Halo-Effekt

Der Halo-Effekt [ˈheɪ.loʊ ɛˈfɛkt] (von englisch halo, Heiligenschein) ist eine aus der Sozialpsychologie bekannte kognitive Verzerrung, die darin besteht, von bekannten Eigenschaften einer Person auf unbekannte Eigenschaften zu schließen. Wenn zum Beispiel Person A Sympathie für Person B empfindet und generell Menschen sympathisch findet, die großzügig sind, wird Person A annehmen, dass Person B großzügig ist, ohne dafür irgendeinen Hinweis zu haben. Bei einer positiven Verzerrung spricht man auch vom Heiligenschein-Effekt, bei einer negativen vom Teufelshörner-Effekt. Verstanden? Macht nichts. 

Ich verzerre so gut wie alles kognitiv. Ich verzerre sogar obigen Wikipedia Eintrag. Ich ignoriere worum es darin eigentlich geht und schreibe unter der Überschrift des Halo-Effektes über meine Eigenart, Dinge toll zu finden, nur weil sie ein anderer, den ich gerne mag, gut findet. Es ist erbärmlich, wie schnell ich etwas gut finde. Die Zusammenstellung sämtlicher  Playlisten auf meinem iPod habe ich von Freunden geklaut, weil meine eigenen nie so gut wie die ihren klingen. Unnötig zu erwähnen, dass die abgekupferten Playlisten meiner Freunde, bei mir zu Hause auf einmal auch nicht mehr gut klingen. So geht es mir immer. Jahrelang habe ich die karierten H&M Männerschlafanzughosen getragen, weil ich glaubte, dass ich darin ebenso lässig und charmant unperfekt aussehen würde wie mein Freund. Bis jemand an einem Sonntagmorgen ein Foto schoss und darauf neben einem lässigen, charmant verstrubbelten Mann ein winziger Schlumpf in viel zu großen und unförmigen Hosen stand. Seitdem trage ich sie nur noch, weil sie bequem sind und nicht mehr weil ich glaube, darin gut auszusehen. Vorsichtshalber, um nicht noch eine Illusion zu verlieren, lasse ich mich erst gar nicht fotografieren, wenn ich den herrlichen zwei auf ein Meter großen Schal um Hals und Schultern geschlungen habe. Ich ahne, dass ich darin ebenfalls schlumpfig aussehe, kann mich aber – weil ich mich ja noch nie gesehen habe – der Illusion hingeben, meiner Freundin zu gleichen. Ich darf mir nur nicht bewusst machen, dass sie 25 cm größer als ich ist und durchaus als Model arbeiten könnte. Ich nicht. Vielleicht als Schlumpfmodel oder als negativ Beispiel den Halo-Effekt (so wie ich ihn definiere) betreffend. Und wo wir gerade bei Äußerlichkeiten sind….es ist totaler Blödsinn, wenn einem Frauenzeitschriften oder Modelfreundinnen erzählen, dass man alles tragen könne. Kann man nicht. Und sollte man auch nicht. Klar, wenn eine 1,89 m große Frau gerne die ganz hohen Schuhe tragen will, dann darf sie das. Steht halt eine Giraffe an der Bar im Club. Daneben ein mopsiger Schlumpf der im Schal ertrinkt. Mit dem nötigen Selbstbewusstsein kann man das machen. Da wir Frauen das in der Regel aber nicht haben, könnte man auch einfach Schuhe und Schal tauschen und sich etwas wohler fühlen, wenn man sich zufällig im Spiegel der Toilette sieht. Und kommen Sie mir nicht damit, dass Frauen tragen sollten was sie sollen und worin sie sich wohl fühlen. Das machen schon die Männer und das ist weiß Gott oft…..wie komme ich zurück zur kognitiven Verzerrung? Wahrscheinlich gar nicht. Wissen Sie, zum Jahresende räume ich den Ordner mit den Entwürfen auf und der Halo-Effekt hängt da seit Januar. Der muss jetzt raus. Den schleppe ich nicht ins nächste Jahr. Hab ich schon von 2017 auf 2018 und da ich Worte so schwer wegschmeißen kann, müssen Sie da jetzt durch. Wundert mich eh, dass Sie noch dabei sind.

