Chick lit

Einmal davon abgesehen, dass der Begriff Frauenliteratur an sich schon ganz häufig Schwachsinn und eine völlig unnötige Eingrenzung ist, gibt es hier ein Subgenre, dessen Begrifflichkeit mir jedes Mal Brechreiz verursacht: Chick lit. Schon mal gehört?
Neben Liebesgeschichten, Romantic Crime, historischen Frauenromanen (am Rande…kennen Sie historischen Männerromanen?) gibt es seit einigen Jahren Chick lit.  Bis vor einigen Jahren gerne freche Frauenliteratur genannt. Auch nicht unbedingt pauschal treffend, aber wenigstens wurde die Protagonistin noch als Frau wahrgenommen und nicht als Chick. Ein Chick ist ein Hühnchen. Verstehen Sie mich nicht falsch. Diese Romane haben durchaus ihre Berechtigung. Mondscheintarif – selten so gelacht. Bridget Jones – unfassbar lustig. Es ist völlig legitim, wenn sich ein Buch einzig damit beschäftigt, dass die Protagonistin ihren chaotischen Alltag bewältigt und als einziges Lebensziel eine glückliche, gerne oberflächliche Beziehung mit einem im besten Fall super reichen, mindestens aber gut situierten und zwingend umwerfend aussehenden Mann anstrebt. Wenn es gut geschrieben ist, meinetwegen. Es gibt Momente, da will man genau in eine solche Geschichte abtauchen. Es mag im Leben einer Frau sogar Momente geben, in denen man genau das als Lebensziel definiert. Über Tagträume und Situationen geistiger Umnachtung sollte man nicht urteilen. Aber Chick lit? Hühnchen Literatur? Und glauben Sie nicht, dass die wörtliche Übersetzung nicht angebracht ist. Sie ist besser als die gängigen Umschreibungen. Anspruchslose oder seichte Literatur für Frauen. 

Mal ehrlich, nach so was frage ich doch nicht in einer Buchhandlung und so was schreibe ich doch nicht.  Selbst wenn ich einen Roman zu einem an sich banalen Thema verfasse muss man als Autor doch den Anspruch haben, das ganze nicht seicht und anspruchslos zu schreiben. Als Autorin würde ich mich mit Händen und Füßen gegen dieses Genre wehren. Auch wenn ich (was ich bereits getan habe) über einen stinkreichen Popstar und eine junge Frau schreibe, deren primäres Ziel ist, diesen in den Hafen der Ehe zu locken, würde ich mich darüber empören, wenn man meinem, in Worte gefassten Tagtraum, diesen Stempel aufdrücken würde. Meine Protagonistin mag bis über beide Ohren verliebt sein, mag sich für einen Kerl viel zu sehr verbiegen, dämlich und chaotisch handeln, aber ein Hühnchen…ein Hühnchen wäre sie nie. Eine Frau, ein Mädchen, eine Chaotin, eine blinde, dumme Kuh…aber nie ein anspruchsloses und seichtes Hühnchen.

Solang es eine Kategorie der Hühnchen Literatur gibt, brauchen wir uns als Frauen nicht über die männliche Bezeichnung Leser oder Autor aufregen. Nicht solange wir Frauen als Chick bezeichnen – egal ob als Schreibender oder Lesender.

 

45 Gedanken zu “Chick lit

  1. Liebe Mitzi!

    Chick lit? Noch nie gehört. Was für ein Schwachsinn. Ich teile Ihre Meinung voll und ganz. Selbst wenn ich harmlose und seichte Geschichten schreibe, so würde ich mit jemandem, der meine Beiträge als Chic Lit bezeichnet, umgehend ein Hühnchen rupfen.
    Bin ich froh, dass ich eine Kuh bin 🙂

    Herzliche Grüße … auch an Ihren Tiger
    Mallybeau

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    1. Liebe Mallybeau,
      gäbe es übrigens Cow lit, dann wäre das auch etwas ganz anderes. Gemeinsam mit Bull lit könnte ich mit diesen Bezeichnungen besser leben. Warum, kann ich nicht genau erklären 🙂
      Herzliche Grüße

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      1. Oh, welch wunderbare Idee. Ich schreibe Cow lit. Und an Ihre unverwechselbare Mitzi lit kommt sowieso kein Hühnchen ran 🙂

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    1. Die Kategorie nervt mich. Und noch mehr, dass man sich darin wohl fühlen kann. Ein Urteil mag ich mir bezüglich des Inhalts nicht erlauben, obwohl ich weiß was du meinst ;).
      Viele Grüße

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  2. Liebe Mitzi, warum wollen wir sie denn aus ihrer Bedürfnislosigkeit reißen, so sie doch darin glücklich sind.
    Es müssen ja nicht alle so ehrgeizig sein wie ich – ICH WILL PARTEIVORSITZENDE WERDEN. Nähere Einzelheiten verrate ich dir übermorgen, denn bis morgen habe ich noch nicht das Rüstzeug dafür.
    Liebe Grüße

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  3. Gäbe es keinen Markt dafür, gäbe es auch keine Chic lit. Wer hat wohl Interesse an Chic lit? Nach allem, was ich darüber gelesen habe, muss doch auch „fifty shades of grey“ chic lit sein. Und gemessen am Erfolg scheinen sich aktuell viele Frauen als Hühnchen zu fühlen. Dann wäre das Genre, von dem ich übrigens nur durch deinen Beitrag erfahren habe, liebe Mitzi, dann wäre das Genre eine Sorte Gradmesser für das Lebensgefühl und die Selbsteinschätzung von Frauen. Ich habe nie gedacht, dass das Verblödungspotential der Unterhaltungsindustrie um Frauen einen Bogen macht, obwohls doch hübsch gewesen wäre.

