Taubentod

Man kann doch mal wieder mit der Hand schreiben, schlägt Tikerscherk auf Kreuzberg Süd-Ost vor und bittet um etwas, was zu tun hat mit eigenhändig Hergestelltem oder eigenhändig Erledigtem Es darf auch jemand eigenhändig aus der Wohnung geworfen, durchgeschüttelt oder wiederbelebt werden…. Hauptsache händisch. Ich blieb am „wiederbeleben“ hängen.

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Sämtliche Rechtschreibfehler, die entdeckt werden, dürfen als grammatikalisches Suchspiel betrachtet werden – mein Tipp-Ex reichte nur noch für das scheußliche Firmenlogo.

Es überraschte mich, wie schwer es doch geworden ist, eine Erzählung so kurz zu halten, dass sie auf ein Blatt passt und sie in einem Rutsch durch zu schreiben. Hätte ich am Rechner getippt, wäre etwas ganz anderes daraus geworden. Bis auf den letzten, hätte ich jeden Satz noch einmal umformuliert und etwa 300 Worte hinzu gefügt.

 

63 Gedanken zu “Taubentod

  1. Eine traurige Geschichte, anrührend erzählt.
    Es deckt sich mit meiner Erfahrung, dass das händische Schreiben ein anderes Denken und wegen seiner Unkorrigierbarkeit auch einen gänzlich anderen Text hervorbringt.
    Ich habe mir vorgenommen wieder mehr mit der Hand zu schreiben. Bin gespann,t wie sich mein Denken dabei entwickelt.
    Vielen Dank für´s Mitmachen!

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    1. ich habe auch vor, wieder mehrere Texte mit der Hand zu schreiben und nicht nur Stichworte zu notieren. Selbst wenn sie dann vor dem veröffentlichen noch abgeändert werden, wird das ursprüngliche Schreiben mit dem Stift Einfluss auf den Inhalt nehmen. Mal sehen was dabei heraus kommt.

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  2. Schade, dass dein Startbild immer verschwindet, wenn man den Beitrag aufruft. Denn die Ästhetik deines Schreibtischs zeigt die Besonderheit der Schreibbedingungen dieses Bekenntnisses. Ich vermute, jeder hat in seiner Biographie so eine Leiche im Keller, an die man sich ungern erinnert. In diesem Sinne wirkt dein Text „Taubentod“ wie ein Geständnis, das du dir von der Seele geschrieben hast, eine schriftliche Beichte. Diese eigene Qualität eines handschriftlichen Textes zeigst du mit der Wahl des Inhalts. Dass der Text in einem Zug heruntergeschrieben ist, zusammen mit den Schleifen deiner Buchstaben das gibt dem Text etwas Geschlossenes. Hier zeigt sich die alte Wortbedeutung von „Text“, nämlich „Webstück“, was wir noch im Wort „Textilie“ erkennen. Er wäre, wie du schreibst, anders ausgefallen, hättest du ihn mit der Maschine geschrieben, aber das Eindrucksvolle würde ihm fehlen. Wir würden es als Leser nicht vermissen, denn alles, was du schreibst, liebe Mitzi, ist einfach schön, aber wir ahnen den Unterschied im Grad des Authentischen.

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  3. Übrigens habe ich gestaunt, dass du noch Tipp-Ex hast. Besitze ich schon seit 30 Jahren nicht mehr, esw wäre aber auch inzwischen eingetrocknet. Es hätte sowieso nichts genutzt, wenn ich die Tippfehler im Kommentar oben auf meinem Bildschirm überpinselt hätte. Wärst du so freundlich, liebe Mitzi, „sxchriftliche“ und „Geschhlossenes“ um die überflüssigen Buchstaben zu erleichtern? Vielen Dank!

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    1. Das Tipp-Ex gibt es jetzt als Rolle – ähnlich dem Korrekturband in Schreibmaschinen. Es stinkt weniger und trocknet nicht aus. Auf Bildschirmen erweist es sich aber ebenso sinnlos. Ich tilge die überflüssigen Buchstaben auf moderne Art.

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  4. Danke, lieber Jules, für das schöne Kompliment. Du hast erkannt, dass es tatsächlich eine Art Beichte ist und ich das „hauptsache händisch“ bei der Taube unterlassen habe, aber in Form eines Textes als kleine Wiedergutmachung benutz habe.
    Dass die Starbilder verschwinden, ist mir auch aufgefallen und ich überlegte ob ich sie nicht besser in den Text einbauen soll. Meistens würden sie dort aber nicht passen. Mein Tisch ist ein ziemliches Ungetüm. Zwei Meter lang und einen breit. Der Mittelpunkt in meiner Wohnung. Nie ganz aufgeräumt, immer etwas angefangenes und etwas längst beendetes darauf. Ein kleiner Schreibtisch wäre mit mir hoffnungslos überfordert.
    Übrigens, dein Hinweis, dass bei deinem letzten Besuch des Brandhorst Schnee gelegen hat, hat mir Lust gemacht heute Nachmittag wieder einmal dort hin zu gehen. In der Hoffnung, dass nicht allzu viele Leute vor den Bildern herum stehen. Am schönsten ist es dort, wenn die Räume leer sind. Liebe Grüße

