Vor kurzem (vor sechs Monaten) bin ich ein Jahr älter und damit ein Stück weiser geworden. Woran ich das festmache? Ganz einfach, ich nutze jetzt geheime Kennwörter. Natürlich habe ich das auch schon zuvor gemacht, aber seit zwei Tagen habe ich Passwörter, die wirklich nur ich kenne. Zum Beispiel für mein WLAN, Amazon und Netflix. Bisher kannte sie mein Freund. Und als er über Weihnachten und Neujahr zwei Wochen bei mir gewohnt hat, nutzte er sie auch. Etwas, das völlig okay ist, weil es wirklich ziemlich unpraktisch ist, zwischen zwei Amazon oder Netflix Accounts hin und her zu springen. Wenn man zusammen wohnt, nutzt man Internet und solche Accounts gemeinsam. Und wenn einer nur bei einem wohnt, weil sein Rechner den Geist aufgegeben hat und (ein Unglück kommt selten allein) er dank Anbieterwechsel keine schnelleres, sondern gar kein Internet mehr hat, dann teilt man auch den eigenen Rechner. Ich teile gerne. Die Schoklade in meinem Kühlschrank. Meine Kennwörter – jetzt nach zwei Wochen – allerdings weniger. Ein paar Beispiele:
Er fragt mich, ob die Bücher in meinen Regalen eigentlich alle nur Tarnung sind. Es sei nämlich völlig ausgeschlossen, dass ich auch nur einen Bruchteil davon gelesen habe. Zu diesem Schluss sei er gekommen, weil er durch die Nutzung meines Amazon und Netflix Accounts einen Überblick davon bekommen hat, was ich mir in letzter Zeit alles angesehen habe. Wären es Filme gewesen, hätte er mich vermutlich nicht drauf angesprochen. Ich ahne, dass er nun einen guten Überblick hat, welche Reality Sendungen ich mir in letzter Zeit angesehen habe. Obwohl ich mich eigentlich gar nicht rechtfertigen möchte, versuche ich ihm zu erklären, dass ich mir das alles beim Kochen ansähe. Kochen, vor allem langsames kochen, entspannt mich und deswegen koche ich sehr gerne Dinge, bei denen man viel schnipseln muss. Und lesen und schnipseln funktioniert nicht gleichzeitig. Ich bin ihm dankbar, dass er mir nicht mitteilt, dass das noch lang kein Grund ist, sich den größten Schrott der Fernsehlandschaft anzusehen. Und ich könnte ihm den Hals umdrehen, dass er so etwas nicht in Worte fassen muss, sondern ein Blick von ihm völlig reicht.
So ein geteiltes Internet hat noch andere Vorzüge. Bei der gemeinsamen Nutzung eines WLANS kann man sein Spotify Konto mit den anderen anwesenden Geräten teilen. Spotify hat mir das vorgeschlagen und gedankenlos und naiv habe ich zugestimmt. Hat man den gleichen Musikgeschmack, ist das sicher etwas Gutes. Im Fall von meinem Freund und mir führt es dazu, dass er schon am zweiten Tag mit den Kopfhörern in den Ohren, im Türrahmen steht und mich fassungslos anblickt. Entschuldigung! Wenn ich die Wohnung vor Weihnachten, vor Ostern, vor meinem Geburtstag und überhaupt vor jedem Besuch und einmal wöchentlich von oben bis unten putze, dann mache ich das gerne mit flotter, energischer Musik, um mich zu motivieren. Es war mir nicht bewusst, dass beim Jahresrückblick meines Spotify Accounts, der Radetzkymarsch auf Platz 2 der meist gespielten Titel 2024 war. Sie müssen mir glauben, dass ich ansonsten einfach so viele unterschiedliche Lieder höre, dass es eben keines weiter nach oben geschafft hat, um mein Putzlied aus den Top 3 zu verbannen. Mein Freund glaubt mir nicht.
