch „gewisser Kreise“, es sich unter Umständen zu einfach macht. Es gibt sie, die unsichtbaren Machtstrukturen in „der Bevölkerung“, meiner Meinung nach noch sehr wohl, die solche Übergriffe, zu denen auch der Depp im Supermarkt letztlich gehört, erst ermöglichen. Und ja, mich kostet auch Überwindung, das hinzuschreiben, zumal ich bislang noch nie „einen Keil“ zwischen Menschen treiben wollte – und sicher auch jetzt nicht.

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    1. Einen Keil sehe ich dich hier überhaupt nicht treiben. Alles was hier geschrieben wurde ist im weitesten Sinne sachlich. Emotional, aber eben nicht respektlos. Ich finde es auch gut, dass du geschrieben hast, die Entscheidung zum Gedicht nachvollziehen zu können. Lyrik lebt von der Interpretation und es ist auch wenn man sich über die Entscheidung das Gedichte zu entfernen streiten kann, über die Empfindungen die es beim Leser auslöst nicht. Die sind subjektiv und sollten nie beurteilt oder schlimmer noch verurteilt werden.

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  10. ehrlich, ich finde dieses thema wahnsinnig schwierig und kompliziert. ich muss sagen, dass ich bis vor ein paar jahren kaum damit in berührung gekommen bin – weil ich prinzipiell wohl etwas (furchterregendes ^.^) an mir habe, das männer nicht unbedingt einlädt, unangemessene dinge zu tun. die paar mal, die ich offen als nicht für voll genommen wurde, weil ich eine frau bin, haben mich zweifellos furchtbar aufgeregt (tun es bis heute) – sind aber in einem kontext passiert, in dem es wohl eine „typische“ aktion – reaktion war. was es nicht besser macht. aber ich weiß, dass es nicht passiert wäre, wenn ich für mich „normal“ agiert hätte. allerdings bringt es mich dazu, besser zu verstehen, was anderen frauen irgendwie ständig passiert und einfach nicht passieren sollte.

    ich finde zu diesem thema im allgemeinen keinen wirklich guten punkt, ich schaffe es auch nicht, einen vernünftigen text dazu zu schreiben. ich hab es im episodenfilm versucht und auch im klarnamenblog und letztlich ist es immer nur eine kleine spitze eines eisbergs, weil das thema einfach in unterschiedlichsten formen IMMER und ÜBERALL präsent ist.

    letztlich weiß ich gar nicht so genau, wie das besser werden kann. ich glaube nicht, dass es WIRKLICH möglich ist, gesetze zu schaffen, die situationen verbessern, ohne extrem in die privatsphäre einzugreifen. ich weigere mich auch, meine weiblichkeit verleugnen zu müssen, um „im fall des falles“ unangreifbar zu sein. es beginnt wohl schon bei der erziehung und der notwendigkeit, stereotypen zu brechen und mädchen nicht mehr nur „mädchen-adjektive“ zuzuschreiben. aber genauso wichtig ist, das bei den jungs zu beobachten. mein bester freund aus der kindheit hat mich immer besucht, weil er bei mir mit puppen spielen konnte. meiner mutter war das egal, welches spielzeug wir grade benutzten und seine mutter hatte strikt versucht, ihn davon fernzuhalten. das klassische „ein indianer kennt keinen schmerz“, „jungs weinen nicht“, blablabla und es wurde auch ein entsprechender mann aus ihm. ich war dafür nie ein typisches mädchen, ich hab selten kleider getragen, ich hab mich immer mit den jungs gerauft, bin auf bäume geklettert, besaß weit mehr lego bausätze als barbiepuppen und ich war immer laut. es hat immer geheißen „wehre dich, wenn du dich ungerecht behandelt fühlst, egal wer diese person ist, du bist stark genug.“
    vielleicht hatte ich nur glück, vielleicht war es zufall, vielleicht liegt es an etwas ganz anderem. und NATÜRLICH bin ich nicht gefeit davor, dass ich nachts auf der straße in eine gewalttat stolpere und NATÜRLICH wünschte ich, das ich mich davor nicht fürchten müsste. ich bin natürlich auch nicht gefeit vor diskriminierung bei der jobauswahl oder allem, das hinter meinem Rücken passiert und bevor man mich kennt. Aber ich fühle mich bei all diesen „Zwischensituationen“ durch das Rüstzeug, das mir in meiner Kindheit mitgegeben wurde, nicht hilflos und nicht machtlos. ich setze meine weiblichkeit auch manchmal ein und habe dabei kein schlechtes gewissen. ich weiß aber, wo die grenze ist. das leben ist ein spiel und solange sich alle an die spielregeln halten, darf es ja auch spaß machen. man muss dies aber mit bedacht tun, denn handlungen haben immer konsequenzen. man muss aber auch immer nein sagen dürfen. ich habe das manchmal nicht getan – aber das liegt daran, dass ich es nicht rechtzeitig geschafft habe, die grenze zu ziehen. dass ich mich eben nicht daran gehalten habe, aufzuhören, wenn mein bauchgefühl sagt, jetzt gehst du zu weit. mein gegenüber konnte tatsächlich nichts dafür, denn ich habe signale gesendet, die ich so nicht gemeint habe.
    frauen tun manchmal dieselben dinge mit unterschiedlichen absichten und erwarten von männern dann immer die „richtige“ reaktion. das ist halt schwierig und missverständnisse können überall passieren. oftmals könnte man die auch einfach mit einem klärenden gespräch aus dem weg räumen.
    aber das ist unterm strich meine situation und meine wahrnehmung.

