Wegen des Clowns. Und wegen dir.

Er weiß es noch nicht, aber er wird heute Nacht heute bei mir bleiben. Ich fasse den Entschluss, als wir das Kino verlassen. Noch aber sage ich es ihm nicht.  Zu offensichtlich ist es, zu gewollt und ich schäme mich ein wenig. Ich lade ihn auf einen Drink ein. Ein Absacker nach dem Film. Rede und lache seinen Einwand, morgen früh raus zu müssen, einfach weg. Es ist leicht, ihn zu einem weiteren Glas zu animieren. Zu leicht, denke ich mir auf dem Weg zur Bar und frage mich kurz ob es schon immer so leicht war. Vor leeren Gläsern sitzend, bitte ich ihn, mich nach Hause zu bringen. Meine Wohnung liegt auf deinem Heimweg und meine Straße ist mir heute zu dunkel. Er kann nicht ablehnen. Dunkle Straßen sind ein Argument, dem man sich nach Jahren der Freundschaft nicht erwehren kann. Vielleicht kann man sich als Mann einem solchen Argument auch nie erwehren. Ich habe nicht gelogen. Heute ist mir die Straße zu dunkel und ich könnte sie nicht alleine gehen. Nicht wegen der Dunkelheit und nicht, weil ich weiß, dass irgendetwas nicht stimmt. Weiterlesen

Gefunden Sätze #43

Anfang des Jahres war ich im Krankenhaus und vermutete, dass meine Energie für schwierige und sperrige Bücher nicht reichen würde. Es sollte etwas leichtes und zugleich spannendes sein. Ein Band mit Kurzgeschichten von Stephen King waren perfekt. Ich liebe den ganz besonderen Horrer dieses Mannes seit ich mit neun den Friedhof der Kuscheltiere und ES gelesen habe. Beides sollte mein Vater Probelesen, bevor meine Mutter es für mich frei geben würde. Ich weiß bis heute nicht ob er die Bücher je gelesen hat. Aber ich weiß, dass ich sie vor ihm ausgelesen habe – heimlich am Nachmittag wenn er in der Arbeit war. Ich hüllte die dicken Bücher in den Einband der „Roten Zora“ und versank für Stunden darin. Die Kuscheltiere fand ich langweilig, aber ES und der Clown Pennywise verstörte mich nachhaltig.
Erinnern Sie sich an das Aufkommen der Horroclowns letztes Jahr? Eine Handvoll Irrer, die Menschen erschreckten und in selten Fällen verletzten. Wäre mir ein solcher begegnet dann hätte es zwei Möglichkeiten gegeben. Entweder wäre ich vor Panik starr stehen geblieben und an einem Herzschlag gestorben oder ich hätte den Clown platt gemacht. Wäre ich vor Angst nicht gestorben, dann wäre ich diesem Idioten ins Gesicht gesprungen und hätte ihn so vermöbelt, dass er nie wieder jemanden erschreckt. Sie müssen wissen, ich hasse Clowns. Für mich sind sie nicht lustig sondern der personifizierte Horror – Stephen King sei dank.

In der Einleitung seiner Kurzgeschichten fand ich die heutigen „Gefundenen Sätze“. Sie beinhalten die schönste Beschreibung dieser Gattung, die mir bisher über den Weg gelaufen ist.

„Zu einem Roman hat man eine Beziehung und ist über Wochen mit ihm verheiratet.
Eine Kurzgeschichte ist etwas ganz anderes – eine Kurzgeschichte ist wie ein rascher Kuss von einem Fremden in der Dunkelheit. Das ist selbstverständlich nicht dasselbe wie eine Beziehung oder eine Ehe, aber Küsse können süß sein und gerade ihre Kürze macht ihren Reiz aus.“

Danke, Mr. King. Für jeden einzelnen Kuss unter dem schrecklichen Neonlicht im Klinkzimmer.