Schande hoch 2

Der Mann an sich ist ein wunderbares Wesen. Ausnahmen mögen die Regel bestätigen, aber alles in allem, sind es doch herrliche Geschöpfe. Ich persönlich bevorzuge jene Exemplare, die deutlich größer als ich sind und gerne auch etwas mehr Kraft als ich selbst besitzen dürfen. Das mag oberflächlich klingen und es wahrscheinlich auch sein, aber ganz ehrlich….andernfalls, kann ich mich auch selbst um die Entsorgung meines Christbaums kümmern. Das ich das kann, steht außer frage und wurde hier in vielen Jahren dokumentiert. Dieses Jahr kann ich es nicht. Mein rechtes Handgelenk ist verknackst, tut weh und der Baum muss weg. Mein Nachbar Paul wird sich darum kümmern. Mein Nachbar Paul ist groß, stark und sehr lieb ist, schrieb ich ihm in einer SMS und erwähnte den Christbaum nicht. Dein Nachbar Paul ist groß, stark, lieb und nicht bescheuert, antwortete er und wusste genau, dass es um das grüne Nadelding geht. Mein Nachbar Paul und ich schreiben uns gerne SMS.

„Dein Nachbar Paul findet es traurig, dass du ihn für so simpel gestrickt hältst.“
„Mein Nachbar Paul sollte wissen, dass ich seine körperlichen Attribute durchaus zu schätzen weiß.“
„Dein Nachbar Paul fragt sich ob sich dieser – grenzwertige – Dialog noch um die Entsorgung des Baumes dreht.“
„Selbstverständlich!“



„Hast du das Ding in den Laubengang geschleppt, damit du mir leid tust?“
„Ja! Funktioniert es?“
„Nein.“
„Mist.“

….
….
„Mitz…im Ernst, was zum Henker machst du da?!?“
„Das kleine Beil von mir ist lose. Ich hab Judiths Hackmesser genommen. Geht fast genauso gut.“



„Scheint nicht zu gehen ;). Lass ihn liegen. Ich hol ihn später ab.“


„Danke. Und sorry – ich bin eine Schande für die Emanzipation!“


„Und ich für die Nachbarschaft 🙂 – siehe Foto.“


Falls Sie sich fragen ob dies das Endstadium der Entsorgung durch Paul war…ja.

März Problem

Jedes Jahr Anfang März kehrt die Sonne auf meinen Balkon zurück. Den ganzen Winter über lässt sie sich nur wenige Stunden lang blicken. Ab März aber, ist sie in alter Pracht zurück. Von halb acht Uhr morgens bis etwa drei Uhr am Nachmittag, ist mein Balkon eine windgeschützte und zugleich sonnendurchflutete Oase, die ich sehr zu schätzen weiß. Und jedes Jahr Anfang März stöhne ich leise auf, wenn ich mit dicken Kissen unter den Achseln und Buch und Kaffeetasse in den Händen auf dieser Oase stehe und mich niederlassen möchte. Pünktlich zum ersten März fällt mir ein, dass ich meinen Christbaum ja noch nicht entsorgt habe und ein Drittel meiner Oase von einem 2,20 Meter großem Monstrum in Beschlag genommen wird. Ein bisschen stur quetsche ich mich dann neben das nadelnde Gerippe und rede mir ein, dass es so wenigstens angenehm frisch nach Wald riechen würde. Tut es aber nicht. Es riecht nach dem Holzschuppen unserer Hütte und der ist immer etwas feucht und modrig. Das sind die Reste meines Christbaumes auch. Erst gestern hat es ihn wieder ein wenig angeregnet. Weiterlesen