Kein Wort – U-Bahn Gedanken

Ich bin doch die, die gerne über so ein Chaos schreib, fragt mich eine, deren Gesicht ich flüchtig kenne, aber nicht sonderlich mag. Das Gesicht ist ok, aber die Stimme, die aus dem darin enthaltenen Mund kommt, geht mir auf die Nerven. Die Stimme passt schon, aber die Worte, die sie formt, sind mir zu banal. Eine Bloggerin, stellt sie mich gerne vor und sagt es so, dass ich mich genötigt fühle, mich zu erklären. Keine Bloggerin, also schon, aber keine Katzenbilder und so was. Weiß der Henker, warum mir das Wort „Blogger“ so verhasst ist, dass ich es ständig relativieren und erklären möchte. Wahrscheinlich, weil es eine ganz bestimmte Art gibt, es auszusprechen. Ein Tonfall, der Banalität und Flüchtigkeit impliziert und das Schöne zunichte macht, weil der, der das Wort hört süffisant grinst und zu wissen meint, was gemeint ist. Ich schreibe, sag ich selbst und ärgere mich, dass schreiben oft nur zählt, wenn die Worte zwischen Seiten gepresst sind. Digitale Seite zählen nicht. Oder schon, aber erst wenn man erklärt und erklärt. Oder nicht erklärt. Es bin ich ja ich, die das Wort nicht mag und deshalb davon ausgeht, das es grundsätzlich falsch verstanden wird. Klar, blogge ich. Ich bin nur schlecht gelaunt und wenn mir um 08:30 Uhr so eine blöde Scheppfe erzählt worüber ich angeblich gerne schreibe, dann könnte ich ihr ins Gesicht springen. Mit Anlauf. 

Ja, ich schreibe über Verkehrschaos. Ich hab eine ganze Rubrik, die nur davon handelt. Die ist mir aber scheißegal, wenn ich seit zwei Stunden – 120 Minuten – im Nieselregen bei 2 Grad auf diversen Bahnsteigen herumstehe und mir eisigen Wind in den Nacken blasen lasse. Ich bin genervt und deshalb, lasse ich die, mit den banalen, immer gleichen Vorstellungsworten stehen. Mitzi, eine Bloggerin, äffe ich sie in Gedanken nach. Als ob das wichtig wäre. Klar, ist es wichtig. Es bin ja ich, aber grad sie, von der ich nicht weiß, was sie macht, weil ich noch nie gefragt habe, kann es doch mal bei meinem Namen belassen. Ich sag schon selbst wer ich bin. 
Ich bin die, die als einzige in München nicht mitbekommen hat, dass heute gestreikt wird. Die einzige Idiotin, die heute vorhatte früher ins Büro zu fahren und glaubte, dass ein Kleid und dünne Strümpfe schon gehen würden, weil der Parker oben rum ja warm genug ist. Ich bin keine Bloggerin, ich bin ein Hornochse. Einer der stur eine Stunde am Harras herumstand, weil er glaubte mit seinem Eigensinn, eine S-Bahn anlocken zu können. Mir soll heute bloß keiner mit „Schreibs auf, dann kannst du drüber lachen“ kommen. Lachen? Ich könnt kotzen. Durch meine saublöde Rumsteherei bin ich jetzt mitten in der Rush Hour und komm in den Bus, der mich wenigstens in die Nähe meines Arbeitsplatzes bringen würde, nicht mehr rein. Da sind schon 500 Leute mehr drin, als reinpassen. Und wenn ich den erwische, der mir einen Rempler geben hat und dafür sorgte, dass mir die Hälfte meines Kaffees über die Jacke gekippt hat…den mach ich platt!

Streik! Ich habe noch nie über die Freuden des Streiks gesprochen. Auf so eine blöde Idee komm nicht mal ich. Menschen, ja, die interessieren mich. Aber nicht wenn gestreikt wird. Dann sollen sich die Menschen doch bitte verzupfen und mir aus dem Weg gehen. Das mach ich nämlich jetzt. Ich geh zu Fuß. Scheißegal, dass der Regen dem Leder meiner Tasche nicht gut tut. Fragen Sie nicht! Fragen Sie mich bloß nicht, wo der Schirm ist, den ich vorhin noch hatte. Er ist weg, wie Sie sich denken können oder könnten, wenn Sie mich sehen würden. Nass sehe ich aus. Nass und so richtig zerrupft. Und nein, da stehe ich nicht drüber, wenn mich einer, den ich mal toll fand, so sieht. Der nennt meinen Namen und ich behaupte drei Mal hinter einander, dass ich das nicht bin. Nein, ich bin nicht Mitzi. Die sieht nicht so ramponiert aus und die ist nicht so blöd im Streik ihren Schirm zu verlieren. Wenn er das nämlich glaubt, dann kennt er mich ja gar nicht. 

