Im Regen

Fast hätte ich sie nicht erkannt, die abgespannt aussehende Frau, die sich im übervollen Bus zwischen Kinderwagen und Rucksäcken an eines der Fenster presst. Länger als höflich sehe ich sie an, weil sie mir bekannt vorkommt. Ihr Gesicht gleicht dem meinem, das sich müde in der regennassen Scheibe spiegelt. Erst als sie meinen Blick erwidert, erkenne ich ihn ihren Zügen, das 13-jährige Mädchen, das ich einmal gut kannte. Trotzdem hätte ich sie fast nicht angesprochen. Zwischen dem Mädchen, das zu erkenne ich glaube und der Frau am Fenster, liegt ein ganzes Leben. Eher zwei Leben, denn auch ich habe mich verändert und sie braucht einen Moment bis sie mich einordnen kann. Dann lächelt sie und kämpf sich durch die Menschen im schmalen Gang zwischen den Türen.

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Könnte eng werden.

Unter all den Sätzen, die ich in meinem Leben bisher gehört, gelesen und gesagt haben, gibt es einen, der mich seit Jahrzehnten begleitet und eigentlich gar nicht schön ist. Er ist nur vertraut. Und vertrautes gewinnt man dem Jahren lieb. Mein liebster Satz ist so banal, dass er der Rangliste schönster Sätze mit Sicherheit auf den unteren Plätzen rangieren oder gar nicht erst aufgenommen werden würde. Weder zeichnet er sich durch eine schöne Wortwahl aus, noch wird er mit klugen Köpfen in Verbindung gebracht. Wahrscheinlich ist er nur in meinem Kopf schön und präsent und das mit einer Beständigkeit, wie sonst kaum einer. Weiterlesen