Vorsätze unerwünscht

Der Mann, der ab und zu mit einer Flasche Wein vor meiner Tür steht, hat mir bereits mehrfach verboten, über ihn zu schreiben. Ich würde mich daran halten, wenn ich an seiner Stelle über einen beliebigen anderen Menschen schreiben könnte. Einen, der ähnlich versessen auf gute Vorsätze ist, wie er. In dieser Hinsicht ist er allerdings einzigartig. Und das, – Sie ahnen es – ist leider kein Kompliment. Heute am 31. Dezember, muss er dafür herhalten, wenn ich über Vorsätze das neue Jahr betreffend schreibe. Ich kenne nämlich leider niemanden sonst, der diese mit einer solchen Energie und Konsequenz gegen die Wand fährt wie er. Und das bereits lange vor dem 1. Januar. Das muss man erst mal schaffen.

Das Exemplar, das bei mir ab und zu mit einer Flasche Wein vor der Tür steht, ist der mit Abstand inkonsequenteste Mensch, den ich kenne. Eigentlich wäre das sein Problem. Da er aber auf eine noch zu klärende Weise zu mir gehört, macht er sein Problem, zu unserem Problem und versaut mir damit regelmäßig den Dezember. Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele. Da ich ihn vorhin rausgeschmissen habe (aus der Wohnung nicht aus meinem Leben) kann ich Ihnen das in aller Ruhe erzählen, ohne mir anhören zu müssen, dass ich seine Privatsphäre verletze.

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Carpe… bloß nichts

Letzter Tag, höre ich dich leise fragen und nicke fröstelnd. Du weißt, dass ich keine letzten Tage mag. Sie sind mir zuwider, weil sie Erwartungen wecken, die selten erfüllt werden. Einen letzten Tag hat man gefälligst zu etwas Besonderem zu machen und das Jahresende muss ordentlich mit Konfetti beworfen werden, damit man auf Instagram und Facebook mit den entsprechenden Bildern glänzen kann. Ich glänze nie. Ich bin die, die sich um Mitternacht das Seidentop mit einer zu eng am Körper gehaltenen Wunderkerze versaut, sich genau vor dem Silvesterkuss ein Stück Lachs in den Mund schiebt oder gerade in der Kloschlange steht, wenn die letzten Sekunden runter gezählt werden. Abschiede sind mir verhasst. Selbst die von einem Jahr, das mit 365 Akten nun wirklich seine Schuldigkeit getan hat. Ich hasse es, nicht zu wissen was kommt.
Ob das nicht Teil des Deals sei, erkundigst du dich und ich schüttle den Kopf. Nein, ich möchte wissen, was kommt. Haarklein, detailliert und mit der Garantie auf ein Happy End. Fast schon wütend sehe ich dich den Kopf schütteln. Ich hätte noch immer nicht gelernt, mit meinen Wünschen vorsichtiger zu sein. Eine Garantie auf ein Happy End, sei der unverschämteste und auch dümmste Wunsch, von dem du je gehört hast. Wie naiv ich noch immer sei. Man dürfe auf keinen Fall wissen, was kommt. Weiterlesen

Erwartungen

Geht es um übertriebene Erwartungen, bin ich ganz vorne mit dabei. Ich erwarte grundsätzlich Großes. Dass dieser Wunsch vermessen ist, meistens nicht realisierbar und fast immer in die Hose geht, ist mir dabei egal. Wüsste ich morgens schon, dass mich ein absolut durchschnittlicher Tag erwartet, hätte  ich keine Lust aufstehen. Großes zu erwarten  ist bei mir normal. Ebenso wie die fast immer darauf folgende Ernüchterung. Ich kann gut damit leben. Einen kleinen Rückschlag stecke ich leicht weg. Der nächste Tag verspricht schließlich erneut Großes. Weiterlesen