Corona Homeoffice XXX

Wie geht es Ihnen im Homeoffice? Sind Sie dort noch immer, jetzt dauerhaft oder vielleicht nie gewesen? Gut zwei Drittel meines privaten und beruflichen Umfeldes sitzt wie ich noch immer zu Hause und wenn man uns fragt, ob wir uns mittlerweile daran gewöhnt haben, antworten wir mit einem klaren Jein. Einer nicht repräsentativen Umfrage zufolge wurde von gut der Hälfte meiner Freunde die Küche zum Büro erklärt. Der offensichtliche Vorteil – die Nähe zu Kühlschrank und Kaffeemaschine – ist dabei eher nebensächlich. Viel öfter ist es der verzweifelte Versuch, durch das Arbeiten am wackligen Küchentisch, den beruflichen Alltag wenigstens Ansatzweise vom Privatleben zu trennen. Mit etwas Phantasie kann man sich dort vorstellen in der Gemeinschaftsküche eines Büros zu sitzen. Selbstgespräche und ein Hang zum Selbstbetrug unterstützen das geborgene Gefühl. Die andere Hälfte sitzt im Wohnzimmer und gibt an, sich noch immer regelmäßig mit den Füßen im Kabelsalat unter dem Tisch zu verheddern. Für ein paar Wochen Pandemie haben sich nur die wenigsten Kabelbinder zugelegt. Ich selbst gehöre zu den wenigen Glücklichen, die ein Arbeitszimmer besitzen. Eines für das man ebenfalls etwas Phantasie benötigt um es als solches zu erkennen. Bis vor einem Jahr war es ein völlig sinnloser Zwischenraum zwischen Flur und Schlafzimmer ohne Fenster und Heizung. Wunderbar für Bücherregale bis unter die Decke, aber ansonsten nicht zu gebrauchen. Jetzt steht dort noch mein Schreibtisch. Der…Sie ahnen es….verzweifelte Versuch die Arbeit wenigstens räumlich etwa vom Privatleben abzugrenzen. Ob es funktioniert? Natürlich nicht.