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    1. Ich sehe auf deinem Tisch auch den aufgeschlagenen Katalog mit Bildern von Cy Twombly, quasi im Vorgriffauf deinen Besuch des Brandhost. Ich käme gerne mit. Damals schneite es. Habt ihr noch Schnee? In Hannover taut es und überall ist Eisglätte.
      Liebe Grüße,
      Jules

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      1. Ich suchte das Bild, das mich entfernt an das Wutbild in deinem Text erinnerte und habe mich fest gelesen.
        Es wäre fein zu zweit hinzugehen. Auch bei uns taut es und regnet sich seit heute morgen grau ein. Wenigstens ist es nicht glatt.

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  5. ich stelle zu meinem entsetzen immer wieder fest, wie sehr ich doch aus der Übung gekommen bin handschriftliches zügig lesen zu können… Dabei ähnelt dein säuberlich beschriebenes Blatt den säuberlich beschriebenen Blättern meiner Töchter und auch meinen eigenen.

    Deine Geschichte weckte viele Erinnerungen an die Zeit, da meine jüngste Tochter die Grundschule besuchte. Damals verging kaum ein Tag, dass sie keine Vogelkinder, Mäusebabies, Igel oder andere Tiere nach Hause brachte, die wir dann aufpeppelten oder zu Tierrettungsstationen brachten. 2 Taubenküken waren auch dabei, die uns als erwachsene Vögel immer wieder über den Balkon besuchten, solange wir dort lebten.

    Einmal aber auch ist uns ein eingefangener Wellensittich in den Kleistereimer gefallen. Ein weiteres Mal war es noch schmerzlicher für sie: Ein entflogenes Kanarienvögelchen hüpfte ihr zutraulich auf ihr ausgestrecktes Fingerchen und ließ sich so nach Hause tragen. Sie war sechs oder sieben Jahre alt. Sie wollte mit dem Vögelchen in ihrem Zimmer warten, während ich aus der Nachbarschaft einen Käfig abholen wollte. Vor ihrer Zimmertür lauerten unsere gierigen Katzen. Meine kleine Tochter musste kurz das Zimmer verlassen, dabei scheuchte das Vögelchen hoch und flatterte aufgeregt durch den Raum. Dshalb schloss sie eilig wieder die Tür, just in dem Moment, da das Vögelchen dazwischen flog. Es fiel zu Boden. Sie hob es auf und sah es in ihren Händen sterben.

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  6. Zu deiner Ehrenrettung…meine Schrift ist nicht gerade leicht zu lesen. Die ganzen Schlingen und Schlaufen, bräuchte es nicht ;).
    Danke für deinen Kommentar, der eine ganz eigene Geschichte enthält. Deine Tochter tut mir aus der Ferne leid. Es mag einem Kind das Sterben näher bringen, aber es ist trotzdem ganz schrecklich. Ich trau mich nicht fragen ob der Wellensittich den Kleister überstand. Unserer flog ins Nudelwasser mehrfach gefährlich nah über kochendes Essen auf dem Herd. Gelandet ist er nur einmal in einem Teller Nudeln mit Tomatensauce.

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  7. Stimmt es ist eine ganz eigene Geschichte, die deine Geschichte da wachgerufen hat und es war alles andere, als eine schonende Weise, einem Kind den Tod näher zu bringen. Da du dich nicht zu fragen traust, werde ich auf deine nichtgestellte Frage auch nicht antworten 😉

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      1. Du schlachtest wehrlose Schokoladenweihnachtsmänner per Faustschlag, fällst Silvester hinterrücks fremde Männer an und hetzt mitten in der Nacht deinen Freund auf Nachbarn, die nur dem Klang eines Windspiels lauschen wollen. Schockierend.

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      2. Wenn man es so gebündelt liest, dann klingt es tatsächlich etwas brachial. Ich hoffe du steckst den Schock einigermaßen gut weg.
        Kleinlaute, fast schon sanfte Grüße

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      1. Mein Gott, ich hoffe nie auf einen Kerl zu treffen, der eine eben erlegt Sau auf dem Gepäckträger hat. Das ist brutal, Christoph 😉
        Mögen die Füchse sich in schwer befahrbaren Gelände erfolgreich verstecken!
        Ein herrliches Fundstück, lieber Jules.

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      2. Ganz nach Manier der BILD Opfer reagiere ich auf Kritik mit einer Gegendarstellung.
        Und wenn du es schaffst eine WP Seite auszudrucken, dann lass mich bitte wissen, wie. Bei mir geht das nicht und ich muss umständlich Pdf´s erstellen.

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      3. Man kann seinen eigenen Blog-Beiträgen einen „Drucken“-Button spendieren. Ausprobiert habe ich das aber noch nicht. Vielleicht sind PDFs sogar die bessere Lösung 😉

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    1. Briefe schreibe ich leider auch nur noch selten. Sonst geht es mir, wie dir. Ich schreibe viel mit der Hand. Verwundert war ich, festzustellen, dass längere Texte mir schwer fallen, wenn ich weiß, dass sie anschließend einem größeren „Publikum“ zugänglich sind. Da möchte ich feilen, nachbessern und umstellen.

