Abstieg

Nach neun Nächten und zehn Tagen wird es Zeit sich zu verabschieden. Die Betten sind abgezogen und ich stopfe die Wäsche in den Beutel schmutziger Wäsche. Zuhause, wenn ich ihn öffne, wird alles leicht nach altem Holz, feuchtem Wald und Ofenfeuer riechen – ein Geruch, der oben in den Bergen auf unserer Hütten schön ist, in der Stadt aber modrig und abgestanden in der Nase kitzelt. Das macht nichts, denn wenn ich wieder komme und aus dem Schrank frische Laken nehmen werde, dann werde ich es nicht riechen, weil sich mein Geruchssinn binnen Minuten auf den Duft des Holzhäuschens einstellen wird. Ein letztes Mal lüfte ich die obere Kammer und glaube wie bei jedem Abschied, ein kleines Stück von mir zurück zu lassen. Diesmal eines, das bei der Ankunft unendlich müde, erschöpft und ausgebrannt war. Lustlos und schlecht gelaunt warf ich an Gründonnerstag die Rucksäcke auf die Betten und mich selbst hinterher. Eines das jetzt wieder frei atmen kann und sich darauf vorbereitet hat, den liebsten Menschen wohl auch im April und Mai nicht sehen zu können und sich dafür über den nicht mehr aufzuhaltenden Frühling freut. Weiterlesen

Schüssel zum Glück

Die Sonne schafft es nicht mehr über die Baumspitzen und die kleine Lichtung mitten im Wald bleibt im Schatten. Nur kurz nach Sonnenaufgang zeigten sich die Buchen, die Ahornbäume, die Büsche und die Fichten im herbstlichen Glanz. Nur der obere Raum unserer kleinen Hütte wird von den Sonnenstrahlen dieses schönen Herbsttages noch gewärmt und in helles Licht getaucht. Die breiten Betten dort oben sind am bequemsten, wenn es taghell ist und die Strahlen der Sonne sanft die Nasenspitze kitzeln. Früher wusste ich nicht warum es genau dann, tagsüber, wenn man gar nicht müde ist, dort oben so herrlich ist. Heute weiß ich es. Es liegt daran, dass man mitten am Tag die Muse und die Zeit hat, sich einfach auf oder in ein Bett zu legen und den Gedanken freien Lauf zu lassen. Natürlich kann man ein Buch lesen, aber fast immer lenken einen die vielen Geräusche ab und man legt die Geschichte der fremden Menschen zur Seite und wendet sich den eigenen Gedanken zu. Gedanken die einem sonst gar nicht kommen. Es mag an der Stille und ihren sanften Geräuschen liegen. Wind in den Baumwipfeln oder – wie an diesem Wochenende – das Fallen eines einzelnen Blattes. Wie laut ein einzelnes fallendes Blatt doch ist wenn es sich den Weg noch viele andere Bahnen muss, hört man nur hier oben. Weiterlesen