Italienisch motzig

Ich bin kompromissbereit, da können Sie jeden fragen. Wirklich. Außer es geht um den ersten Kaffee am Morgen – da bin ich es nicht. Da bin ich stur wie ein Esel und unausstehlich, wenn ich ihn nicht bekomme. Stur habe ich deshalb am ersten Morgen in Ligurien auch versucht die Mokka auf den Herd zu stellen, obwohl völlig klar war, das es sich hierbei um ein unmögliches Unterfangen handelt. Nicht das Stellen der Mokka an sich, aber das auf den Herd stellen. Auf DIESEN Herd stellen. Ein neuer Herd und ein feiner Herd, aber ein völlig bescheuerter Herd, weil ihm ein winziges, aber elementares Teil fehlte. Hetzen Sie mich nicht, ich schreib mich gerade erst warm und überlege tippend wie ich Ihnen das Problem mit der Mokka erklären kann, wenn Sie weder mich noch den neuen Herd sehen. Eigentlich müssten Sie kurz vorbei kommen und sich neben mich stellen, dann würden Sie sofort verstehen, wo mein bzw. das Problem des Herdes liegt. Schön wäre das aber auch nicht, weil ich Ihnen dann zwar den Herd und das Dilemma zeigen, aber keinen Kaffee anbieten könnte. Und das gerade hier, wo jeder sofort eine Tasse in die Hand gedrückt bekommt. Zumindest bei mir, da es meine Rechtfertigung ist, mir einen weiteren Espresso zu genehmigen. Heute nicht, weil….ich beschreibe es Ihnen jetzt doch….die Metallstäbe, die wie ein Gitter über den einzelnen Gasflammen liegen und die direkt über den Ventilen eine Aussparung haben, so saublöd und weit auseinander sind, dass ich zwar einen mittelgroßen Topf, aber keine Mokka darauf stellen kann. Dafür gibt es einen Einsatz und der fehlt hier. Warum?!? Stünde der Gasherd in München, wäre es mir klar. Hat ja nicht jeder eine Mokka oder verlässt sich eben nicht jeder darauf, dass so ein Herd Mokkatauglich ist. Aber in Italien – gibt es einen Haushalt der keine Mokka und keinen kleinen Milchtopf besitzt? Vermutlich nicht. Ok….vermutlich schon und nur weil ich ohne Kaffee morgens nicht rundlaufe, bin ich so motzig. Italien-motzig. Das ist ein viel besseres motzig als ein München-motzig, weil es deutlich lösungsorientierter ist.

Ist stehe jetzt seit fünf Minuten vor dem Herd und halte die Mokka ganz einfach über die Flamme. Was praktikabel klingt, ist es nicht wirklich. Es geht, aber sollten Sie das selbst mal machen…passen sie auf den Ärmel Ihres Morgenrocks auf. Und das Ding, das fehlte, heißt „Triangolino“ – gibt’s auf jedem Markt zu kaufen (da gibt es ja eh alles) und heißt vielleicht doch nicht so, weil es nun wirklich keine dreieckige Form hat und ich der Nachbarin, die mir sagte, dass es so heißt, nicht ganz traue. Bekommen habe ich es aber und einen neuen Morgenrock habe ich mir am Markt auch gleich gekauft. Der alte….naja, weite Ärmel, offene Flamme… Irgendwie bin ich wirklich motzig und fast froh, dass meine Freunde noch nicht angekommen sind und ich mich noch etwas einrenken kann, bevor ich ihnen um den Hals falle. Und das werde ich, ich habe sie nämlich alle vermisst – sehr.

24 Stunden später ist meine Motzigkeit übrigens verschwunden. Ich hab mein Triangolino, drei Kaffee (einen davon in netter Begleitung) und vier Stunden lesen am Meer hinter mir. Schöner geht es nicht. Beim Kaffee wurde ich von einer Nachbarin auf den neusten Stand gebracht (das Haus und das Land betreffend) und fragte mich danach, was so schlimm daran ist 15 Minuten eine Mokka über eine kleine Flamme zu halten (die Antwort kenne ich durchaus und rate daher davon ab). Meine ausgesprochen gute und entspannte Stimmung hielt übrigens auch dann an, als am nächsten Tag das Wasser abgestellt wurde. Mit stoischer Gelassenheit wäre ich mit zwei Eimern bewaffnet auch einfach an den Strand gelaufen um hilfsweise so die Toilettenspülung zu überbrücken. Stattdessen stand ich mit einer Bekannten im Keller des Hauses, ignorierte die Blicke eines Handwerkers, der – seinem Blick nach zu urteilen – unsere Schlafanzüge modisch fragwürdig fand und dennoch bereitwillig unsere Eimer aus seltsamen Tanks mit Wasser befüllte. Und nein, ich wohne nicht auf einer Baustelle. Ich war in einem ganz normalen italienischem Haus und wie zu Hause in München, wird auch hier bei Wartungen das Wasser abgestellt und man stellt erst bei der ersten Benutzung eines neuen Haushaltsgerätes fest, was noch fehlt. Völlig normal und das ist das Schöne. Es ist so normal hier zu sein. Herrlich normal. Bis auf das mit dem Morgenrock, das ist länderübergreifend dämlich. Und vielleicht zieht man sich auch etwas mehr an, wenn man einem Eimer bewaffnet durch das Treppenhaus läuft. Obwohl….

Es grüßt Sie Ihre überhaupt nicht motzige Mitzi