Aber die sauteure Designer-Nachttisch-Lampe ist es ja auch noch. Zum Glück nicht „Design, Design“ teuer, sondern nur „deutlich mehr als Ikea“ teuer. Trotzdem viel zu teuer für ein so scheußliches Stück. Ich habe sie mir gekauft, als ich schwer verliebt in einem fremden Bett lag und bereits ahnte, dass ich mir die Lampe neben mir selbst kaufen muss, wenn ich sie noch einmal sehen möchte. Im Morgengrauen fand ich sie wirklich schön. Einen Monat später war mir klar, dass der Halo-Effekt sie kognitiv verzehrt hatte. Die Lampe und mich. Ich fand sie nur schön, weil sie der Mann, den ich schön fand, schön fand. Dass ich Sätze schreiben, die zwei Mal das Wort „schön“ und dreimal „fand“ enthalten, kann ich der kognitiven Verzerrung nicht in die Schuhe schieben. Ich kenne niemanden, der solche Sätze schön fand und findet. Lassen Sie mich das anders formulieren. Auch wenn er raus muss, der Halo, nicht mit so einem Satz. Also: Ich ließ mich von der vermeintlichen Schönheit der Lampe nur deshalb täuschen, weil ich glaubte, einer der mit viel bedeutete, würde…. ach, Sie wissen schon was ich meine. Ich kann das jetzt nicht besser formulieren, weil ich gleich noch mal in die Stadt muss. Da trug heute eine Verkäuferin eine unglaublich schöne Seidenbluse. Die habe ich jetzt auch hier hängen. Und vorhin merkte ich, dass ich eigentlich nicht die Bluse, sondern die Haare der Verkäuferin ganz toll fand und mir den teuren seidigen Lumpen nur kaufte um ihr zu gleichen. 

Ich muss los die Bluse umtauschen. Und nein….keine Sorge, ich habe nicht vor die Dame zu skalpieren. 

 

 

 

39 Gedanken zu “Halo-Effekt

  1. Ich hab mal angefangen, Physik zu mögen, weil jemand, den ich mochte, Physik mochte. Und dann merkte ich plötzlich, dass ich Physik mochte. Die Geschichte mit dem, der Physik mochte, ich schon lange vorbei, aber die Physik hat überlebt.
    Ich wette, Du siehst in dem Schal toll aus. Oder, wenn schon das nicht, so sieht doch der Schal toll aus. Also trag ihn weiter. Sollte ich jemals einen Schlumpf im Zwei-Meter-Schal treffen, werde ich Dich fröhlich begrüßen und Dir zu Deinem guten Geschmack gratulieren!

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    1. Ich hoffe, dass du mir mit Schal über den Weg läufst. Viel wichtiger als gut auszusehen, ist sich gut zu fühlen und wir sind oft so blöd, dass wir erst jemanden brauchen, der uns das sagt.
      Da hat der Halo-Effekt doch super funktioniert. Ohne, wärst du vielleicht nicht auf Physik gestoßen. Ich mag sie auch. Nur leider begreife ich sie nicht. Faszinieren tut sie mich dennoch.

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  2. Diese zwischenjährlichen Tage laden zum Aufräumen ein, seien es die liegen gebliebenen Blog-Beiträge, die Garderobe – oder wie in meinem Fall die vielfältigen Papier-Stapel. Jedenfalls animiert Deine wikipedische Erläuterung zur Einsicht in manche Täuschung und Füllung des Papier-Containers.
    Schöne Grüße, Bernd

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    1. Das freut mich. Die Papierstapel werde ich mir morgen vornehmen. Bei mir waren es gestern die Fotos, die gesichert und sortiert wurden. Dafür ist diese Zeit wie geschaffen. Und auch, wie du schreibst, zum entsorgen.
      Viele Grüße

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  3. Also… Ich persönlich finde Schlümpfe schön. Sie sind klug, immer fröhlich, immer gut und hilfsbereit. Ich kann nicht beurteilen, ob Du auf einem Foto einem Schlumpf ähnlich siehst, aber an Deiner Stelle würde ich das Foto lieben und stolz darauf sein, solch einem wundervollen Wesen zu ähneln! 🙂

    Liebe Grüße, Werner

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    1. So habe ich es noch gar nicht gesehen. Aber ja, wahrscheinlich hängt es auch mit dem Wunsch zusammen, die Dinge so zu sehen und empfinden wie ein anderer. Bei den Klamotten weniger als bei anderen Dingen. Und besonders bei dem was wir hier schreiben.