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  4. Prust! Ich besitze auch so ein Buch, das ich als meine literarischen Notfalltropfen bezeichne. Und wenn es für Männer so etwas nicht gibt, dann tut mir das leid für die Männer. Den Begriff Chick lit werde ich aber ganz schnell wieder vergessen.
    Liebe Grüße
    Christa

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  5. Chick lit?
    Noch nie gehört. Wenngleich ich „lit“ automatisch als „Bett“ aus dem französischen übersetzt habe.
    Hühnchen Bett? Naja, vielleicht eine Art billiges, pseudo-erotisches Geschreibsel a la Fifty Dingens of Grey fürs Bett? Na dann … gute Nacht …

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  6. „Dicke Hose“ von Mia Morgowski ist glaube ich auch so ein Chick Lit. Da ist jedenfalls ein Hühnchen auf dem Cover. Und es ist angenehm seichte Literatur, die in einer weiblich dominierten Welt spielt: Mode und so. Habe mich köstlich amüsiert!

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  7. Ich dachte ja bislang, das sei ein Subgenre aus dem Kochbuch. Erzählende Fleischeslust oder so. Wie man sich irren kann.

    Aber man sollte vielleicht differenzieren zwischen Unterhaltungsromanen über Beziehungsthemen und solchen mit Protagonistinnen, die sich tatsächlich wie Hühner verhalten. Dazu gibt es zwar leider kein Pendant von der anderen Seite. Aber auch nur, weil der widerwärtig patriarchalische „Aufreißer“ leider ein Phänomen ist, der in vielen Genres wohnt.

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  8. Hallo, liebe Mitzi,
    hier dazu eine freie Assoziation aus: Luigi Malerba, Die nachdenklichen Hühner, Wagenbach Berlin 2012:
    „EIN HUHN NAMENS NATALIA hatte beschlossen, einen Roman zu schreiben, aber ihm fielen weder die Handlung noch die Personen, noch der Titel, noch der Schreibstil ein. So kam es, daß dieses unschlüssige Huhn statt dessen seine Kindheitserinnerungen aufschrieb und großen Erfolg bei den Gänsen hatte.“ Seite 65
    Schöne Frühlingsgrüße
    Bernd

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  9. „Chick-Lit“ habe ich ehrlich gesagt noch nie vorher gehört. Allerdings ist mir der Begriff „Chick“ sehr wohl bekannt. In diesem Zusammenhang ist er wohl auch zu verstehen.
    Als „Chicks“ werden gemeinhin Frauen bezeichnet, die als „leicht zu haben“, frech und selbstbewusst bis hin zur Unverschämtheit empfunden werden, meistens von Männern aus dem Angelsächsischen Sprachraum, aber nicht nur. Durch diese Bezeichnung sollen sie wohl entweder hervorgehoben als besonders mutig, oder niedergemacht als besonders „unschicklich und sogar obszön“ werden.
    Letztendlich handelt es sich hier wohl wieder nur um den Versuch, durch eine eingängliche und vielleicht schockierende neue Bezeichnung eine Marktlücke zu schaffen, auf die möglichst viele anspringen. Literarisch ist da wohl weniger zu erwarten.
    „Biker“ nennen ihre „Bräute“ gerne Chicks. Das ist für die Frauenbewegung sicher nicht schmeichelhaft gemeint und führt alle ad absurdum, die sich trotzdem mit diesem Begriff schmücken wollen. Als Frau würde ich es mir gut überlegen, ob ich in diesem Genre auftauchen möchte.☺

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    1. Wie du schreibst, gibt es ganz viele Assoziationen. Ich finde die alle nicht besonders toll, aber kann damit leben. Nur geht es mir wie dir – in diesem Genre würde ich mich dann doch ganz entschieden nicht wohl fühlen 😉

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    1. Gibt es das nicht, das „Kotzsmiley“? Würde mich direkt wundern! Auf alle Fälle passend, wenn auch etwas direkt.

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  10. Weshalb gibt es eigentlich keine echte „Chicken- Literatur“? Bücher geschrieben für Hühner, die kann man denen dann im Stall vorlesen. Wenn die ein oder andere Streicheleinheit noch dazu kommt, sind sicherlich alle Beteiligten glücklich. Vielleicht legen die glücklichen Hennen, dann noch leckere Eier? Gleichzeitig hätte der Nachbarsjunge/ das Nachbarsmädel einen Freizeitjob. Ich glaube ich habe gerade eine Marktlücke entdeckt ;D

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  11. Die männliche Entsprechung wäre dann ja wohl Cock Lit, allerdings ist das mißverständlich, man denkt schnell an Porno, weil als cock umgangssprachlich auch das bezeichnet wird, was den menschlichen Hähnchen zwischen den Beinen baumelt. Die Bezeichnung Chick Lit hat immerhin einen Vorteil: Sie ist ein Ausschlußkriterium. Der Verlag könnte auch schreiben: Dies ist die Reihe „Schlechte Literatur“ – auch wenn es nicht immer stimmt, der Verlust ist verschmerzbar. Daß Autorinnen damit einverstanden sind, unter dier Rubrik veröffentlicht zu werden, ist mir ein Rätsel. Wahrscheinlich werden sie dazu von gewissenlosen Verlagen erpreßt: Entweder hier – oder gar nicht.

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    1. Ich möchte lieber nicht spekulieren ob Cock Lit gekauft werden würde ;).
      Man kann hoffen, dass sie erpresst werden. Dann könnte ich es nachvollziehen (fast). Der freiwillige Sprung in dieses Raster will mir nicht in den Kopf.

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