11 Fragen und ein schrecklich schlechtes Gewissen.

Elf Fragen wurden mir gestellt. Mir und anderen. Die typischen Blogger-Kettenbriefe, die häufig schrecklich banal sind und einmal gelesen schnell wieder in Vergessenheit geraten. Immer wieder aber entstehen beim Beantworten Blogbeiträge, die gewollt oder ungewollt mehr über den Autoren verraten als viele seiner Artikel.
Ich weiß noch, dass ich die Beantwortung von elf Fragen im Rahmen eines jener Awards sehr, sehr gerne gelesen habe. Ein Punkt, ich weiß nicht mehr welcher, hat mich damals, vor über einem Jahr berührt und ich freute mich von dieser feinfühligen und sensiblen Person ebenfalls ein paar Fragen gestellt bekommen zu haben. Gestellt bekommen zu haben? Ist das richtig? Es liest sich falsch. So falsch, wie nicht mehr zu wissen, wer es eigentlich war, der mich berührte und der mir die Fragen stellte. Ich glaube zu wissen, wer es war, finde auf ihrer Seite aber nichts mehr. Vielleicht bin ich auch einfach zu doof, richtig zu suchen und bin ganz sicher zu blöd etwas schönes auf diese Fragen zu antworten.
Es sind gute Fragen. Einfache und schlichte Fragen, die einladen, sie gehaltvoll oder mit Wortwitz zu beantworten, und doch scheitere ich an ihnen. Ich trage sie nun schon so lange mit mir herum, dass es tatsächlich „meine“ elf Fragen wurden. Immer wieder denke ich an sie und streite mich sogar mit einem, der gar nicht mehr bei mir ist, über ihre Beantwortung. Auch heute, beim gefühlt 156 Anlauf sitzt er mir gegenüber und runzelt die Stirn. Als ob es so leicht wäre, fahre ich ihn an und sehe wie er beschwichtigend die Hände hebt. Er muss nichts sagen. Ich kenne ihn gut genug um zu wissen, was seine Augen sagen. Mach!, sagen sie. Verdammte elf Fragen sollten für mich kein Problem sein. Ich beantworte sonst ja auch alles und warte meist nicht einmal darauf, dass sich jemand nach meiner Meinung erkundigt. Jetzt aber….11 Fragen und 11 Antworten. 

1. Welches Wort soll dein Jahr 2018 beschreiben?

2018?!? Scheiße. Der Entwurf hängt hier doch schon über eineinhalb Jahre rum. Wenigstens weiß ich jetzt wieder sicher, von wem er mir geschickt wurde. Gilt 2019 auch? Dann nehme ich schlicht und einfach „Mach“ oder besser „Mach!“, denn leider hat er recht, ich sollte mal. Machen. Ganz vieles. 

2. Was macht dich glücklich?

Ganz aktuell – der erste Kaffee gestern auf dem Balkon. Noch liegen Schneereste in den Straßen und noch hat es der beginnende Frühling nicht geschafft, die Reste des schönen Winters ganz verschwinden zu lassen. Aber genau so muss es sein, am ersten Frühlingstag. Noch etwas Schnee, aber schon auf der Holzbank in der Sonne liegen und die Wärme spüren. Der erste Kaffee in der Sonne auf dem Balkon, ist wie ein Versprechen. Geschafft – ab jetzt wird es hell und warm. Versprochen.

3. Welcher ist der schönste Ort, den du kennst oder kennen lernen möchtest?

Der schönste Ort, das ist schwierig. Ich muss mir einen herauspicken. 