Unzählige Statistiken belegen, dass die meisten Menschen zu Hause deutlich mehr und länger als im Büro arbeiten. Ich bin keine Ausnahme und irgendwann ab dem späten Nachmittag stehen auf meinem Schreibtisch zwei geöffnete Notebooks an denen ich mich regelmäßig selbst aussperre, weil ich das private und das geschäftliche Passwort so oft und so konsequent falsch eingebe, dass irgendwann beide Bildschirme empfehlen vor der nächsten Eingabe ein paar Minuten zu warten. Auch telefonisch melde ich mich grundsätzlich nur noch mit „Hallo“, weil ich mein privates und mein berufliches Handy (eine identische Schutzhülle war vermutlich nicht die beste Idee) so oft für Anrufe verwechselt habe, dass jeder Anruf auf einem der beiden Telefone mit einem mittlerweile vertrauten Gefühl der Spannung einher geht. Abgesagte Lesung oder verbummelter Abgabetermin im Büro? Immer wieder spannend und ich melde mich mit einem freundlich, forschen Tonfall, der signalisiert, dass ich für alles bereit bin. Oder – wie eine Kollegin neulich anmerkte – mit einer Stimme, der man das letzte Aufbäumen vor der Kapitulation bereits anhört. Was solls, wenn ich ehrlich bin, dann hat das ganze auch seine Vorteile. Die Nähe zu meinem Nachbarn Paul zum Beispiel. Seit wir uns beide im Homeoffice befinden sind wir richtig gute Freunde geworden. An manchen Tagen fühlt es sich an, als würden wir uns schon ein ganzes Leben lang kennen. Manchmal bin ich mir nicht sicher, ob wir wirklich Freunde sind oder nicht vielleicht doch ein altes Ehepaar. Eines jener Ehepaare, das man nie werden wollte. Sie wissen schon…diese Paare, denen man das sich über Jahre langsam eingeschlichene Desinteresse deutlich ansieht, die sich aus purer Bequemlichkeit nie trennen würden und sich irgendwie dann doch ganz gerne haben. Wären Paul und ich ein solches Ehepaar, dann wäre es völlig normal, dass er um halb elf Uhr morgens in Jogginghose, Barfuß, aber mit Hemd und Krawatte an meinem Wohnzimmertisch sitzt und sein Zoommeeting bei mir abhält. Da wir es aber nicht sind und irgendwie auch keine Freunde, sondern nur Nachbarn, ist es dann doch wieder komisch und er sitzt nur bei mir rum, weil die Handwerker im Hinterhaus so einen Krach machen, dass an Arbeiten dort nicht zu denken ist. Vielleicht sind wir aber doch auch Freunde. Pauls Kollegen kennen mich nämlich schon. Er hat vergessen den Hintergrund zu vernebeln und ich habe mich mehrfach hinter ihm in die Küche geschlichen. Außerdem stehe ich mit dem Notebook unter dem Arm vor Pauls Tür, wenn meine Internetverbindung mal wieder komplett zusammen gebrochen ist, weil neben mir auch noch zwei Nachbarskinder an meinem W-LAN hängen und es eigentlich nicht mein W-LAN, sondern das von Herrn Krüger unter mir ist. Eigentlich würde ich mich gerne wieder in mein eigenes W-LAN einloggen, aber aufgrund der Sicherheitseinstellungen meiner Firma müsste ich das mit Hilfe unserer IT machen. Fragen Sie bitte nicht warum, aber es ist so und das geht nicht. Als man sich erstmals im März letzten Jahres auf meinen Rechner aufschaltete um die Verbindung einzustellen, wurde mir bewusst, dass der von mir vergebene Name für mein Netzwerk so unglaublich unpassend, infantil und peinlich ist, dass ich einfach das von Herrn Krüger unter mir angegeben habe. Der hatte kein Passwort vergeben und unsere Wände sind anscheinend dünn genug um sich auch „von oben“ einzuwählen. Dank der IT Abteilung meiner Firma, die das offene Netz, das sie für meines hielten als unverantwortlich einstuften, hat Herr Krüger mittlerweile ein Passwort und ich überlege seit über einem Jahr wie ich ihm das sagen kann ohne den ganzen Rest zu erklären. Paul ist der Meinung, dass ich meinen Mund halten soll und hat wahrscheinlich recht. Nein, hat er sicher nicht, aber wie um Gottes Willen soll ich das erklären? Themawechsel! Ihnen geht es gut im Homeoffice? Erzählen Sie doch ein bisschen. 

20 Gedanken zu “Corona Homeoffice XXX

  1. Seit der Verrentung arbeite ich eigentlich immer im home office. Das lässt sich nicht vergleichen? O doch. Man hört als Rentner nicht auf zu arbeiten, eher im Gegenteil. Denn nun hat man ja Zeit und kann richtig loslegen. Dass Privates und Arbeitsmäßiges zum Eintopf werden, lässt sich da gar nicht vermeiden.

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    1. Ich denke durchaus, dass sich das vergleichen lässt. Zumindest dann, wenn man weiter arbeitet oder sich mit Leidenschaft verschiedenen Dingen widmet. Du bist in diesem Bereich dann wohl viel mehr Experten als ich. Aber auch ich werde mich gewöhnen. Die vielen Vorteile sind schließlich auch gegeben. Liebe Grüße

