Nur ein Freund

Manche verstehen es nicht. Verstehen nicht, was Menschen verbindet, wenn ihre Herzen im gleichen Takt schlagen. Nur Freundschaft, fragen sie und ich erspare ihnen und mir eine Erklärung, die sie nicht begreifen würden. Wer dem Wort Freundschaft ein banales „nur“ aufdrängt, dem kann ich nicht begreifbar machen, was mir manch guter Freund bedeutet und will es gar nicht erst versuchen. Manche verstehen auch nicht, dass es Orte gibt, die ich erst dann wieder sehen möchte, wenn neben mir einer steht, mit dem ich sie das erste Mal gesehen habe. Sinnlos zu erklären, dass es alleine anders und nur halb so schön wäre. Es kümmert mich nicht, ob sie es verstehen. Mir reicht es, wenn es einer versteht, auch wenn ich ihm nur zu gerne den Hals umgedreht hätte, als ich nach Jahren wieder auf das Meer geblickt habe, an dessen Strand wir vor langem einmal gesessen sind.

lastscan4Schmeckt es, fragt er und ich möchte ihm den Hals umdrehen. Langsam. Sehr langsam, damit ihm die Luft wegbleibt, so wie mir in diesem Moment.  Ich tue es nicht. Drehe ihm nicht den Hals um, sondern nicke, lächle und blicke auf das Meer. Es rauscht und er lacht. Auf deutsch weist er mich grinsend darauf hin, dass ich nach jedem Bissen den Blick in die Ferne schweifen lasse und fragt warum ich das tue. Weil ich platze, sage ich. Sage es auf deutsch noch deutlicher und drohe mit Mord, wenn er es wagen sollte, es auf italienisch zu wiederholen. Es wäre unverschämt, das zu sagen und doch stimmt es. Ich leide unter der Gastfreundschaft und doch macht sie mich zugleich unendlich glücklich. Es ist herrlich den Ort zu sehen, den ich von Fotos bereits kenne und wunderschön endlich selbst zu riechen, zu sehen und zu spüren wo sein jetziger Lebensmittelpunkt ist. Auch ich würde mich hier wohlfühlen. Mit dem Blick auf das Meer aufzuwachen ist ein kaum in Worte zu fassendes Glück. So wie jenes, die Freunde kennen zu lernen und zum Mittagessen am Strand mit einem Glas Weißwein frische Austern zu essen. Ein sehr großes Glück. Man sieht es mir an. Auch bei der Pasta und auch bei den kleinen frittierten Fischen. Sie haben mir und meiner Freundin ein perfektes Willkommen bereitet. Eines von dem ich spätestens bei dem Wort „Torte“ ahne, dass ich den Rest des Tages rollen werde. Ich komme nicht aus und nur weil ich ein gutes Drittle von jedem Gang nach rechts und links verteile, platze ich am Ende nicht. Oder doch, vor Glück an diesem Meer zu sitzen. Iss, höre ich ihn  von rechts raunen und antworte so unfreundlich, dass es einer der wenigen Momente ist in denen ich auch hier am Meer gerne auf meine Muttersprache zurück greife.

250 Kilometer hin und zurück fahren, fragen mich manche und schütteln den Kopf. Sinnlos ihnen zu erklären, dass die Entfernung verschwindenden gering ist, wenn sie bedeutet mit dem besten Freund knietief im Meer zu stehen und eine Handvoll neue Erinnerungen zu sammeln. Das ist wichtig, weil auch die stabilste Freundschaft nicht nur in der Vergangenheit leben kann, sondern ab und zu etwas neues braucht. Was sind zweieinhalb Stunden auf der Autobahn, wenn man dafür die Freunde kennen lernt, von denen man bisher nur gehört hatte, sie aber nicht kannte. Nichts. Und ein Aperitif am Meer bei Sonnenuntergang ist kann so viel mehr als nur ein Drink sein. Dann wenn man spürt, dass sich nichts geändert hat und zugleich einen Menschen kennen lernt, den man vom ersten Augenblick an mag und ins Herz schließt. Nur ein Tag, das ist zu wenig sagen manche und ich antworte nichts, weil es mir schwer fällt zu erklären, dass es nicht auf die Anzahl der Stunden ankommt, sondern auf das Leben und die Emotionen, mit denen die Minuten gefüllt werden. Mit den richtigen Menschen an der Seite dehnt sich die Zeit obwohl sie zugleich schrecklich flüchtig ist. Am späten Abend sammele ich noch schnell ein paar Steine am Strand und stecke sie in meine Tasche. Sie sind weder besonders schön, noch besonders ausgefallen und nur ich werde mich später erinnern, dass in ihnen so viel mehr als nur ein einzelner Tag verborgen ist. Ihr seid nur Freunde, fragen manche und ich gebe auf. Ja, wir sind nur Freunde. Er ist nur ein Freund. Manche lächeln dann zufrieden. Jetzt können sie es einordnen. Nur ein Freund und ein Tag am Meer. Solche Tage kennen sie. Ich nicke und bin mir sicher, dass sie keine Ahnung haben wovon ich spreche. Ich wünsche ihnen, dass sie einen Freund finden, mit dem sie ohne zu zögern ins Ausland ziehen, mit dem sie sich ohne Worte verstehen und mit dem sie Erinnerungen teilen die sie ihrer Banalität zum Trotz als so wertvoll empfinden, dass sie jahrelang davon zehren können. Einen Freund mit dem sie fünfzehn Jahre später wieder dort am Meer sitzen und noch immer nicht viele Worte benötigen um zu wissen, dass sein Herz im gleichen Takt schlägt. Einen Freund, der ihnen auf dem Heimweg eine Sprachnachricht ohne Worte aber mit 15 Sekunden Meeresrauschen schickt.