Weil ich nicht nur mein Internet, sondern auch meinen Rechner mit meinem Freund geteilt habe, habe ich jetzt eine neue Ordnerstruktur. Natürlich ist der Mann an meiner Seite nicht so übergriffig, in meinem privaten Dateien herum zu schnüffeln und Dateien zu verschieben, ohne mich zu fragen. Er suchte nach einer Stelle, wo er selbst Dinge abspeichern kann, und bat mich, ihm einen möglichen Platz zu zeigen. Einen Platz in meinem Laufwerk. Er bekam ihn, und sah die Bezeichnungen meiner einzelnen Ordner. An sich kein Problem. Wenn man sich Tisch und Bett miteinander teilt, dann kann man sich auch für zwei Wochen ein Laufwerk teilen. Jedenfalls dann, wenn man mit einem Mann zusammen ist, der sich weigert irgendwelche Dateien in einer Cloud abzuspeichern. Nach vielen Jahren Beziehung erkennt man dann allerdings auch, dass der Mensch, den man in Bezug auf Ablagetätigkeiten für einen nachlässigen Chaoten gehalten hat, ein pedantisch Perfektionist ist. Da er, wie gesagt meine Privatsphäre sehr schätzt und keinen meiner Ordner geöffnet hat, hat er versucht, sie nur anhand des Namens, in eine sinnvolle Struktur zu bringen. Ich werde bis etwa 2027 benötigen, um seine Gedanken hier auch nur annähernd zu verstehen.
Allerdings weiß ich jetzt auch, dass dieser Mann unmöglich auch nur einen Bruchteil der Bücher in seiner eigenen Wohnung gelesen hat. Wer dazu fähig ist, ein komplettes Laufwerk in eine Ordnerstruktur zu bringen, deren Gliederung aus römischen und arabischen Ziffern und zusätzlichen Buchstaben besteht, hat unmöglich Zeit, auch nur ein Buch in Ruhe zu lesen. Ich hätte es ahnen müssen, als ich das erste Mal sein Gewürzregal gesehen hab. Ein Mann, der seine Gewürze alphabetisch ordnet, ist verhaltensauffällig. Und wenn er es im Alltag auch noch so gut versteckt.
Wir haben jetzt wieder getrennte Wohnungen und genießen das beide sehr. Er wird mich das komplette Jahr 2025 mit all den Kleinigkeiten aufziehen, die er dank der Kenntnis meiner Kennwörter erfahren hat. Ich aber, werde ihn für viele noch kommende Jahrzehnte immer mal wieder mitteilen, wie unglaublich süß und romantisch ich sein eigenes, neues WLAN Kennwort, das aus meinem Namen und den Koordinaten unseres ersten Treffens besteht, finde. Der Mann, der jetzt wieder nur ab und zu mit einer Flasche Wein vor meiner Tür steht, würde eher ein Glas Essig trinken, als sich als süß und romantisch beschreiben zu lassen. Erwähnt er den Radezkymarsch, sage ich ihm wie süß er ist. Wir sind ein tolles Paar.
P.S. 2025 II MIBE bedeutet: Zweiter Blogartikel in 2025 Mitzi Irsaj Entwurf. Das nächste Mal wenn sein WLAN abschmiert, wird er sicher die Zeit finden das „E“ für Entwurf in „V“ für Veröffentlicht abzuändern.

Na, gar nicht schlecht, aber wofür steht das B ?
PS: Ich sortiere meine Gewürze auch nach dem Alphabet. 🙂 🙂
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B = Blog. Ungeachtet der Tatsache, dass es keine anderen Worddateien gibt ;).
Gut zu hören, das mit den Gewürzen. Dann ist es wahrscheinlich doch normal und ich nur etwas chaotischer 🙂
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Ich habe auch wirklich sehr viele Gewürze 🙂 🙂
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Ich bekomme ein schlechtes Gewissen: Muss man Gewürze sortieren? Mein System besteht darin, zu schauen, wo Platz im Schrank ist und dann landet eben Salz neben Zucker (was das Kosten immer spannend macht – welches weiße Pulver hat man erwischt) – oder darf dann der Zucker nur im Backwarenregal stehen (das ich natürlich nicht habe *hust*)
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Ich glaube man kann, aber muss die Gewürze nicht sortieren. Wenn ich die Antworten durchlese, dann ist das Geschmackssache. Aus Platzgründen habe ich kein System außer dem „was ich oft brauche ist vorn“.
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oh ja, das System herrscht in allen meinen Kästen 😎
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Zu schnell abgeschickt…..ja, genau…der Platz gibt bei mir auch den Ausschlag. Ein Backwarenregal wäre ein Traum, würde es ja bedeuten, dass ich eine entsprechend große Küche habe. 😉 Leider habe ich die nicht.
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Mein lieber alter Kronprinz ist auch so ein leidenschaftlicher Sortierer. Er begründet es damit, dass sein Vater Beamter war. Aber solange der Mann deines Lebens nicht die Werkzeuge im Keller nach Größe geordnet an die Wand hängt und jedes einzelne mit Edding umrandet, ist er von Psychopathie noch ein gutes Stück entfernt😄
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Das mit dem Edding Umranden würde mir wirklich Sorgen machen.