0409 Birkenwäldchen

0409 Weiher

Die Bilder zeigen den Gipfel des Berges auf dem unsere Hütte steht. Ein grasiger Gipfel mit einem kleinen Birkenwäldchen und einem Teich, der nur in Jahren mit viel Regen existiert. Dort oben. In der Sonne. Augen geschlossen und das Läuten von Kuh- und Ziegenglocken im Ohr. Hummeln brummen, Vögel zwitschern und….nichts und. Es ist perfekt. Im Frühling, im Herbst, im Hochsommer und im Winter. Warten Sie….hier…

Hütte winter

4. Und wo willst du nie wieder hin?

Ich möchte nie wieder in eine ganz bestimmtes Hotel in Amsterdam. Dort war ich mit einem meiner besten Freunde als wir noch ein Paar waren und dort stand ich am Fenster und hab begriffen, dass wir nicht als Paar durchs Leben gehen werden. Es war die erste echte Trennung und die härteste. Dass wir uns jetzt, so viele Jahre später, näher als je zuvor stehen und wissen, dass unsere Freundschaft bestand haben wird, tat ich damals ja nicht. Nicht mal mit ihm gemeinsam, würde ich diesen Raum noch einmal betreten. Er ist stellvertretend für das Gefühl umfassender Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit. Ekelhaft – wie das Bad, das zu ihm gehörte. Wir konnten uns damals nichts besseres leisten.

5. Worüber wird auf dieser Welt zuviel gesprochen?

Ach Gott. Zeitung aufschlagen….mindestens 95 Prozent davon, müsste man nicht dauernd thematisieren.

6. …und worüber zu wenig?

Die restlichen 5 Prozent, die wirklich wichtig sind. 

7. Was hast du als letztes gekauft?

Karotten und das bedauere ich gerade ein bisschen, weil man mit Karotten keine sinnvolle Antwort hinbekommen. Obwohl sie sinnvoll sind. Sinnvoller als so manches und gut für die Augen, aber schöner wäre es gewesen, Ihnen jetzt etwas über ein neues Buch oder Flugtickets zu berichten. 

8. Was bedeutet bloggen für dich?

Bloggen bedeutet Schlafmangel und Augenringe. Keine hübsche Antwort, ich weiß, aber eine ehrliche. Ich kann (und will) nicht bloggen ohne auf Kommentare zu reagieren und ich finde man begrenzt das Medium, wenn man nicht auch andere Blogs liest. Mit Freude liest und freiwillig, aber rechnen Sie sich mal aus wie viele Blogs Sie – nicht täglich, aber doch regelmäßig – lesen wenn Ihr Blog ebenfalls ganz gut frequentiert wird. Vermutlich müssen Sie nicht viel rechnen, weil die meisten von Ihnen selbst einen eigenen Blog betreiben. Lesen und kommentieren fünf Personen regelmäßig, dann lesen und kommentieren Sie selbst auch bei fünf. Bei zwanzig guten Blogkontakten, machen Sie es ebenfalls bei zwanzig. Irgendwann wird es anstrengend und ich für meinen Teil, bin über Sommerlöcher und Blogpausen anderer nicht wirklich traurig (vorausgesetzt die Pausen haben schöne Hintergründe – wie Urlaub, junger Hund oder ähnliches, versteht sich). Würde die Anstrengung die Freude übersteigen, würde ich aufhören. Dem ist aber nicht so – der Spaß, die Anregungen und die pure Freude überwiegen bei weitem und ich kann die Augenringe auf den Blog schieben und muss mir nicht überlegen ob sie womöglich nicht doch dem Alter geschuldet sind. 
Ansonsten – fishing for compliments? Bleiben wir ehrlich – ja, sicher, sonst würden wir alle Tagebuch schreiben. Die eigene Sicht der Dinge, die eigene Meinung verbreiten – ja, auch, aber ich würde behaupten mehr das zu schreiben was ich beobachte, als das was ich meine. 

9. Welches ist dein Lieblingsgetränk?

Wasser. Eine langweilige Antwort, aber Wasser geht immer. Ein guter Rotwein ohne Wasser führt dazu, dass man zu viel und zu schnell davon trinkt. GinTonic ohne ein Glas Wasser führt zu verlorenen Schuhen und ein Tag in den Bergen ohne eine Flasche Wasser führt zu einem unangenehmen Hitzschlag. Also, Wasser. 

