Autunno I

Manchmal bin ich abergläubisch. Zum Beispiel dann, wenn zwei Menschen, die aus zwei unterschiedlichen Ländern in ein drittes fahren, mit einem zeitlichen Unterschied von nur vier Minuten in ein und das selbe Parkhaus fahren. Dann müssen sie sich…das ist die Regel…mindestens fünfmal ganz fest umarmen und sich sechsmal versichern, dass es ganz wunderbar ist, sich endlich wieder zu sehen. Besonders dann, wenn es die Stadt ist, in der sie einige Jahre gemeinsam gelebt haben und in der sie sich seltsamerweise seit dem nie wieder getroffen haben. Dann könnte man sich auch ein siebtes Mal umarmen. Oder es lassen, denn der mutigste meiner Freunde, zieht grinsend eine Augenbraue nach oben und signalisiert, dass man – also ich – es mit dem Emotionen auch übertreiben kann.

Emotional sind wir trotzdem beide. In dieser Stadt ist es unmöglich auch nur einhundert Meter zu laufen, ohne von Erinnerungen angesprungen zu werden. Das ist ok, schließlich war es einmal unsere Heimat. Auch ok ist es, dass Verona, die wunderschöne Stadt, es heute nicht mehr ist. Heute liegt unser gemeinsamer Lieblingsort am Meer. Und weil diesmal ich einige Tage vor ihm dort ankommen werde, ist ein Zwischenstopp hier der bestmögliche Kompromiss. Und da wir nicht mehr hier wohnen, können wir uns auch gleich wie Touristen verhalten und ein Foto vor der Arena machen. Bitte sehr….die gealterten Protagonisten aus “Nix mit Amore” mit ganz viel Amore.

Eine freundschaftliche Liebe, die sich durch besondere Herzlichkeit auszeichnet. Ich brauche gerade einmal eine knappe Stunde um ihn als blöden “deutschitalienisches Schimpfwortmischmasch Ihrer Wahl einfügen” zu bezeichnen, als er mir das Telefon auf mich hält während ich die Blasen an meinen Fersen kontrolliere. Meine Beschimpfung geht nun als Video vermutlich an unser Familien und Freunde. Einen Teil davon sehe ich heute Abend am Meer. Im Gepäck acht Umarmungen zum Abschied. Einen Teil davon gebe ich weiter.

16 Gedanken zu “Autunno I

  1. Ich frage mich eben, ist Liebe oder Freundschaft möglich, ohne dass man sich auch Schimpfen darf? Spontan tendiere ich zu nein. Vertrauen, Vertrautheit, das geht doch gar nicht ohne das eine oder andere, mal mehr scherzhaft, mal mehr ernst gemeinte böse oder wenigstens bissige Wort!

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