Zensierte Ehrlichkeit

Schreiben ist zweifellos eine wunderbare Sache. Nur sollte man mit einem möglicherweise vorhandenen Talent nicht allzu offen hausieren gehen. Glauben Sie mir, das wird anstrengend. Schreib du, ist seit einigen Jahren einer der meist gesagten Sätze meines Freundeskreises. Nicht etwa, schreib was schönes, sondern der Imperativ: Schreib! Beschränkt es sich bei meinem Freund meist auf Beileids- oder Glückwunschkarten und Einkaufszettel, schöpft der Rest aus dem Vollen. Durfte ich mich bis vor kurzem noch finanziell an Geburtstagsgeschenken beteiligen, bin ich jetzt für den persönlichen Touch der wenig kreativen Geschenke verantwortlich. A zieht ins Ausland? Der bekommt einen Gutschein und Mitzi schreibt was über Australien. Irgendwas lustiges, bitten sie. B lässt sich scheiden und man legt im Freundeskreis zusammen, damit sie sich bei einem Wellness Wochenende vor dem anstehenden Gerichtstermin noch einmal erholen kann. Jeder steuert unkompliziert und ohne Aufwand einen Schein bei und ich muss die aufmunternde Worte für die beigelegte Karte finden. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich würde aufmunternde Worte finden, wenn ich das wollte. Und es wäre ein leichtes eine DIN A4 Seite amüsantes Geplänkel über eine vierköpfige Münchner Familie in Australien zu schreiben. Will ich aber nicht. Wenn ich schreibe, bin ich ehrlich. Viel ehrlicher als im Gespräch und wie man weiß ist reduzierte Ehrlichkeit eines der Geheimnisse guter Beziehungen und stabiler Freundschaften. Und doch, werde ich noch immer gebeten, etwas lustiges, spritziges oder tröstendes zu schreiben. Mittlerweile allerdings steckt man meine geschriebenen Worten nicht mehr in den Umschlag ohne sie vorher zu kontrollieren, zu korrigieren und gegebenenfalls auch zu zensieren. Weiterlesen

Nur mal eben…

Auf die Frage ob ich schreiben kann, habe ich bisher immer mit einem klaren und eindeutigen Ja geantwortet. Ich hab´s mit sechs in der Grundschule gelernt und kann nach 33 Jahren noch immer den Stift halten, ohne dass er mir aus der Hand fällt. Selbst nach drei Gläsern Rotwein gelingt es mir, im Kneipenlicht meine Telefonnummer und meinen Namen fehlerfrei auf einen winzigen Kassenbon zu kritzeln. Weiterlesen

Taubentod

Man kann doch mal wieder mit der Hand schreiben, schlägt Tikerscherk auf Kreuzberg Süd-Ost vor und bittet um etwas, was zu tun hat mit eigenhändig Hergestelltem oder eigenhändig Erledigtem Es darf auch jemand eigenhändig aus der Wohnung geworfen, durchgeschüttelt oder wiederbelebt werden…. Hauptsache händisch. Ich blieb am „wiederbeleben“ hängen.

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Sämtliche Rechtschreibfehler, die entdeckt werden, dürfen als grammatikalisches Suchspiel betrachtet werden – mein Tipp-Ex reichte nur noch für das scheußliche Firmenlogo.

Es überraschte mich, wie schwer es doch geworden ist, eine Erzählung so kurz zu halten, dass sie auf ein Blatt passt und sie in einem Rutsch durch zu schreiben. Hätte ich am Rechner getippt, wäre etwas ganz anderes daraus geworden. Bis auf den letzten, hätte ich jeden Satz noch einmal umformuliert und etwa 300 Worte hinzu gefügt.

 

Als wir Robbie Williams in die Wüste schickten

So vieles wird geschrieben. Banales, Kluges, Nützliches und sehr viel Dummes. Fragt man diejenigen, die nur um des Schreibens willen schreiben, wie sie dazu gekommen sind und wann sie damit begonnen haben, erfährt man meist hübsche Anekdoten oder interessante Begebenheiten. Auch ein Blick ins Editorial oder die Rubrik „über mich“ eines Blogs lohnt. Häufig beantwortet er die Frage, wie es begonnen hat. Das Schreiben.
Bei mir nicht. Weiterlesen

Wortlos

Abends, kurz vor dem Einschlafen, sitzt er oft auf meiner Bettkannte und sieht mich mit leicht gerunzelter Stirn an. Ich bin zu müde um mich mit ihm auseinander zu setzen, aber wenn er mich nur lange genug stumm ansieht, verfliegt die Müdigkeit und ich rapple mich noch einmal auf. Ich schlage die Beine unter und warte darauf, dass er etwas sagt. Ich mag seine Augen und kenne jeden einzelnen der kleinen schmutzig braunen Flecken in der rechten Iris. Goldbraun würde schöner klingen, die Farbe ist aber eindeutig schlammig und ein bisschen dreckig. Weiterlesen