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  4. Danke für den Halo-Effekt, den kannte ich in der Theorie nicht, in der Praxis natürlich schon…….. Was das Schlumpfige betrifft, so ist es vielleicht etwas schwierig all diese Schals und Pyjamahosen an die quietschblaue Gesichtsfarbe anzupassen 🙂

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      1. Na für die Tage an denen ich großartig aussehe und kein Ungetüm um den Hals hängen habe. Aber nach durchfeierten Nächten ignoriere ich sie, seit ich dreißig bin. Ich überleb den Anblick, aber ich muss nicht alles wissen 😉

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  5. Den Halo-Effekt, den hatte ich neulich auch, beim ALDI, in Weihnachtszeit an der Kasse. Aber eben den anderen Halo, den mit den Teufelshörnern. Als ich unbemerkt an einer Dame mit vollem Wagen vorbei schleichen wollte, rief diese: „Aber Hallo! Unerhört! Hinten anstehen!“
    Unverzüglich setzte ich mein charmantestes Lächeln auf, quasi Heiligenschein und wurde prompt vorbei gelassen … 🙂

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      1. 🙂 allerdings hat mein exfreund auch abfällig über meine rhetorik geurteilt, dass seine deutschlehrerin das nicht hätte durchgehen lassen. also ich weiß jetzt auch wieder nicht, wieviel das in der welt da draußen heißt 😉

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      2. Von meiner Deutschlehrerin fange ich jetzt besser nicht an. Ich bin grammatikalisch eine Niete und habe von Satzbau und Theorie keine Ahnung. Vielleicht passt es deswegen. Nicht perfekt, eher wie Gedanken, die der Leser kennt.

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  6. Halo hallo Mitzi, mit großem Eifer gehe ich jetzt dran, meine Versäumnisse in Blogs, die mir wichtig sind, aufzuholen – deswegen hänge ich jetzt bei so einem „alten“ Artikel, der ja schon nach deinen Worten aus 2017 ist.
    Ganzkörperspiegel können schrecklich sein – kenne ich auch. Ich meide in Schlumpfhosen oder ähnlichen Sachen mein Besucherzimmer, denn nur dort ist ein Schrank mit zwei Spiegeltüren. –
    Aber sage mal, muss ich mir Sorgen machen um dich und deine „Liebe“ zu mir? Werde ich vom Teufelshörnersyndrom gekennzeichnet.
    Ich veröffentliche morgen den VIERTEN Post in diesem Jahr – und du hast mir noch nicht mal ein Like gewidmet, geschweige denn ein Wort oder zwei.
    Lass mich nicht in Schwermut versinken!!! 🙂 😉
    Lieben Gruß von Clara

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    1. Aber nein! Ich hinke überall und bei allen meinen Lieblingsblogs hinter her. Manchmal schaffe ich es nicht zu lesen und bin dann für einige Tage komplett aus dem Reader. Leider seid ihr alle so fleißig, dass nachlesen fast immer aussichtslos ist. Aber….ob du es mir glaubst oder nicht, ein Zettel mit „Clara“ liegt bei mir am Schreibtisch. Weil ich dauernd sehen wollte, wie es dir geht. Ein Zettel reicht nicht und ich kann nur sagen…ich habs verkackt. Schande über mich. Im Ernst, es tut mir leid. Ich bessere mich!!!!
      Liebe Grüße

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      1. Liebe Mitzi, dein „Ich hab’s verkackt“ macht alles wieder gut.
        Nur meine „Neujahrsansprache“ am 1. Januar als Video solltest du dir vielleicht ansehen, weil ich mir so eine unendliche Mühe gegeben habe, schön zu sein. Und am dritten Jan. ist von Mallybeau so eine wunderschöne Collage drin, die sie mir geschenkt hat. – Und mehr ist auch schon nicht mehr wichtig. – Dass sie mich beinahe besch… hätten und an mein Geld wollten, dass musst du am 7. nicht lesen, denn da habe ich mich nur hinterher ein wenig mit Ruhm bekleckert.
        Mitzi Irsaj, ick liebe dir, aber nur platonisch!!!

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  7. Macht dir nichts drauß, ich hatte den „Schlumpf-Kleidungsstil“ bis zu meinem 17 Lebensjahr perfektioniert. Der legendäre Kommentar meine Mutter berief sich auf 90% der Zeit „Du könntest dir auch einen Müllsack umstülpen, es würde keinen Unterschied machen“. Ja wir reden tatsächlich noch miteinander… ;D

    Der Halo Effekt klingt mir eindeutig zu sehr nach einer verdammt guten Marketing-Strategie. Ich konnte ihn allerdings immer nur in Restaurants beobachten, so nach dem Motto „Das Essen des Gegenübers sieht einfach immer leckerer aus“… Bei Futterneid gemein gefährlich, da bleibe ich lieber beim großen Bruder dem Lichteffekt. Der ist aus meiner Erfahrung tendenziell eher harmlos.

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    1. Die Mütter Kommentare….sie haben wahrscheinlich sogar recht. Aber wann, wenn nicht als Teenager, kann man mit Müllsäcken rumrennen ;).
      Futterneid ist völlig ok. War sicher mal überlebenswichtig. Sonst geb ich dir recht, so etwas klingt nach einem konzipierten Etwas, das sich herrlich im Bereich des Marketings anwenden lässt.

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