Oben zu Besuch

Immer wenn ich von der Hütte zurück kehre, hänge ich mindestens einen Tag lang fest. Wenn ich in der Früh den Berg hinab gestiegen, in den Zug nach München gestiegen bin und mittags auf meinem Balkon in München sitze, dann denke ich daran, wie still es jetzt auf der kleinen Lichtung im Wald ist. Ich weiß genau wo die Sonne steht und stelle mir den Holztisch und die Bänke vor, in deren Mitte jetzt kein hellblauer Sonnenschirm mehr steht. Ich ahne, dass die kleinen Siebenschläfer nur auf die Dämmerung warten, um noch lauter und ungestüme durch die Zwischenwände des kleinen Häuschens zu poltern, als in den letzten Tagen. Auf unserer Hütte bin ich Gast. Obwohl wir sie gebaut haben, ist sie es, die mich willkommen heißt und mir erlaubt eine Weile bei ihr zu sein. Wenn ich die Türe nach ein paar Tagen schließe, wird es dort oben still und das Leben der Hütte und ihren Bewohnern geht ohne mich weiter. Ich bin nur ein Gast und das ist gut so.

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Die ganze Stadt eine einzige Erinnerung

Das erste das ich heute morgens sah, war ein Baum. Nicht vor meinem Fenster, sondern auf dem kleinen Display meines Handys. Kein Text, nur ein Baum in der Morgensonne und im Hintergrund das Meer. Bei diesem Baum brauche ich keinen Text, ich kenne den Ort an dem er steht und weiß, dass er mir als Morgengruß geschickt wurde. Der, der ihn für mich fotografiert hat, kennt mich gut genug um zu wissen, dass dieser Baum für mich viel mehr als nur ein schönes Foto ist. Wenn ich ihn sehe, dann fühle ich all das, was ich empfinde, wenn ich an diesem schönen Ort zu Besuch bin. Genau deshalb gehört der Standort dieses Baumes auch zu jenen Orten, die ich nie wieder besuchen würde, wenn in seinem Schatten ein für mich so wichtiger Mensch nicht mehr leben würde. Seine Schönheit würde er zweifellos behalten, aber in seinen Ästen würden zu viele Erinnerungen hängen. Erinnerungen die nicht minder schön, aber zu stark in ihrer Schönheit werden würden. Weiterlesen

Besuch beim Wickerl

Habe ich etwas Zeit zwischen zwei Besorgungen oder ist das Wetter zu schön, um direkt nach der Arbeit nach Hause zu gehen, schlendere ich gerne durch die Stadt. Besonders gerne über einen der alten Friedhöfe. Der Südfriedhof liegt nicht unbedingt auf meinem Heimweg, für ihn mache ich aber gerne einen kleinen Umweg. Besonders im Frühling, da ist er noch schöner als sonst. Er gehört zu jenen Friedhöfen, auf denen schon lange niemand mehr begraben wird. Zentral gelegen, nur wenige Minuten von Isar und Sendlinger Tor entfernt ist er heute mitten in der Stadt ein ruhiger und stiller Ort. An manchen Stellen, besonders wenn es neblig oder schon dämmrig ist, auch ein wenig schaurig. Kein Wunder. Seine Grabsteine sind alt. Schon lange wird hier niemand mehr begraben. Die Jahrhundertealten Grabsteine sind verwittert und erzählen ihre eigenen Geschichten. Vom alten München und von seinen Persönlichkeiten. Fast möchte man meinen, sie liegen alle hier. Die Namen auf den Grabsteinen kennt man. Gärtner, Klenze, Schwanthaler, Spitzweg….das sind heute die Namen bekannter Plätze oder Straßen. Freilich sind hier nicht alle, aber doch sehr viele. 1563 wurde er als Pestfriedhof vor den Toren der Stadt angelegt und war später Münchens erster Zentralfriedhof. Es ist ein leichtes die Stadtgeschichte anhand der in Stein gemeißelten Namen zu verfolgen und zugleich ein Genuss der besonderen Art. Die stille Atmosphäre zwingt einen sanft langsam zu gehen und unter den alten Bäumen lässt es sich oft weit besser atmen als in der hektischen Stadt. Auch muss man sich bemühen, die alten Inschriften zu lesen. Obwohl viele der alten Grabsteine vor einiger Zeit restauriert wurden, zwingen einen die Jahrhunderte genauer hinzusehen. Wer sich lieber etwas erzählen lassen will, kann sich einer der regelmäßigen Führungen anschließen. Weiterlesen

Frau Irsaj ist abgängig

Es gibt Orte, die sind mir fremd. Kleine, in sich geschlossene Universen, die ich nur vom Hörensagen kenne und in deren Dunstkreis ich bisher immer nur kurz und oberflächlich eingetaucht bin. Polizeistationen zum Beispiel. Dort war ich bisher nur ein einziges Mal und ich kann Ihnen versichern, dass es sich um ein großes Missverständnis handelte. Sowohl die diensthabenden Beamten als auch ich, waren überaus froh, als sich unsere kurze Begegnung dem Ende zuneigte. Ich muss da nicht hin. Es reicht mir völlig ab und zu einen Krimi oder eine Vorabendserie zu sehen. Ähnlich geht es mir mit Krankenhäusern. Die mag ich nicht, weil ich mich mit ihren Abläufen nicht auskenne. Polizisten und Ärzte dagegen, mag ich. Aus mir unverständlichen Gründen, üben letztere sogar eine ganz besondere Anziehung auf mich aus. Möglicherweise gefällt mir der Gedanke, bei einem plötzlichen Herzinfarkt oder dem versehentlichen aufschneiden der Pulsadern beim Spülen von Weingläsern in guten Händen zu sein. Ihr berufliches Umfeld aber, ist mir fremd. Ich bin mit solch robuster Gesundheit gesegnet, dass ich die heiligen Hallen eines Krankenhauses bisher nur mit Blumen und Schokolade zu kurzen Besuchen betreten habe. Umso unangenehmer war es mir ein solches vor kurzem betreten zu müssen. Es stellt einen  vor ganz neue Herausforderungen. Vielleicht nicht jeden. Aber mich. Weiterlesen

Eine Hütte im Wald

Wenn ich die Herbstsonne vor meinem Fenster auch um neun Uhr noch aussperre und ein Tag auf dem Sofa eine wenig verlockende Vorstellung ist, dann bin ich krank. Dann mag ich keine Bücher, keinen Radio und keine Ablenkung. Dann will ich nur schlafen. Kann ich es nicht, rolle ich mich wie ein kleines trotziges Kind ein und warte schmollend bis es besser wird. Am besten lässt man mich dann in Ruhe. Krank und nicht zu gleich ungeduldig und missmutig sein, kann ich nur an einem Ort. Einer kleinen Hütte in den Bergen. Weiterlesen