Nein, ansonsten zeigt er zum Glück keine beunruhigenden Auffälligkeiten. Das bin bei uns beiden eher ich 😉
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Gewürze alphabetisch…? Ich will keine Ferndiagnosen wagen, aber ein Zug, ein Hauch, eine Nuance (oder mehr) Autismus ist erkennbar. Oder aber jemand, der eigentlich überhaupt nicht kocht und die nur in der Küche hat, weil man sie halt da hat und nicht im Badezimmerschrank.
Der Drang zum Ordnen spricht ganz allgemein für eine solche, bei Männern häufigere Einschränkung. Also nicht das mit dem Kochen, obwohl, das auch. Das ist nicht weiter tragisch und auch nicht gefährlich. Er wird doch nicht nur wegen Deines Kochens kommen? Also wegen des Ergebnisses?
Falls dieser Ordnungsdrang anhält, schick ihn bitte vorbei! Er könnte meinen Rechner aufräumen. Das wäre gut. Laut meinem Sohn, der sich aber weigert, das zu tun, notwendig.
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Das mit der Sortierung der Gewürze ist auch nicht meines. Vielleicht weil er selbst zu Hause einfach deutlich mehr Platz hat und sich diesen Luxus erlauben kann. Ich brauche Anis einfach zu selten, um es ganz vorne im Regal zu haben.
Zum Essen allein kommt er nicht. Da gleicht es sich aus. Es kocht meist der, in dessen Wohnung wir essen und er kann es – das Kochen.
Ich würde ihn dir wegen des Rechners gerne ausleihen, befürchte aber, dann kommt er nicht mehr zu mir zurück. Bei der Menge an Texten die du hast (ich gehe von der Produktivität hier aus), sortiert er dir das ganze über ein halbes Jahr hinweg. 😉
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Ich dachte auch eher, wenn er’s gut macht, an eine Lebensstellung… also gut, da er kochen kann, lasse ich ihn Dir ohne weiteres Nachhaken! Und ohne erst gefragt zu haben, was er eventuell dazu meinen könnte.
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Darf ich Dir zum Putzen einen Alternativvorschlag machen? Es putzt sich super gut mit Shakin‘ Stevens, und zudem kann man da noch laut mitgrölen (was beim Radetzky-Marsch schwierig ist, außer man beschränkt sich auf „RadaPÖMM, RadaPÖMM, RadaPÖMMPÖMMPÖMM“).
Seit ich mit Alexa befreundet bin, habe ich Zugriff auf die allerbesten Putzlieder überhaupt; einige davon hatte ich schon seit Jahrzehnten vergessen. Normalwerweise müsste meine Wohnung nur so glänzen. Allerdings hab ich natürlich auch Zugriff auf großartige Entspannungslieder und phantastische „Auf dem Sofa sitz und im Hintergund hör“-Lieder…
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Klar – ich bin mehr als offen für „Putzbegleitung“. Danke dir. Der Radetzky Marsch eigent sich wirklich nicht zum Mitsingen.
Sofa- und Hintergrundlieder habe ich auch einige. Die sind harmloser 😉
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Die Songs von „Queen“ kann ich zum Putzen überhaupt nicht empfehlen, denn da muss ich immer Luftgitarre spielen und komme mit der Saugerei/Wischerei überhaupt nicht weiter. 😉
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🙂 Stimmt – Luftgitarre und das Schrubben einer Badewann schließen sich aus.
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also: nicht dass der bursche neugierig ist …
es ist mir noch bei niemandem passiert, mit dem ich meine streaming-konten teilte, dass dieser sich für meinen verlauf interessierte. das finde ich schon bedenklich, nochzumal ich selbst ewigkeiten brauchte, um zu wissen, dass man das nachsehen kann. ich tat es erst, als ich mich mit einer netflix-mitarbeiterin zusammen auf die suche nach meinen hackern begab, die ausgesprochene mma-fans waren.
für den rest: sortieren tue ich auch, aber mehr thematisch. nie käme mir der kümmel auch nur in die nähe vom tandoori.
die bücher allerdings sind grob sortiert nach belletristik (alphabetisch) und sachbüchern (anderes regal, auch grob thematisch). dabei geht es nicht um zwanghaftigkeit, sondern schlicht ums finden, wenn man mal was braucht.
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Das mit dem Verlauf ist ganz einfach. Auf der Startseite stehen Empfehlungen „Weil du XY gesehen hast…“ und da ich ganz vieles nicht zu Ende schaue, ist ebenfalls auf der Startseite schon die Möglichkeit gegeben „weiterzuschauen“. Leider braucht es da keine große Suche um einen Eindruck zu erhalten was ich so sehe ;).
