Lernen Sie zu erzählen, oder schweigen Sie! U-Bahn Gedanken

Jeden morgen steigt sie mit mir in den Bus. Die Frau, die gerne telefoniert, wenn andere zuhören. Die letzte Reihe ist ihre Bühne. Dort ist sie die Königin. Eine etwas zerrupfte Monarchin, die ihrem Volk gerne im vorbei gehen den Schal oder die langen Haare ins Gesicht schleudert. Sie schleudert gerne. Erst die Haare, dann die Worte. Letztere brüllt sie in ihr Telefon und verdammt das Volk ihr zuzuhören. Man kommt ihr nicht aus. Jeden morgen ist sie es, die den ganzen Bus unterhält und einem gesichtslosen Zuhörer von ihren Amouresken  berichtet. Leider gleichen ihre Erzählungen, ihrem Äußern. Eigentlich ganz hübsch, aber man darf nicht zu genau hinsehen oder -hören. Die dunkelbraunen Strähnen wirken unter dem Neonlicht des Busses etwas stumpf und ein paar Bürstenstriche mehr hätten ihnen gut getan. Auch ihr Schal, der einmal weich und flauschig war, sieht aus als würde er jeden Abend achtlos auf einem nicht ganz sauberen Boden landen. Ihre Geschichten wirken ganz ähnlich auf mich. Sie wären hübsch anzuhören, wenn sie nur ein wenig gepflegter erzählt werden würden. Vielleicht würde es schon reichen, wenn sie jemanden erzählt werden würden, der sie hören möchte. Weiterlesen