Stalker wider Willen

Gäbe es einen Preis für unfreiwillig blödes Verhalten in sozialen Medien, dann hätte ich ihn längst. Nicht einen, sondern alle die regional erhältlich sind, ein paar der nationalen und mindestens einen internationalen. Zu den nationalen gehört zum Beispiel der vor einigen Tagen, als ich mich lautstark über einen nicht funktionierenden Link auf einem befreundeten Blog beschwerte und erst nach Aufklärung kapierte, dass ich zu scrollen übersehen hatte. Auf dem gleichen Blog lies ich mich auch darüber aus, dass eine fehlerfreie Grammatik  bei der Kürze der Beiträge, keine Kunst sei und schaffte es, in meinem – sehr kurzem – Satz selbst einen Buchstaben zu vergessen. Ohne Probleme wischte ich in meiner kurzen Tinder-Laufbahn regelmäßig auf die falsche Seite  und schaffte es auf einer Datingseite ein Blinddate mit meinem besten Freund zu vereinbaren. Auf seinen Bildern war er nur von hinten zu sehen und ich interpretierte die Vertrautheit, die das Betrachten dieses Rückens bei mir auslöste, als gutes Zeichen. Unseren Chatverlauf nutzt er, der mich auf den Bildern von vorne sah, noch heute regelmäßig als Druckmittel. Weiterlesen

Eine Unverschämtheit

Wenn Frau Obst sich in den Waschkeller begibt, dann ist sie auf Krawall gebürstet. Eigentlich hätte sie hier unten nämlich nichts zu suchen. Sie besitzt sowohl eine Waschmaschine als auch Trockner in ihrer Wohnung. Das weiß ich, weil sie beides mit Vorliebe am frühen Samstagmorgen laufen lässt und mich gerne daran erinnert, dass nur faule Menschen am Samstag ausschlafen. Ausschlafen ist allenfalls am Sonntag erlaubt – sofern man den Kirchgang am Vorabend bereits hinter sich gebracht hat. Frau Obst ist in dieser Beziehung eine klasse Theoretikerin. Praktisch ist sie schon vor Jahren, nach einem Disput mit dem Chorleiter ihrer Gemeinde aus der katholischen Kirche ausgetreten. Der Herrgott würde es ihr nachsehen, erzählte sie. Er, mit dem sie recht eng verbunden ist, hätte zweifellos Verständnis dafür, dass sie unmöglich an einem Gottesdienst teilnehmen könne, der musikalisch von einem Kinderchor untermalt wird, der von einem geschiedenen Mann geleitet wird. Sodom und Gomorra. Der Besuch der anderen nur eine Trambahnstation entfernten Kirche ist selbstverständlich keine Alternative. Wenn Frau Obst also den Waschkeller aufsucht, dann nur weil sie schlechte Laune hat und ein Opfer sucht, an dem sie selbige auslassen kann. Weiterlesen