Er ist nur ein Freund. Der mutigste meiner Freunde.

30 Gedanken zu “Nur ein Freund

  1. Servus Mitzi!

    Da Menzinga Schorsch hod voagestan beim Wattn gmoant,
    dass de Idagga de Kritischn, wia an Belle oder an Max,
    ja beschtimmt ned kenna. I hob eam danna gsagt,
    dassa si do aba ganz schee deischt, weil de im oidn Rom
    ja Kaiser ghabt hom, de ma Maximus g’ruaffa hod und
    a Kinofuim vom Lutschino Fiskonte aus de Fuchzga Johr
    „Bellissima“ hoasst. De Idagga san ja a ned bleed!
    Da Menzinga hod danna an Koppara lassn und gsagt,
    dass des ois a Schmarrn waar und i a bloß so gscheid
    dahea redn dad, weil i abundzua a Basdaschudda frieß.
    I und mei Weiwe fahn seid üba dreissg Johr nooch Rimini!
    Imma aufn gleicha Kämpingblootz. Mia kenna de Idagga guad!
    Do griang ma vom Blootzwirt an warma Lebakaas und Weisswürscht
    und braucha uns um nix schean. Mied dem dring ma oiwei wemma
    in Rimini o’kemma an Schnaps auf d’lange Freindschaft.

    Am Omd, wennd Sonna untagäd an da Adria, dann hea
    ma middanand gean a Liadl vom Rocco Granata und saufa
    an koidn Lambrusko aus da Koabflaschn.
    … 🎶 https://tinyurl.com/yawlnavc 🎶 …
    Des Marina-Liadl kennst ja beschtimmt a, Mitzi..;-D

    Un buon amico è come una buona pasta.
    (AWT 2o18..:-)

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      1. O’zapft is, Mitzi!..;-)

        Dei Trachtngwand host ja beschtimmt scho heagricht.
        Da Menzinga Schorsch da jetza soong:
        „Auf da Wiesn san naufglupfte Kneedl koa Sünd, sondan a Freid“..;-D

        Auf dei Wohl! 🍻

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      2. Du wearsd as ned glaam. I bin dahoam. As erste Moi seid i denga ko, ziagts mi ned raus.

        I glaab i wer krank. Des is doch ned normal.
        Dringst a Maß für mi mit?

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      3. Griaß di!

        Mi hats da so guad wie nia nauszogn. (Auf d’Wiesn)
        Auf guad Deitsch:
        Ich mag kein Bier (Gelegentlich guten Wein),
        mag keine Trachtler, keine besoffenen Schlagergröler,
        keine Bierbankschunkler, keine „Schbeibara“,
        kein Massenbesäufnis. Ich gönns aber aber allen,
        die sich dort vergnügen.
        I schmauch liaba gean dahoam alloa oda
        in Gseischaft a guads Grasal mied guada Musi
        und an seibagmachtn Bohnakaffää.
        (I wead mia a nia an Tirolahuad kaffa, des is
        so sicha wias Amen in da Kiach..;-D

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      4. Ich mag auch kein Bier.
        Es sind mir zu viele Leut.
        Zu viel Bsuffane.
        Und trotzdem…ich mags die Wiesn. Bloß dieses Jahr nicht. Vielleicht liegt’s am Föhn. Derm kann man ja alles in die Schuhe schieben. 🙂

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  2. Es kann sich jeder glücklich schätzen, der so einen „nur Freund“ hat. Ich habe einen und einen habe ich verloren. Schon vor Jahren. Erst gestern hab ich wieder an ihn gedacht und jedes Mal wenn er in meiner Erinnerung auftaucht schmerzt es soviel mehr mittlerweile als die Erinnerung an den, der lange Jahre mehr als nur ein Freund war.

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    1. Das kann ich mir gut vorstellen. Einen guten Freund den man verliert vermisst man immer. Irgendwann nicht mehr jeden Tag und nicht mehr ganz so schmerzhaft, aber ganz aufhören wird es nicht. Trotzdem sind es solche Freundschaften wert. Das darf einem nur niemand im Moment des Vermissens sagen 😉

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      1. ja, das stimmt. ich würde nicht auf die erinnerungen verzichten wollen und sie wärmen auch heute noch mein herz. aber gleichzeitig sticht es auch immer ein bisschen.

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