Ohne Blumen werde ich nicht intim

Ich mag den Valentinstag! Punkt. Mitten in all den „Ich mag den Valentinstag nicht“ Beiträgen fehlt mir das Gegengewicht. Wenn´s sonst keine tut, dann eben ich. Ich mag ihn wirklich. Den Valentinstag.
Nicht den Konsumwahnsinn mit Blumen, Pralinen und gedankenlosen vorgefertigten Kalenderspruch-Grußkarten. Auch nicht das Gefühl, das er bei einsamen oder Liebeskummer geplagten Menschen auslöst. Und schon gar nicht, wenn es der einzige Tag im Jahr ist, an dem man sich ein liebes Wort oder eine warme Geste abringt. Aber sonst, finde ich ihn eigentlich ganz nett.

Heute zum Beispiel war ich mit zwei Freundinnen frühstücken. Das kann ich an jedem anderen Sonntag auch machen. Aber nur heute roch das ganze Café intensiv nach Blumen. Die wurden am Stand davor jenen Männern präsentiert, die die erwartungsvollen Blicke ihrer Frauen richtig deuten konnten. Wer das Café  ohne den Kauf eines Straußes verließ, riskierte das Ende der Beziehung oder zumindest ein kleines Erdbeben. Meine Freunde schenkten mir auch immer Blumen – nicht nur weil ich mit Entzug des Beischlafs gedroht habe. Ich glaube sie machten das freiwillig.

Ich finde es auch ganz große Klasse, dass heute im Facebook Messenger neue Symbole sind. Versehentlich habe ich gerade auf eines von ihnen getippt, als ich einen Freund zu meinem Geburtstag einladen wollte. Ich bin mir nicht ganz sicher ob er den „Geburtstag“ jetzt für eine Metapher hält. Möglich ist es. Ich habe ihm eine Nachricht geschickt, die nicht lesbar ist, weil rosa Herzchen über den Bildschirm flirren. Etwas peinlich, denn er ist der Mann einer Freundin und obwohl ich ihn mag, schicke ich ihm normalerweise keine Herzen. Jetzt ist es schon egal. Ich teste an ihm alle neuen Symbole die Facebook zu bieten hat. Deeskalieren kann ich später noch.

Das steht mir nachher eh noch bevor.  Ich traf vor einiger Zeit einen Bekannten aus Grundschulzeiten wieder. Wir verabredeten  uns zum Essen, um zu hören wie es uns in den letzten dreißig Jahren ergangen ist. Ich schlug den Sonntag vor. Vorhin schrieb er mir, dass er frisch geschieden sei und es als besonders schön empfände, dass ich den Valentinstag für unser Wiedersehen gewählt habe. Er hätte einen Tisch in der Ecke reserviert, da sei es intimer. Ich habe ihm – benebelt vom vormittäglichen Rosen und Lilienduft – zurück geschrieben, dass er mir dann aber auch Blumen mitnehmen müsse. Ohne Blumen, würde ich nicht intim werden.

Von Herrn Meier lagen heute keine Walnüsse im Briefkasten, sondern zwei MonCherie. Ich hoffe sehr, dass ich ihm in den letzten Tagen nicht auch versehentlich Avancen gemacht habe. Das wäre mir nun wirklich unangenehm.

Meine Geburtstagseinladung war wohl trotz Herzen zu erkennen. Eben bekam ich die Zusage und meinte fröhlich feixend, dass er dann gerne auch das Holz hacken dürfte. Wir feiern in den Bergen auf unserer Hütte und einer muss es tun. Er bot sich an, diese Aufgabe nackt zu übernehmen. Auch er muss heute in der Nähe schädlicher Blumendüfte gestanden haben. Oder ist „Holz hacken“ ebenfalls eine Metapher?

Ich leite die Nachricht an seine Frau weiter, frage sie nach der tieferen Bedeutung des Holz Hackens, sage meine Verabredung ab und lasse mir lieber eine heiße Badewanne ein. Heute sollte ich besser keine Nachrichten mehr verschicken und nicht mehr das Haus verlassen.

Den Valentinstag mag ich trotzdem. Mein Exfreund weiß es und grüßt aus Italien. Erst nachdem ich ihm in Großbuchstaben via SMS darauf hingewiesen habe. Aber man darf an solchen Tagen nicht zu viel erwarten.

41 Gedanken zu “Ohne Blumen werde ich nicht intim

  1. … Herrlich, das Blumenmädchen weiß was Blumenduft anrichten kann bei einer Valentinstagsfammefatal… die Geschichte lese ich gleich noch mal und freue mich über meine nicht eingeklagten Tulpen! Herzlist Rita 😉

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  2. Achja. In all dem „Mag ich nicht“ ist mir der Tag ja einfach nur gleich. Aber diese kleine Liebeserklärung mit ein wenig Surrealismus und der ein oder anderen Prise liebevoller Ironie an der richtigen Stelle? Ich glaub, dank dir mag ich ihn doch … ein wenig.