10. Mit welcher Person (tot oder lebendig) möchtest du einen Nachmittag verbringen?

Nicht mit dem, der nicht mehr bei mir ist. Auf gar keinen Fall. Ich würde es nicht schaffen, ihn danach noch einmal loszulassen. Und wenn ich ihn dauerhaft zurück bekommen würde, dann könnte ich nicht mit der Angst leben, dass er wieder sterben würde. Ich weiß, dass war nicht die Frage, aber so rum ist die Antwort leichter. Ok, die Frage lautet ja anders….also gut, ich würde mir meinen Bruder aussuchen, den meine Mutter kurz vor der Geburt verloren hat. Der würde mich wirklich interessieren. Wie er ausgesehen hätte, wie er sein Leben gelebt hätte und überhaupt, wie ich den so gewesen wäre als große Schwester. 

11. Was darf an einem perfekten Tag keinesfalls fehlen?

Wasser. Nein, im Ernst. Es gibt so viele Varianten eines perfekten Tages, dass ich die Frage nur schwer beantworten kann. Perfektes möchte ich teilen dürfen. Deshalb wäre es mir wichtig jemanden an meiner Seite zu haben. Ob das nun auf dem Gipfel des Berges unserer Hütte ist oder am Meer in Italien spielt keine Rolle. 

34 Gedanken zu “11 Fragen und ein schrecklich schlechtes Gewissen.

  1. Danke. Für deine Antworten. Sie erzählen mir viel. Viel mehr, als in ihnen steht.
    Ich kann das gerade nicht spezifizieren, es ist mehr ein Gefühl.
    An diesen ersten Frühlingstagen.
    Und ja, so ist das mit dem Bloggen. Es kann einen eben auch berühren.
    Danke dafür! LG aus dem sonnigen Norden, Andrea

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  2. Glaube mir die Augenringe trage ich mit stolz und sie sind es wert. Ich meine wir Blogger brauchen doch auch ein vernünftiges Erkennungsmerkmal, wenn es uns mal nicht möglich ist mit unserenm fancy Laptop in einem hippen, aber nicht zu hippen Café zu sitzen, fairtrade-öko-glutenfreien-veganen Cappuchino zu süffeln und dabei auf die Champs-Élysées zu schauen…

    Ich könnte mich übrigens auch nicht für einen Lieblingsort entscheiden…

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  3. Schön und interessant, die Fragen, deine Antworten…
    Oh jaaaaa. Bloggen kostet Zeit. Viel Zeit. Lohnende!!
    Auch für mich gilt: kein Tag ohne mein Mineralwasser, sanft perlend. Zwei Flaschen pro Tag mindestens…
    Heavenly place your Hütte has gotten ☀️
    Liebe Abendgrüße vom Lu

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  4. O.k., alle anderen haben jetzt kluge Kommentare geschrieben, wie man sie sich als Bloggerin wünscht. Mich treibt jedoch eines um: Was für eine Geschichte ist das mit dem Gin Tonic und den verlorenen Schuhen? Werden wir sie hier lesen dürfen? Oder ist die Frage zu indiskret?

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    1. Ne, ich hab mich schon gewundert, dass sich niemand dafür interessiert ;). Eigentlich ganz banal – ich hasse es nachts auf hohen Schuhen durch die Straßen zu stöckeln. Flach bin ich im Notfall schneller und bequemer ist es auch. Zwischen dem ersten und zweiten GinTonic lässt die Eitelkeit nach und ich zieh die flachen Schuhe schon in der Bar an. Ohne Wasser steigt dann die Chance die schönen, hohen nach dem letzten Schluck des zweiten Glases unter dem Tisch zu vergessen.
      Es ist dann doch etwas unangenehm am nächsten Tag nachzufragen ob man Schuhe gefunden hat. Wie ich die vor zwei Jahren aber hinter der Bar, von der ich behaupten würde, dass ich da gar nicht war, vergessen konnte……ein Rätsel.

