Als ungarische Prinzessin haben Sie nichts zu lachen

Als Münchnerin etwas über den Fasching schreiben zu wollen, ist eigentlich ein richtiger Schmarrn. Wer etwas über den Münchner Fasching wissen möchte, der soll sich die Serie „Monaco Franze“ ausleihen und die Folge 5 „Herr der sieben Meere“ anschauen. Damit ist alles gesagt. Besser geht es nicht. Auch nicht wenn fast 35 Jahre vergangen sind. Helmut Dietl hat München so perfekt und so auf den Punkt genau beschrieben, dass ein jeder der es versucht, nur scheitern kann. Ich natürlich auch, aber das ist mir egal. Ich mag den Fasching nämlich nicht und den Karneval noch viel weniger. Ich gehöre zu den Menschen, die sich viel zu oft aus versehen zum Affen machen, als das sie ein Kostüm bräuchten und auch zu denen, die nicht auf Kommando fröhlich sein könnenden. Die Aufforderung doch ein bisschen Spaß zu haben, funktioniert bei mir nicht. Wenn  mich einer bittet, zu lachen, dann frage ich ihn warum und erbitte ganz ernst eine Erklärung warum ich gerade jetzt denn  lachen solle. Jetzt, wo gerade die Polarkappen schmelzen und der Plastikmüll die Weltmeere verschmutzt. Wer mich kennt, bittet mich aus leidvoller Erfahrung gar nicht erst darum, zu lächeln oder lachen. Meine Freunde hoffen sogar, dass ich nicht  in schallendes Gelächter ausbreche. Das tue ich nämlich am liebsten dann, wenn es unangebracht ist.

Zum Beispiel bei der Kommunion meines Neffen. Da stand ich bereits eine gefühlte Ewigkeit ganz hinten in der Kirche auf zu hohen Schuhen und blickte sehnsüchtig auf die Kirchenbänke, die für die engste Familie und die alten Leute reserviert waren. Wenn man sich für eine Kommunion schon schick machen muss, dann sollte auch für Frauen mit hohen Schuhen ein Platz reserviert werden. Leider war das nicht der Fall und ich zappelte so unruhig von einem Bein auf das andere, dass mich man mich schon fragte ob ich auf die Toilette musste. Ich wollte gerade antworten als ich mit dem Absatz im Sockel des Gußeisernen Weihwasserbecken hängen blieb und ein mächtiges Scheppern verursachte. Eigentlich ist das nicht lustig. Keiner außer mir lachte. Ich dafür umso herzhafter. Ok, ich finde es beim schreiben gerade auch nicht besonders lustig, aber an diesem Vormittag lachte ich Tränen und war froh so klein zu sein und mich hinter dem breiten Rücken der Verwandtschaft verstecken zu können. Meine Mutter hat einen ähnlichen Humor. Vor Jahren saßen wir im Auto an einer Ampel und hatten seit Minuten kein Wort gesprochen. Bis ich gelangweilt aufsah und sie bat, dass Auto vor uns doch ein wenig anzustupsen, der Fahrer sähe aus als würde er schlafen. Sie lies die Kupplung los und wir rollten – ganz sanft – gegen das vor uns stehende Auto. Das ist nicht lustig. Aber die Tatsache, dass meine Mutter es, weiß der Henker warum getan hat, schon. Wir lachten hysterisch bis uns die Tränen kamen und beschwichtigten den fassungslosen Fahrer vor uns mit ausladenden, entschuldigenden Gesten. Mein Vater lachte am Abend nicht. Er attestierte uns fortschreite Blödheit und ging ohne ein weiteres Wort ins Bett. Meine Freunde akzeptieren meinen Humor und ein Mann der mit mir eine Beziehung eingeht, muss damit rechnen in einem Restaurant unangenehm aufzufallen, weil ich schallend über etwas lache, das niemand sonst bemerkt, geschweige denn versteht. Über den Fasching kann ich nicht lachen.

Wahrscheinlich weil mich meine Mutter im Kindergarten einmal in eine alte Hippibluse von sich hüllte und mir weiß zu machen versuchte, dass ich eine ungarische Prinzessin sei. Zwischen all den echten Prinzessinnen verbrachte ich den Vormittag weinend in einer Ecke. Wenn ich mir die Bilder heute ansehe, dann muss ich darüber lachen. Nicht über das arme kleine Mädchen, sondern über die Raffinesse mit der mich meine Mutter verarschte um sich das damals teure Kostüm zu sparen. Im nächsten Jahr hat sie es wieder gut gemacht und mir ein sehr teures und sehr rosa Kleid gekauft. Leider bekam ich die Windpocken und durfte nicht in den Kindergarten. Ich trug das Kleid dann zu Hause mehrere Tage bis Faschingsdienstag. Sehr fröhlich war ich nicht.

