Februarort

Wäre ich jetzt an meinem Feburarort, dem echten, dann würde ich hören was ich auch jetzt höre. Drei Radiosender im Wechsel. Drei Sender, die ich zu Hause in München wenig hörte. Überhaupt hörte ich wenig Radio und wenn, dann nebenbei und nur selten bewusst. Seit letztem Jahr ist er mein ständiger Begleiter – der Radio, weil er in Bayern ein „er“ ist. Der Radio und der Butter, das müssen Sie so hinnehmen, alles andere klingt für mich so falsch, wie für Sie richtig. Der Radio läuft seit dem Lockdown vor bald einem Jahr. Anfangs auch nur um ein schönes Wochenende akustisch zu verlängern, denn oben auf unserer Hütte gehört er zur Geräuschkulisse und ist nicht wegzudenken. Draußen auf der Lichtung vor dem Haus hört man das Rauschen des Waldes, das Brummen und Summen der Insekten, das Knacken der Äste oder die lähmende, flirrende Stille eins Hochsommertages. Drinnen aber läuft der Radio. Das tat er schon immer. Wir alle, die wir oft oben sind, haben unsere Lieblingssender.  Ich zum Beispiel höre zum Aufstehen Bayern 1. Aktuelle Musik mit einem Hang zu den Achtzigern – angenehm vertraut, wenig überraschend und eine beruhigende Konstante bei Sommergewittern, beim Frösteln bis das Feuer im Ofen brennt oder beim Kochen, das dort oben viel länger dauert, weil nichts schnell gehen muss. Irgendwann dann Bayern 5, den Nachrichtensender, dem man nicht zu lange zuhören kann, weil sich die Neuigkeiten des Tages ständig wiederholen und recht schnell nicht mehr neu sondern abgehört sind. In Coronazeiten reicht eine Viertelstunde und man kennt die Neuinfektionen, weiß wie viele es in den Nachbarländern gab und seit einiger Zeit welches Land wie viele seiner Bewohner schon geimpft hat. Interessant, aber zu lange darf man sich nicht damit befassen, sonst schlägt es auf s Gemüt. Dazwischen Bayern 2 den Kultursender. Hier ein Hörspiel von Kafka, da eine Reportage über die Antarktis, dort ein aktueller Podcast und immer wieder Musik, aber meist nur ein einzelnes Stück.  Im Wald braucht man nicht viel und hat die Muse zuzuhören. Mit der Erinnerung an die drei Radiosender fuhr ich im Frühjahr zurück nach München. Der Lockdown begann und weil er sich unheimlich anfühlte, war es heimelig mit dem Radio, der hier wie dort klang. Morgens zum ersten Kaffee Bayern 1, kurz – nur ganz kurz – Bayern 5 und wenn es zu still wurde Bayern 2, das Geschichten erzählte. Grenzen schlossen sich und öffneten wieder, Normalität kam im Sommer zurück und verabschiedete sich im Winter – der Radio blieb und jetzt gehört er so zu mir, dass er mein Februarort geworden ist und ich mit geschlossenen Augen problemlos im Wald und zugleich auf meinem Sofa sein kann. Weiterlesen

Nur mal eben…

Auf die Frage ob ich schreiben kann, habe ich bisher immer mit einem klaren und eindeutigen Ja geantwortet. Ich hab´s mit sechs in der Grundschule gelernt und kann nach 33 Jahren noch immer den Stift halten, ohne dass er mir aus der Hand fällt. Selbst nach drei Gläsern Rotwein gelingt es mir, im Kneipenlicht meine Telefonnummer und meinen Namen fehlerfrei auf einen winzigen Kassenbon zu kritzeln. Weiterlesen