Herrgott, bin ich geladen. So geladen, dass ich im Taxi lande. Kein Wort! Raunze ich den Fahrer an und revidiere, weil ich ihn brauche um nicht Amok zu laufen. Ein Wort, sage ich. Nur ein Wort, mehr schaffe ich nicht.

Sitzheizung?

Ich liebe sie.

35 Gedanken zu “Kein Wort – U-Bahn Gedanken

  1. Eine Bloggerin? Du bist DIE Bloggerin, die Königin unter den Schreibern. Und was?Keine Katzenbilder? Och Menno. Vielleicht ein ganz kleines? Von der Muschi von Herrn Mu? Nee? Ok.
    Und lass Dich bloß nicht ärgern, hörst Du? Dein kleines Büchlein trag ich immer schon mit mir rum, auch wenn ich es schon gelesen habe, es entzückt mich immer wieder aufs Neue.
    Und das können die wenigsten von sich behaupten!
    Also, liebe Mizzi, ganz herzliche Grüße von Werner ❤

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    1. Lieber Werne, danke für deine schönen Worte. Wenn kein Streik ist, dann lass ich mich auch nicht ärgern ;).
      Und nur wenn Streik ist werfe ich so munter mit Steinen im Glashaus. Die Blogs hier sind so fein und kostbar…aber das weißt du ja. Deine Zitate mag ich sehr.
      Herrn Mus Katze konnte ich noch nicht fotografieren, aber es ist eine Dreifarbige.
      Herzliche Grüße

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  2. „Eine Bloggerin…“ Tja, hm, solche Ereignisse sind der Grund, warum ich mein Leben und meine Bekanntschaften innerhalb und außerhalb des Internets sehr streng trenne. (Aber ich habe da auch eine sehr spezielle Macke.)
    Ansonsten hoffe ich, die Stimmung bessert sich.

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    1. Die Stimmung wurde schnell besser. Von ganz unten kann es ja nur aufwärts gehen ;).
      So eine Trennung macht manchmal schon Sinn. Meistens stört es mich nicht, aber bei flüchtigen Bekannten erzähle ich lieber selbst.

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    1. Ich weiß nicht, ob mir das jetzt freuen soll oder ob ich mein großes M für diese Gene bedauern soll. Da er aber sonst auch einiges von uns mitbekommen hat….. es passt schon 🙂 Bussi

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  3. Ich fühle mit dir mit! Aber wenn ich ehrlich bin: Die Frau vom Anfang, die regt mich sogar noch mehr auf als der Streik und die Kälte und die Abwesenheit vom Schirm.
    Wenn mir einer (am miesesten Morgen überhaupt) erklären würde, worüber ich auf meinem Blog angeblich schreibe, und das am besten richtig süffisant, dann… naja, ich beende diesen Satz jetzt nicht.
    Ich mag deinen Schreibstil übrigens sehr! 🙂
    Alles Liebe

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    1. Hallo Mare, du musst den Satz gar nicht beenden, ich weiß was du meinst ;). Der Tonfall alleine schon macht aggressiv und wenn man dann noch auf dem falschen Fuß….. Wollen wir hoffen, dass uns diese Leute möglichst selten begegnen.
      Vielen Dank, freut mich, dass er dir gefällt und ganz viel Spaß und Glück mit dem ersten Buch. Ich hab neugierig auf deine Seite geschaut und werd das sicher noch öfter machen.
      Liebe Grüße

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      1. Vielen Dank für die liebe Antwort!
        Es freut mich riesig, dass dir mein Blog gefällt und abgesehen davon werde ich in Zukunft auch sicher öfters hier vorbeikommen 😀

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  4. Welches Taxi hast du bitte erwischt, das Sitzheizung hatte?! Ich bin neidisch! Streiken tun sie hier nicht, aber bauen… vielmehr haben sie gebaut. Wir haben jetzt eine neue U-Bahnstation. Ich musste bei deinem Beitrag allerdings trotzdem ein wenig schmunzeln. Es gibt mittlerweile Trockenshampoo, was nasse Haare optisch simuliert…. Sie könnten es wohl auch günstiger kriegen.

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    1. Man muss sich natürlich vorne reinsetzen und selbstverständlich ist es sicher auch nicht, dass die Heizung dann auch angemacht wird. Ich vermute, er sah, dass ich am Ende war :).
      Das Trockenshampoo würde sicher nicht in meinem Bad landen, wenn es mich so aussehen lässt….

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