Geschafft, dass mich an Fasching etwas zum lachen bringt hat dieses Jahr dann doch einer. Paul stand vor den Briefkästen und fast hätte ich ihn nicht erkannt. Er mag den Monaco Franze wohl auch recht gern und ging als Pirat mit Kopftuch und Augenklappe. Fröhlich sah er nicht aus. Verständlich – er sah ziemlich bescheuert aus. Seine Freundin auch. Die ging als Pippi Langstrumpf. Allerdings eine sexy Version und das funktioniert nur bedingt. Entweder tiefer Ausschnitt oder Zahnlückencharme. Beides zusammen funktioniert nicht. Was aber funktionierte war der leidende Blick Pauls, der mich zum Schmunzeln brachte. Leise raunte er mir zu, dass er wisse, wie dämlich er aussehen würde. Ich strahlte ihn an und schüttelte den Kopf. Nein, dass würde er nicht wissen, teilte ich ihm mit und lachte noch bis in den zweiten Stock.

Jetzt bin ich in der Stimmung für Folge 5 vom Monaco Franze. Ganz ohne Fasching geht es dann doch nicht.

 

28 Gedanken zu “Als ungarische Prinzessin haben Sie nichts zu lachen

  1. Liebe Mitzi!

    Ich kann dem ganzen Faschingstrubel auch nicht allzu viel abgewinnen.
    Und in einem gebe ich Ihnen völlig Recht. Pipi Langstumpf entweder mit Zahnlücke oder Ausschnitt, beides geht nicht. Das wäre ja so, als ob sich jemand als Pumuckl verkleidet und stolz seinen Sixpack präsentiert 🙂
    Ich wünsche viel Vergnügen beim Monaco Franze und einen schönen Sonntag Abend!

    Herzliche Grüße
    … helau (ach nein, streichen Sie das bitte wieder)
    Mallybeau

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    1. Liebe Mallybeau, Sie dürfen mir auch gerne ein schallendes Helau zurufen. Von Ihnen nehme ich auch das lachend an. Ein klein wenig übel nehme ich Ihnen nur, dass ich Pumuckels Sixpack nicht mehr aus dem Kopf bekomme. Ein verstörendes Bild ;).
      Liebe Grüße und einen schönen Sonntag

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      1. Ich bitte um Entschuldigung zwecks Pumuckl-Sixpack. In der Tat eine Schande, so etwas auch nur niederzuschreiben. Ist doch der kleine Kerl ein so liebenswerter Zeitgenosse und in keinster Weise vergleichbar mit einem Macho im Karnevalsgewand 🙂
        … und was sich reimt ist gut …

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  2. Deinen launigen Berichten zufolge, entzündet sich dein Humor primär an Situationskomik, liebe Mitzi. Nachdem ich einmal über die Karnevalstage in München war, kann ich bestätigen: Der dortige Fasching ist noch trostloser als Karneval in Hannover, wo man sich nicht recht zwischen Helau und Alaaf entscheiden kann und schon mal versehentlich Helaaf ruft. Die Faschingsfolge von Monaco Franze habe ich kürzlich noch gesehen. Sie ist wie die ganze Serie köstlich. Es gibt da diesen Kontrast zwischen dem Mottofasching der gehobenen Gesellschaft und dem ein wenig schäbigen Kneipenkarneval. Das ist in Aachen genauso, wo die Lackschuhkarnevalisten den Orden wider den tierischen Ernst mit schlafwandlerischer Sicherheit immer an Kotzbrocken verleihen und der Straßenkarneval ein bissen rottig ist.

    Viel Vergnügen mit der schrägen Komik von Monaco Franze!

    (P.S.: Von der Serie habe ich übrigens gelernt, dass Monaco die italienische Form von München ist.

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    1. Ich erinnere mich, lieber Jules, dass du über den Karneval in Hannover einmal geschrieben hast. Über den Umzug, wenn ich es richtig in Erinnerung habe. München und Karneval widerspricht sich. Fasching schon eher. Am Viktualienmark ist es schon nett, aber eben nicht das meine.
      Der Kontrast beim Monaco zieht sich durch die ganze Reihe und auch ich mag das ganz besonders gerne. Wahrscheinlich werde ich heute Abend noch mehr als nur die eine Folge sehen und mich immer wieder wundern wie viele geflügelte Worte, die ich selbst benutze, dort ihren Urspung haben.
      Saluti di Monaco di Baviera

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    1. Und genau dafür gibt es ihn, den Fasching. Für die, die ihn lieben und Spaß haben. Manchmal wäre es für die Muffel wie mich sicher auch netter, ihn einfach zu mögen. Geht nur leider nicht. Einen schönen Endspurt der närrischen Tage!

