Artenschutz im Müllhäuschen

Man kann von meinem Nachbarn Paul halten was man will, mangelnde Hilfsbereitschaft kann man ihm nicht vorwerfen. Er gehört zu jenen Nachbarn, die man gerne um Unterstützung bietet. Neben seiner oft überraschenden Warmherzigkeit liegt das in erster Linie an seinen körperlichen Voraussetzungen. Frau Eder aus dem Hinterhaus zum Beispiel, fängt ihn einmal im Jahr vor dem Supermarkt ab und klagt über das dreckige Glas ihres Badfensters. Obwohl er das Gesicht verzieht, steht Paul dann einige Tage später in Frau Eders Badewanne und säubert die winzige Fensterlucke, die man nur erreicht, wenn man mindestens 1,85 m groß ist. Unser Hausmeister läutet grundsätzlich bei Paul, wenn es darum geht eine Leiter fest zu halten, weil er sich bei Paul darauf verlassen kann, dass dieser kräftig genug ist, eine wackelnde Leiter auch wirklich fest zu halten. Paul verzieht das Gesicht, wenn er darum gebeten wird, aber er tut es. Besonders seit er vor zwei Jahren mit ansehen musste, wie Herr Iwanow die Leiter unseres Hausmeisters hielt. Mit nur einer Hand und sich nebenbei eine seiner stinkenden Zigarren anzündend. Eigentlich lehnte Herr Iwanow gemütlich an der Leiter auf der unser Hausmeister stand. Und auch ich nehme Pauls Hilfe gern in Anspruch. In meinem Fall immer dann, wenn es um Dinge geht, bei denen der Helfende recht ins Schwitzen kommt. Denn, ganz ehrlich, wenn man schon einen schwitzenden und keuchenden Kerl in seiner Wohnung hat, zu dem man keine erotische Beziehung pflegt, dann sollte es doch wenigstens ein halbwegs attraktives Exemplar sein. Natürlich sage ich ihm das nicht. Seine Attraktivität würde durch das blöde Grinsen, das diese Information auslösen würde, zunichte gemacht werden. Weiterlesen

Jetz´samma beinand! U-Bahn Gedanken

Ich entschuldige mich gleich am Anfang bei Ihnen. Nicht für diesen Text. Der könnte noch etwas werden. Nein, für die grausame Einleitung, mit dem Lamenti, dass früher alles besser war.

Früher war es besser.

War es aber wirklich. Jedenfalls die Kampagnen der Münchner Verkehrsbetriebe. Die aus meiner Kindheit kann ich noch heute auswendig zitieren. Zum Beispiel: „Aus dem Walkman tönt es grell, dem Nachbarn juckts im Trommelfell“. Manchmal ertappe ich mich dabei, dass mir dieser Satz auf den Lippen liegt obwohl es seit bestimmt zwanzig Jahren keine Walkmänner mehr gibt. Vor Augen habe ich dann die herrliche Zeichnung von Ernst Hürlimann, die jeder Münchner kennt. Aus der Abendzeitung wo sein Blasius allgegenwertig war, aus den Büchern Sigi Sommers oder eben aus den Kampagnen der Münchener Verkehrsbetriebe gegen den Krach aus Kopfhörern oder den damals noch nicht verbannten Rauchern auf den Bahnsteigen. Auch die Kampagnen in den Jahren danach waren ganz in Ordnung. Nicht mehr so charmant wie die Karikaturen aber doch noch ganz ok. Ich erinnere mich an die Plakate, auf denen die Fahrgäste Hand in Hand brav in Zweierreihen wartete, um geordnet einzusteigen. Oder das Bild eines Bahnsteiges der übersäht mit Schuhen war, da man diese vor dem Betreten – ganz wie zu Hause – auszieht. Freilich  hatte das auch schon nicht mehr viel mit München zu tun. Aber wenigstens die Texte hatten in ihrem Hochdeutsch einen Hauch von München. Stand da „Sauber!“ dann war nicht nur die Abwesenheit von Schmutz gemeint, sondern auch ein Ausruf, der in Bayern gleichbedeutend mit „Sehr gut!“ ist. Da warf man seinen Müll doch gleich viel lieber in die entsprechenden Tonnen. Weiterlesen

Man könnte…. U-Bahn Gedanken

Man könnte so vieles. Man könnte zum Beispiel in der warmen S-Bahn sitzen bleiben. Man könnte tiefer in die Polster sinken und für einen Moment die Augen schließen. Man könnte einschlafen, die elfte Station verpassen und draußen vor der Stadt den Tag im Winter-Sonnenlicht verbringen. Man könnte. Und man möchte. Aber man darf ja nicht. Von Montag bis Freitag ist träumen und wünschen nur elf Stationen lang erlaubt. Man könnte sie nutzen, die elf Stationen, und den Konjunktiv im warmen Bett zurück lassen. Dort würde er sich träge zwischen den Laken räkeln und so nutzlos sein, wie du es ihm immer unterstellt hast. Weiterlesen