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  2. Hallo Mitzi! Ich musste so lachen, denn auf deine Frage, ob wir uns daran gewöhnt haben, kam mir auch sofort das JEIN in den Sinn, ehe ich es las. Obwohl, gewöhnt schon. Das JEIN wäre eher meine momentane Antwort auf die Frage, ob ich wieder ins Büro zurück möchte.
    Denn es hat entscheidende Vorteile daheim: Ich kann beispielsweise die E-Mails meines Chefs lautstark kommentieren, ohne dass ich befürchten muss, dass er gerade hinter mir das Büro betritt. (So geschehen.) Ich kann alles erstmal sacken lassen, ’ne Runde Wäsche aufhängen und derweil überlegen, wie ich antworte. Es ist eigentlich ziemlich relaxt (ich hoffe, hier liest jetzt niemand aus meiner Firma mit.) So ein bissl Freelancer-Feeling. Man muss dazu freilich Abstand haben, und die Dinge nicht mehr so ernst nehmen (seine Arbeit, aber nur die, natürlich schon). Bei uns spricht einer immer von „le dinamiche“, und auf die pfeife ich jetzt. Verstehst du?
    Andererseits fehlt mir der menschliche Austausch mit den (netten) Kollegen. Auch das sich jeden Morgen ordentlich Anziehen. Aber täglich hin und zurück jeweils eine halbe Stunde Autofahren? Muss das sein? Ich weiß noch nicht, wie ich entscheide, sollte man mich wieder „heim ins Büro“ rufen.
    LG aus Norditalien (Firma im Tessin).😊

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    1. Du sprichst mir aus der Seele. Ich musste schmunzeln, als du das mit der Wäsche erzählt hast. Auch das würde ich nie schreiben, weil man ja nie weiß wer den Blog aus dem Büro mit liest. Wobei es eigentlich Quatsch ist, ob man nun mit Kollegen 5 Minuten an der Kaffeemaschine steht oder schnell eine Ladung Wäsche in die Maschine stopft. Und dann wahrscheinlich eh ein paar Minuten an die all tägliche Arbeitszeit anhängt.
      Auf Dauer würde mir eine Kombination aus Home-Office und Büro am besten gefallen. So wäre das Arbeiten wahrscheinlich am effizientesten und auch am schönsten. Liebe Grüße nach Italien. Ich hab gerade eine halbe Stunde lang mit Freunden in Ligurien überlegt, ob es wirklich realistisch ist in dem kleinen Ort in dem ich bin für den Rückflug nach München an einen PCR Test zu kommen. Wir werden es wohl nicht riskieren und ich steige auf den Zug um. Ein einziges Chaos, aber der Gedanke an einen richtig guten Kaffee im richtigen Ambiente macht es wett. 😉 Liebe Grüße

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      1. Das Durchmischen von privat und dienstlich heißt keinesfalls, dass man weniger arbeitet. Vor allem ist man flexibler, ich habe einen Halbtagsjob, aber jetzt, wenn es wirklich „pressiert“ (sagt man so bei euch?😉), kann man auch am Nachmittag noch mal was machen. Und beim Wäscheaufhängen formuliere ich ja in Gedanken schon die E-Mail. Gut gedacht ist halb gemacht!
        Fliegen ist für mich auch (hoffentlich) kein Thema dieses Jahr, wäre mir zu kompliziert. Mit dem Zug machst du es richtig, Kann auch mal wieder eine nette Erfahrung sein. Ligurien ist es auf jeden Fall wert! 😊
        Buona serata!

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      2. Pressiert…ja, genau :). Ich sehe es wie du – weniger macht man zu Hause sicher nicht. Eher im Gegenteil. Und sowohl für den Rücken, als für die Augen und den Verstand sind kleine Pausen wichtig. Wenn man die mit alltäglichen Handgriffen füllt…warum nicht.
        Ligurien ist wirklich wunderschön. Mir persönlich gefällt an dem kleinen Ort in den ich immer fahre, dass ich dort noch nie ein einziges deutsches Wort gehört habe. Spätestens dort kann ich dann komplett abschalten.
        Saluti und einen guten Wochenstart (wir hatten den Montag ja noch frei)

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  3. Ich gehöre zu den Ausnahmen: Ich arbeite viel weniger in meinem Homeoffice, was vermutlich daran liegt, daß ich darauf warte, daß mir Leute Fragen stellen, die ich dann mit Hilfe des Internets beantworte – das passiert bei mir zu Hause viel weniger als im Betrieb, weil eine mündlich gestellte Frage einfacher ist als die Formulierung einer Email. Das stört mich eigentlich nicht, ich langweile mich nie. Was mir inzwischen fehlt, ist der Kontakt zu den Kollegen, vier neue Leute sind im letzten Jahr eingestellt worden, die ich nicht kenne. Strange.