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  3. Monaco Franze liebe ich auch. Habe bestimmt alle Folgen gesehen. Ist mir auch lieber als all der Faschingstrubel. Die alemannische Fasnet finde ich interessanter, dank der Vielfalt der alten Masken, die schon faszinierend sind.

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  4. ich bin auch faschingsverweigerer, obwohl ich mich dieses mal breitschlagen habe lassen, in weißer bluse, blauem rock, blauem blazer und orangenem tuch als jackie brown aufzutauchen. das kostüm sah tatsächlich so normal aus, dass ich das foto jetzt für bewerbungen verwenden kann. da war ein neues eh dringend notwendig 😀

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  5. Bisher (seit beinahe 30 Jahren) sind wir stets vor Karneval für ein paar Tage auf unsere ostfriesischel Lieblingsinsel geflüchtet. Zum ersten Mal nun sind wir zu Hause geblieben.
    Draussen laufen vereinzelt verkleidete Menschen herum, beim Bäcker ist der Kuchen von Luftschlangen umrahmt, im Radio (WDR) laufen nur Kölsche Tööön und Karnevalslieder.
    Alles aber gottlob nicht ansteckend.
    Wobei ich denen, die es mögen, den Spaß gern gönne.

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    1. Auf jeden Fall – wer Spaß daran hat, der soll ihn in vollen Zügen genießen. In der Kneipe unter mir ist der Fasching auch in vollem Gange. Etwas sehr speziell die Musik, aber dafür kann der Fasching nichts. Das liegt am Wirt.

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  6. Die Mehrheit der hier Versammelten ist kein Karnevals- oder Faschingsfreund. Das wundert mich auch nicht. Denn wer gerade mitten drin steckt, hat sicher an anderen Dingen Freude, als darüber im Blog zu schreiben. Ob Karnelval ein Ventil ist, oder ein Freibrief für Sex und Alkohol, weiß ich nicht genau. Da bekommt man von den Anhängern sicher auch keine absolut zuverlässigen Antworten, um die Statistik zu vervollständigen.
    Vermutlich ist auch gar keine Statistik notwendig?!
    Jemand schrieb weiter oben etwas von der „der befohlenen Lustigkeit“. Das mag zutreffen, aber wir Menschen befehlen uns ebenso Traurigkeit, Weihnachts- oder Urlaubsstimmung.
    Ich habe neulich eine junge Dame gefragt, warum sie so gerne ins Fussballstadion geht – sie sei doch gar kein Fußballfan. Ihre Antwort: Manches mache sie gerne alleine, manches mit anderen Menschen zusammen. Die Stimmung beim PublicViewing oder im Stadion sei wie im Live Konzert. Verglichen mit dem Hören einer CD zuhause mit Kopfhörer sei das ein riesiger Unterschied. (außerdem sähe man sonst nie so viele schwitzende Männer auf einem Haufen!)
    Vielleicht ist das mit dem Karneval ähnlich. Zuhause würde sich niemand solche Büttenreden und schon gar nicht die Musik auf CD reinziehen. Aber in der großen Menge, mit genug Äppelwoi oder was auch immer dort getrunken wird, fallen alle Hemmschwellen und es wird eben mitgeschunkelt….. oder sonstewas.

    Gruß Heinrich

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    1. Da haben Sie sicher Recht, lieber Heinrich. Kaum einer kann sich von „befohlenen“ Emotionen frei sprechen. Solange sie uns glücklich machen oder uns gut tun, kann an ihnen nichts verkehrt sein. Es scheint, als würde nicht jeder Befehl bei jedem auf fruchtbaren Boden fallen. Ich hoffe die Narren hatten eine gute Zeit und der Kater ist nicht allzu schlimm. Ende September wenn ich auf das Oktoberfest gehe, werden andere mit dem Kopf schütteln und sich fragen was mich an dieser befohlenen Lustigkeit reizt. ;). Herzliche Grüße

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  7. Die Nordlichter bekommen noch nicht einmal mit wenn das Hellau jnd Allaf mal wieder zu schlägt… Es sei denn man gehört zu den Beamten unserer Staat, die sich immer wieder wundern weshalb im Februar drei Tage bei den Kollegen im Rhein sowie Mainland Ausnahmezustand herrscht.

    Ps: Ich lache meist als Stressabbau… Das unangenehmste dabek jemals war eine Beerdigung…. Man kann sich seine Psyche eben nicht aussuchen.

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