Man sagt, dass bei uns in Bayern die Uhren anders ticken. Das ist natürlich Blödsinn. Hier, kurz nach München, ist es jetzt genauso spät wie in Hannover oder Wien. Trotzdem legen wir Bayern sehr viel Wert auf Individualismus. Besonders wir Münchner, die wir den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Während gestern Deutschlandweit grosse Teile des Schienenverkehrs dank des Sturmweibs Friederike lahm gelegt waren, kamen wir – ordentlich durchgeschüttelt und mit verwehtem Haar, aber sonst unbeschadet – fast störungsfrei durch den Tag. Wenn aber die halbe Nation ächzt und schimpft, dann wollen wir das auch. Verspätet nehmen nun auch wir, die Münchner S-Bahn-Fahrgäste, am Chaos teil. Nicht alle. Eigentlich nur die Fahrgäste der S7. Das man gerade uns ausgewählt hat, verwundert nicht. Von allen Linien sind wir mit Abstand die erprobtesten, wenn es sich um Störungen und Verspätungen handelt. Wir, die S7 und ihre Fahrgäste bewegen uns auf unserer Strecke nämlich noch überwiegend eingleisig und sind damit extrem anfällig für Störungen jeder Art. Wir lächeln nur müde, wenn die Bahnen im Herbst regelmäßig im gesamten Streckennetz ausfallen, weil feuchtes Laub auf den Schienen liegt. Kein Nutzer der S7 fragt sich, ob man die Bremsleistung der neuen Bahnen nicht vielleicht doch so hätte konstruieren können, dass sie mit dem in Deutschland doch ab und zu fallenden Laub fertig werden. Auch wundern wir uns nicht über Schneefall bedingte Verspätungen im Winter. Mit reichlich Flocken kann man in Bayern schließlich nicht rechen und bei uns an der S7 kommt es darauf eh schon nicht mehr an. Wir sind nämlich die mit Abstand schwierigste Strecke. Die schönste und die schwierigste. Weiterlesen →