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    1. Das ging mir neulich auch so. Als ich an einem der wenigen Tage im Büro war sind mir Leute begegnet, die ich tatsächlich noch nie gesehen habe. Für die ist es wahrscheinlich noch blöder einen neuen Job zu beginnen und auch nach einem halben Jahr noch nicht mal ein Drittel der Kollegen persönlich getroffen zu haben.

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  4. Ich habe vorher schon im Homeoffice gearbeitet, und neu ist, dass ich – seit die besserverdienende Hälfte auch zu Hause arbeitet – irgendwann ein Apartment als Büro angemietet habe, in dem ich mich auch just befinde, um den Ehefrieden zu sichern. Bei andauernden Meetings aus dem Nebenzimmer bekomme ich keinen geraden Satz aufs Papier. Ohne auch nicht, wie ich jetzt weiß.
    Die Firma möchte nun auch für die Zeit „nach Corona“ Homeoffice ermöglichen und nur noch auf einem Präsenztag in der Woche bestehen. Unklar ist, ab wann das ist, „nach Corona“.

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    1. Das steht auch bei uns noch in den Sternen. Ich denke mal das ich in einiger Zeit eine Mischung aus Home-Office und Büro haben werde. Für mich eigentlich die schönste und angenehmste Mischung. Ich denke das ich in den nächsten Monaten in ganz vielen Büros einiges ändern wird. Bei manchen Jobs ist das Home-Office einfach nicht möglich, aber die klassischen Büros… Das wird noch spannend werden.

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  5. Was sich tatsächlich als praktisch erwiesen hat: zwei verschiedene Telefone. Festnetz ist für Privates, Handy für Dienstliches. Mein Home Office besteht ja praktisch nur aus Handy und Notebook, und ich wohne allein, also ist das mit der Raumaufteilung nicht so dramatisch. Ich habe kurz darüber nachgedacht, mein Homeoffice im Vorraum einzurichten, aber da hätte ich kein Tageslicht.

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    1. Das fehlende Tageslicht ist bei meinem Zwischenraum auch ein großes Problem. Im Winter weniger aber jetzt im Sommer und Frühjahr ziehe ich mit dem Rechner dann doch wieder an den Wohnzimmertisch um. Die Trennung von den Telefonen wird sich in nächster Zeit auch ändern. Es gibt ja jetzt so schicke Internet Telefonie, bei der man dann wirklich nur noch das Notebook braucht. Insgesamt ist das Home-Office schon ganz okay und ich bin froh dass ich es überhaupt machen konnte. Viele Grüße

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  6. Ich bin Fahrer in einem Shuttle Service. Zur Zeit haben wir zum Glück nur sehr wenig Fahrten… und da das virtuelle Fahren der Kunden zu ihrem Bestimmungsort noch nicht sooo gut klappt, habe ich viel Freizeit, die ich Hauptsächlich zum Entspannen, also, zum Nichtstun nutze. Prima, sage ich, ganz prima. Seit Monaten nehme ich mir vor, endlich den Frühjahresputz in Angriff zu nehmen. Bis jetzt habe ich keinen Finger gekrümmt. Und mir geht es sagenhaft gut dabei… 😉

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  7. Mitzi, im Gegensatz zu dir würde ich dienstliches und privates Handy auch miteinander verwechseln, wenn sie absolut andere Hüllen hätten – weil ich mir schon im Normalfall wenig merken kann – aber unter Stress so gut wie gar nichts. Und über Wochen und Monate im Homeoffice zu sein, kann doch nichts anderes als Stress sein.
    Ich habe das Gefühl, die längste Zeit liegt hinter uns.
    Lieben Gruß

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    1. Beides, liebe Clara. Manchmal ist es eindeutig mehr Stress und dann auch wieder viel weniger, weil ich selbst bestimmter arbeiten kann und die ganze Fahrerei wegfällt. Sobald eine Mischung aus Büro und Homeoffice wieder möglich ist, wird eh alles entspannter 🙂

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