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  3. Womöglich ist es ja so: Die einen sehen all die Blumenstände, riechen den Duft und freuen sich einfach über und auf die bunte Pracht. Wie wunderbar!
    Die anderen verbinden Blumen und Duft sofort mit dem Großisten, der am Valentinsmorgen die Pforten seines Kühlhauses öffnet und eine Armada von Verkäufern in die Stadt hinaus jagt. Sobald das Kühlhaus leer ist, beginnt er schon mal, an seinem Daumen zu schlecken, damit der am Abend schön geschmeidig ist zum Geldzählen.

    Ich weiß, sehr unromantisch. Aber so geht es mir immer, wenn ich daran denke, wie Valentinssträuße spätestens am 16. Februar aussehen. Ich kann nix dafür, ist wahrscheinlich ein genetischer Defekt.

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    1. Womöglich ist es genau so.
      Und du bietest gerade das nötige Gegengewicht zu mir und meiner blinden Blumenstaußliebe. Das ist – ironiefrei -fein, lieber Wortmischer, so kommen wir nicht aus dem Gleichgewicht. Einen Defekt hast du aber kaum zu befürchten 😉

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  4. Ich bekam von meiner Tochter selbst gemachte, total leckere und hübsche Pralinen, die ich leider vergaß zu fotografieren und die wohl aus Trost, dass der Mann nun nichts mehr schenkt, zu mir fanden. Eigentlich lege ich keinen Wert auf Valentinsgeschenke, aber ich freue mich immer über so spontane Zuwendungen, gerade wo sonst so Ebbe mit der Liebe ist.

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  5. Hæ!? Blumen? Pralinen?? Grußkarten???
    Bisher habe ich den Valentinstag einzig und ausschließlich mit SemmelNknödelN assoziiert. Das ist ja dann auch eine warme Geste. Irgendwie. [es sei denn, man ist so saumäßig deppert und lässt die kalt werden – die Semmelnknödeln natürlich, nicht die Gäste (Geste?)] Und da Liebe bekanntlich durch den Magen geht, dürften hier auch die Romantiker gnadenlosest auf ihre Kosten kommen. Aber was fangen wir jetzt mit den Blumen an? Nunja. Man weiß ja, was dabei rauskommt, wenn etwas durch den Magen geht… Und da sind Blumendüfte vielleicht ein ganz willkommenes … äh … Gegengewicht. Jedenfalls scheint es mir logisch, dass zumindest die Mägen den Valentinstag mögen. [Amen! (weil doch Sonntag ist)]

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      1. Da stand ich auf der Leitung!
        Natürlich die SemmelNköndelN – wie konnte ich diesen Valentin übersehen. Danke für den Link – den genieße ich daheim. Bekannt, schon oft gesehen, aber immer wieder sehenswert!

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  6. Liebe Mitzi,
    gut, das ich Deinen Text erst heute morgen lese.

    Gestern Abend ging es nicht, da ich mir den „Bergdoktor“ vom letzten Donnerstag „’reinziehen“ musste. Ich bin ein bekennender Fan (nicht ausufernd), ohne „schämen“ und Verlegenheit. Mir gefallen diese unglaublich schönen, wiewohl gefährlichen Landschaften, die Gewalten, die sie geschaffen haben, die ihr immer noch innewohnen und die „Stories“. Respekt hatte ich vor der Natur schon immer.

    Natürlich ist das alles auf „Herz – Schmerz – Schicksal“ aufgebaut. Mir gefällt die Figur „Dr. Martin Gruber“; der Schauspieler Hans Sigl, ein humoriger Typ, der diese Figur ausnehmend gut mit Leben erfüllt. Ein Mensch, der helfen will und dafür auch Gesetze und Vorschriften biegt, touchiert, sogar bricht. Geschichten, die immer wieder darauf hinweisen, was Menschen durch ihre Sturheit, ihren Egoismus anrichten. Vorher „reden“, auf den/die Andere(n) eingehen, wäre einfach der richtigere Weg und das man den Willen haben muss, das „Richtige zu tun“ egal welche „Mauern“ sich da in den Weg stellen, ist das, was ich aus den „90 Minuten“ herausziehe.

    So konnte ich heute Morgen deine humorige Geschichte, Deinen, fast fahrlässigen, Umgang mit „Emotioncons“ in Ruhe auf mich einwirken lassen. Und nicht nur Freude und Spaß empfinden über Mitzis Umgang mit dem Valentinstag und ihre Erwartungen an Männer (zu „Valentin“ und überhaupt).