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  8. tolle idee und bewegende Geschichte – mein „Galan“ und ich halten es auch noch so uns eher „echte Liebesnachrichten“ mit der Hand zu schreiben als nur eine SMS zu tippen … Am Morgen wenn der Partner schon weg ist eine kleine „Liebesnotiz“ ist was ganz anderes als eine „achtlose“ sms zwischendurch

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  9. Gerade im Bereich von Worten die über den Einkaufszettel hinausgehen, ist etwas handschriftliches um einiges persönlicher. Ich freue mich auch über eine SMS zwischen durch, da sie den Vorteil hat, Entfernungen schnell zu überbrücken. Aufgehoben werden diese aber kaum.

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  10. Ich mag das Bild von Deinem Tisch, vor allem die Adventskerzen 🙂
    Und die Schnörkel Deiner Schrift sind zwar gewöhnungsbedürftig, aber der Text sieht einfach schön aus.
    Ich glaube nicht, dass es viele Tauben gab und geben wird auf dieser Welt, deren Leben und Leiden eine so nachhaltige Wirkung haben wie das arme Geschöpf, das Dir damals ins Rad geflogen ist. Das Leiden an sich hat wohl nie einen Sinn. Es ist an uns, ihm einen Sinn zu geben, indem wir uns davon betreffen lassen. Danke für Deine Anregung!

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    1. Danke, lieber Beat. Wenigstens ein kleines Denkmal konnte ich dem kleinen Täubchen setzen.
      Auch ohne den weihnachtlichen schnick Schnack sieht man den Kerzen ihre ursprüngliche Bestimmung noch an. 🙂

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  11. Wenn ich jetzt schreibe, das sei druckreif, latsche ich natürlich voll in den Bohnerwachsnapf. – Nein, im Ernst, die Form der Präsentation – um es mal so auszudrücken, passt sehr gut zu diesem Text. Und apropos schlechtes Gewissen: In einer meiner Schubladen warten ein paar hübsche Notizbücher und ein nagelneuer Füllfederhalter darauf, dass ich auch endlich mal wieder mit der Hand schreibe.

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    1. Ein schlechtes Gewissen möchte ich nicht verursachen. In diesem Fall hätte es aber etwas Gutes. So ein neuer Füller will ja eingeschrieben werden. Den Bohnerwachsnapf würde ich bei einem so schönen Kompliment übrigens einfach zur Seite schieben, damit niemand rein steigt. Herzlichen Dank

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  12. Reizvoll ist, wie nah das Kind, die kindliche Erfahrung noch ist, möglicherweise macht die Handschrift diese Nähe auch noch größer, weil sie mehr mit dem Kind zu tun hat. Natürlich wird jeder Text, der mit dem Computer geschrieben und überarbeitet wird, immer erwachsener, aber der Blick, den wir auf unsere Kindheit werfen, ist immer auch ein erwachsener Blick. Da hilft auch kein klecksender Füllfederhalter mehr.

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      1. Das sind Tricks, die man mit der Zeit irgendwo aufschnappt 😉 kann auch in einem Buch gewesen sein 😉 oder Kopfkino…ich bin mir nicht mehr sicher!

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  13. Handschriftlich – leichter gesagt, als getan? Mir fehlt die Übung, nicht so sehr, im Inhalt, das würd ich auf die gute alte Art hinbekommen: ein paar Notizen, dann eine Rohfassung und schließlich „in Schönschrift“. Ich vermute, so könnte ich in 2-3 Tagen eine DinA4 Seite hinbekommen? Weil so nach 4-5 Zeilen schmerzt meine Hand. Ich bin Schreiben nicht mehr gewohnt … Liebe Grüße von Doris

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  14. mein auge ist traurigerweise gar nicht mehr handschriftengeschult, aber deine mag ich (was für eine überraschung) sehr, auch wenn es gar nicht so einfach ist, sie auf anhieb hier über den bildschirm zu lesen. ich habe unlängst für eine blogfreundin auch eine a4-seite mit der hand geschrieben und es war richtig schön, einfach aus dem bauch heraus etwas persönliches zu formulieren, das über glückwunschkarten hinaus geht.

    ich habe mal einen verletzten raben gefunden und wusste nicht, wie ich ihm auf die schnelle hätte helfen können ohne ärger zu bekommen, da ich von meiner mutter abgeholt wurde und ich damit rechnen musste, dass ihr verständnis für verletzte wildtiere eher endenwollend sein würde. ich bin mit schlechtem gewissen vorbeigegangen und hab ihn am nächsten tag tot aufgefunden. auch dafür schäme ich mich bis heute.

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    1. Eine Sauklaue ist es 😉
      Das mit dem Raben ist so ähnlich der Taube. Ich finde es gut, dass wir noch immer ein schlechtes Gewissen habe. Nicht immer, aber ab und zu. Es zeigt hoffentlich, dass wir wissen, was richtig und falsch ist. :-*

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