Bücher muss man ab einer gewissen Menge sortieren – sehe ich auch so. Ich verstehe nur nicht, warum manche das farblich machen. Da würde ich wirklich gar nichts mehr finden.
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farbliche büchersortierung lässt auf eine gewisse synästhesie schließen. für die betroffenen verbindet sich die farbe des bucheinbandes mit dem inhalt (oder autor? oder dem anfangsbuchstanden des autors? oder …)
das mit den filmen erschließt sich mir jetzt. ich nehme meine stalker-vermutung zurück. denn, klar, das springt einem ja ins auge.
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Er hat also deine guilty pleasures entdeckt und umbeauftragt in deine Ordnung eingegriffen – hmm. Ich wäre da einerseits fuchsig und andererseits fuchsteufelswild geworden, aber von ferne lässt sich natürlich leicht beurteilen, was tolerabel ist und was nicht. Spätestens bei der Umordnung meiner Dateien wäre ich persönlich allerdings wieder Single gewesen und der betreffende Herr hätte die restliche Zeit ohne Internet und Rechner auskommen müssen. Er hätte ja immer noch seine Bücher gehabt… 🤷🏻♀️
Meine Gewürze stehen nach Einsatzhäufigkeit geordnet im Schrank, weit weg von dampfenden Töpfen, damit sie nicht klumpen. Und was die guilty pleasures betrifft: meine Freundinnen und ich, alle sehr seriöse und gebildete Menschen, haben zusammen eine Bandbreite von eigentlich unkonsumierbarer Unterhaltung, die von GZSZ über Bollywoodfilme bis hin zu „Die Geissens“ reicht. Aber der Mensch braucht seine kleinen Ausrutscher, sonst wird das Leben eintönig und man selbst unerträglich. 😇
Den Radetzkymarsch mag ich übrigens sehr, den müsste ich mal zum Staubsaugen ausprobieren, vielleicht fällt es mir dann leichter? Aktuell sauge ich zum Mantra „Nur noch die Küche, nur noch das Schlafzimmer, nur noch…“ und ich finde, dein Begleitsound ist besser! Übrigens, zum Radetzkymarsch könntest du prima „Du bist süss, du bist süss, du bist richtig süss“ intonieren… 🎶
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Auch wenn ich nicht wusste, wie gründlich seine Aufraumarbeit meiner Dateien war….er hat natürlich vorher gefragt. Sonst wäre es arg übergriffig. Wobei ich aber nicht gedacht hätte, dass er alles umsortiert (wer macht so was schon freiwillig?!?)
Ich versuche auch noch rauszubekommen welchen „Schrott“ er sich ansieht, wenn keiner sonst im Raum ist. Bisher habe ich noch nichts gefunden, vermute aber, dass er seine guilty pleasure im Internet auslebt. Gala? Bunte? Promiflash?
Sehr zum Lachen bringt mich die Vorstellung den Marsch mit den Worten zu unterlegen. Falls ich mich dazu hinreissen lasse, werde ich berichten 😉
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Bin gespannt, ob du da noch fündig wirst. Vermutlich ist er ja jetzt doppelt auf der Hut. 🙂
Ich dachte mir schon, dass seine Aktion nicht mutwillig war, sondern ein wenig (?) aus dem Ruder gelaufen ist; ich wäre trotzdem ausgerastet, weil ich es überhaupt nicht mag, wenn jemand meine Ordnung stört, egal als wie unlogisch oder chaotisch andere sie empfinden mögen. Gerade musste ich mich sehr zwingen, ruhig zu bleiben, weil mal wieder eine Nachbarin während meiner Waschzeit ungefragt eins ihrer Teile in den Trockner gestopft hat. Die Leute haben einfach keinen Respekt (mehr) vor elementaren Regeln des Zusammenlebens. Es mögen Kleinigkeiten sein, aber es nervt.
So, genug geschimpft – bis zum nächsten Mal! Natürlich nicht über einen deiner Blogartikel. 😄
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Im besten Fall weiß man in einer Beziehung ja, wo die Grenzen des anderen sind.
Meine wäre übrigens bei der Wäsche anderer in „meinem“ Trockner überschritten. Eigentlich eine Kleinigkeit aber sehr nervig und wenn es bei dir mit dem Waschkeller wie bei uns ist, dann will/muss man die reservierte Zeit nutzen.
Einen schönen Nachmittag ohne Grund zu schimpfen wünsch ich dir und liebe Grüße 🙂
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