    das klingt vielleicht polemisch, aber männer haben über jahrhunderte einfach immer in ihren generationen weitergetragen, dass sie frauen überlegen sind und dass frauen darauf stehen, bedrängt zu werden. einige haben durchaus schon mitbekommen, dass sich die zeiten geändert haben und dass das ziemlich patriarchalischer, sexistischer bullshit war. den anderen muss man es beibringen, von selbst werden sie es nicht lernen. aber es wird „uns frauen“ nichts anderes übrig bleiben, als es den männern selbst zu zeigen, wo die grenze liegt (und die liegt vermutlich auch dann noch bei allen wo anders). als mütter, als ehefrauen, als schwestern. auch das wahlrecht wurde nicht von männern an frauen herangetragen, die suffragetten haben es erkämpfen müssen. das ist scheiße, aber es war die realität. wenn wir etwas nicht wollen, müssen wir nein sagen. wenn uns gewalt angetan wird, muss es dafür gesetze geben, die das bestrafen. aber nicht jeder misslungene flirtversuch und nicht jede ungeschickte annäherung passieren mit schlechten hintergedanken. uneingeladene männerhände am körper sind eine unart, aber noch keine gefahr. es muss halt auch ein umdenken in der männerwelt passieren, dass diese aktionen nicht mit schulterklopfen unterstützt werden. trotzdem bin ich strikt gegen eine opferhaltung, die frauen nämlich genau wieder in diesen „wehrlosen“ stereotypen drängt und damit diese spirale wiederum bestärkt.
    was die supermarktsituation betrifft, sollte man sich eigentlich umdrehen und den typen fragen, ob er es wirklcih angemessen findet, dir sein ding ins kreuz zu drücken. denn ich wette, der würde vor scham im boden versinken und sich das so schnell nicht wieder tun trauen. realistischerweise würde ich aber vermutlich eher eine freundin anrufen und ihr lautstark erzählen, dass der typ hinter mir das grade tut. ich hab auch nicht immer die „eier“, das richtige zu tun. aber ich versuche es zumindest auf umwegen, wenn es mich stört. wenn ich es nicht schaffe, ärgere ich mich nachher immer über mich und frage mich, warum ich eigentlich hemmungen hatte, für mein bedürfnis einzustehen, wenn doch der andere deutlich eine grenze überschritten hat.

    so keine ahnung, fazit gibt es daraus keins, der kommentar ist ellenslang und trotzdem völlig wirr und sicher auch angreifbar. ich merke auch, dass ich da noch oft aufholbedarf an wahrnehmungen anderer personen hab, schließlich lebe ich ja diesbezüglich nur in meinem körper und kann nur aus meinen eigenen erfahrungen etwas ableiten. aber ja.

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  11. Gerade würde ich mir wünschen, dich hier neben mir zu haben. Es ist so viel leichter für mich solche Gespräche von Angesicht zu Angesicht zu führen. Umso schöner finde ich deinen ausführlichen Kommentar, der gar nicht wirr ist, sondern nur die vielen Gedanken widerspiegelt, die auch mir bei diesem Thema durch den Kopf schießen. In ganz, ganz vielen Punkten habe ich beim Lesen genickt und dir zugestimmt. Eigentlich überall. Auch ich bin selbst sehr wenig betroffen und empfinde die Situation im Supermarkt eher als unverschämt und dreist, als mich persönlich verletzend. Eher ärgere mich über mich selbst, weil ich so baff bin, dass ich gar nichts sagen kann und im nachhinein ahne, dass genau das, das blödste ist was man machen kann.
    Es ist ein weiter Weg und ich hoffe wir alle – geschlechterübergreifend – werden ihn gehen. Denn von alleine, das hast du richtig geschrieben, ändert sich nichts. Warum sollte es auch. Wenn niemand etwas tut, verharrt man im Status quo.
    Ganz, ganz liebe Grüße und vielen Dank!

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