    Das „man“ (meist Herren, doch auch Damen kriegen das hin) einen besonderen Tag verabreicht bekommen müssen, um sich an ihre(n) Liebste(n) erinnern zu können, verbunden mit Blumen, Konfekt, Kärtchen ist traurig, aber leider ein Teil „menschlicher“ Verhaltensweisen. Vermutlich auch so ein Gen-Defekt, nicht ganz ausgereifte DNA. Er wird, nicht nur, am Valentinstag sichtbar.

    Der Kommentar von „sylviawaldfrau“ weist darauf hin, es ist auch kein Trost, wenn ich sage: „Da geht es Ihnen wie den allermeisten Menschen, die in einer Beziehung die Warmherzigkeit nicht gegen die Oberflächlichkeit austauschen wollen“.

    Und so hat deine liebevolle Beschreibung deiner persönlichen Bedeutung des Valentinstages nicht nur für Erheiterung gesorgt, sondern auch für eine gewisse und nicht unangebrachte Nachdenklichkeit. Und das ist gut so…
    Liebe Grüße, Michael

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  7. Mindestens zwei Frauen habe ich so gut gekannt, dass ich ihnen am Valentinstag niemals mit Schnittblumen hätte kommen dürfen. Das hat mich erleichtert, denn ich habe nie gern Blumen gekauft, vor allem nicht an der Straße, im Cafe oder in der Kneipe von den armen Laufburschen der Blumenmafia. Den Valentinstag, den du so schön in Erinnerung bringst, hatte ich schon vergessen, als er anbrach. Da ich auch nicht bei Facebook bin, konnte ich auch nicht auf automatisierte Symbolik zurückgreifen. Mir reichte eigentlich schon, dass Google so ein albernes Gif zeigte von verliebten Töpfen. Dein tapferes Plädoyers für den Valentinstag lese ich erst einen Tag später. Hätte ich es gestern gelesen, hätte ich den Termin wenigstens nicht belanglos gefunden, denn eigentlich nehme ich immer Anteil an dem, was du schreibst, liebe Mitzi.
    Schönen Start in die Woche

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    1. Deine Anteilnahme, lieber Jules, freut mich sehr.
      Nach dem Kiehl´s Store zur Hautanalyse schlepp ich dich nun auch noch lesend quer durch die (zweifelhaften) Freuden des Valentinstages. Ein extra Danke, für deine Geduld ;).

      Die Google Animation fand ich übrigens auch, reichlich albern.

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  8. Wie wundervoll. Auch ich finde den Valentinstag toll. Hach. Superseufz. Endlich mal ein Statement für die unnötigsten Dinge, Tage, Bräuche auf der Welt. Und ja: kein Kommerz, kein „was schenke ich bloß“, sondern einfach nur: weil es heute so ist. Knutschen, Zeit miteinander verbringen und den Menschen zu sagen, dass man sie liebt. Klar, Valentinstag ist auch an allen anderen 364 Tagen im Jahr, genauso wie an allen Tagen auch Muttertag ist. Weihnachten ist nur einmal im Jahr, aber so weit will ich gar nicht gehen.
    Der Bagelmann und ich haben gestern Abend noch darüber gelacht, als ich sagte, dass er ja auf Facebook gepostet hat, dass man den Valentinstag mit xbox-spielen auch ganz romantisch verbringen kann. Wir sind dann aber doch überein gekommen, dass es schon schön ist, wenn man sich ganz bewusst nochmal sagt, wie sehr man sich liebt. Auch am Valentinstag. Oder gerade deswegen….

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    1. Genau so empfinde ich auch. Obwohl ich es sehr überspitzt formuliert habe, mag ich den Tag aus den von dir genannten Gründen. Die restlichen, negativen Aspekte….die kann man und sollte man ruhig weg lassen. Ich brauche (auch wenn ich genau das Gegenteil geschrieben habe) weder Blumen noch Schokolade. Ich brauche den ganzen Tag nicht. Aber wenn mir an diesem Tag etwas schönes widerfährt, dann freue ich mich.
      Xbox…warum nicht, wenn es beiden Spaß macht. Ich stell mir das angenehmer vor, als ein gezwungenes Candle Light Dinner.

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  9. Eigentlich war ich auch immer so verrückt nach dem Tag wie Du, eigentlich sollte man da auf Wolken schweben, eigentlich Herzchen in den Augen haben und im Blumenduft schwelgen, eigentlich ja eigentlich …und uneigentlich frag ich mich, warum ich ausgerechnet an diesem Datum mal Hochzeitstag hatte und ob die Erinnerung daran irgendwann eben nicht mehr mit dem V-day verbunden ist. Ich hoffe es – eigentlich 😉

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