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  5. Liebe Mitzi, auch wenn ich nur liken will – DU bekommst eine Antwort, aber alle anderen lese ich nicht wie sonst.
    Genau dieser Punkt, dass man sich so öffnet und verletztlich macht, hat mich oft davon abgehalten, solche Fragen zu beantworten, obwohl ich ja mit privaten Informationen nicht gerade zurückhaltend bin – aber da erzähle ich das, was ICH will, nicht, was ich SOLL.
    Deine Antwort auf Frage 8 zum Bloggen ist himmlisch, göttlich, mitzisch – eben einfach du. Ich sehe das genau so. U.a. bin ich ganz glücklich, dass ich dich darüber gefunden habe – und es sind noch einige andere, wo ich ganz genau so glücklich bin – aber die kann ich noch an einer Hand abzählen.
    Den ersten Teil von 10 sehe ich ganz, ganz, ganz genauso. Aber ich würde mir meinen Vater aussuchen, den ich ja nie kennengelernt habe, weil er verunglückt ist, als ich 8 Monate klein war. Ich möchte rausbekommen, ob ich ihm wesensmäßig wirklich ähnlich bin.
    Jetzt ist aber genug kommentiert – dafür, dass ich das ja gar nicht will 🙂
    Liebe Grüße von mir für dich!!!

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    1. Ach Clara, das ist so schön zu lesen und mir geht es auch so. Es ist wunderbar dich hier kennen gelernt zu haben und das ist eben etwas, das nicht selbstverständlich ist und nicht auf jeden zutrifft. Dass du deinen Vater wählen würdest, wundert mich nicht. Gerade die, die uns sehr nahe gestanden hätten und die wir nicht kennen gelernt haben, die sind die über die wir mehr wissen möchten.
      Ich hoffe du warst heute draußen und es geht dir gut. Liebe Grüße

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      1. Mit sie, ich war heute den dritten Tag den ganzen Vormittag in einem Park. Zuerst natürlich in meinem geliebten Britzer Garten und dann in dem anderen großen Park in Berlin. Es war einfach schön und ich freue mich, dass ich strammen Fußes durch die Gegend laufen kann.
        Vor einer Stunde ist das Schrittzähler Armband gekommen. Jetzt habe ich es erstmal ans Ladegerät gehangen und dann muss ich mir die App herunterladen und dann muss ich es irgendwie einrichten. Ich freue mich dann auf dem Display zu sehen, dass ich meine 10000 Schritte geschafft habe.
        Ich drücke dich so doll, dass du nach Luft schnappen musst. Und tschüss

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      2. Ach herrje, schon wieder drei Tage alt bevor ich zum Antworten komme. Ein Stück des Britzer Garten habe ich ja jetzt gesehen und bin mir sicher, dass man sich dort gut und gerne die nächsten Wochen immer wieder aufhalten kann.
        Klappt es mit den Schritten? Ach sicher, warum auch nicht 🙂
        Zurück gedrückt und viele Grüße 🙂

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  6. ach mitzi ❤ ich war mir gar nicht mehr ganz sicher, ob es WIRKLICH meine fragen waren – ich musste tatsächlich nachschauen. aber wie schön, wie wunderschön, dass du sie noch beantwortet hast. ich liebe übrigens banale antworten. so wie karotten. da bekommt man ein stückchen alltag mit, den man sonst in der banalität eben nicht mitbekommen würde. und wasser ist super. es ist das beste und wichtigste und die basis von sowieso allem ❤ ich liebe besonders die stellen, wo du abgleitest, wo ich das gefühl habe, mit dir irgendwo zu sitzen, in der nacht in einer bar oder an einem herbstnachmittag im wald. und manchmal brauchen diese dinge ihre zeit. ich habe auch beiträge manchmal weit mehr als eineinhalb jahre liegen, bis ihre zeit gekommen ist.

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    1. Ich war mir auch sicher, dass du es warst, fand aber den Artikel nicht mehr. Wahrscheinlich zu unsauber gesucht oder bei den vielen schönen Bildern von dir hängen geblieben :). Freut mich, dass dir die Antworten gefallen. Mir hat es Freude bereitet und ging es beim Schreiben auch ein bisschen so, als würde ich im Gespräch antworten. :-*

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      1. 🙂 macht ja nix (ich habe nach 11 fragen gesucht – er war glaube ich eh der letzte post, der dazu dann ausgespielt wurde ^.^) – soll nix schlimmeres sein ❤ der gedanke gefällt mir. vielleicht sollten wir das mal aufgreifen. ein gelegentliches virtuelles fragen-gespräch.

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